Deutscher Schachnationalismus Schach und Co. müssen gegendert werden

Ein Gastbeitrag von Josef Kraus

Wenn man meint, der „Gender“-Irrsinn habe auf der nach unten offenen Richterskala endlich die Talsohle erreicht, dann findet sich – bevorzugt in der Mainstreampresse – bestimmt eine neue Verrücktheit. Diesmal ist es das Zeitgeist-Blatt „Die Zeit“, das – wenngleich spärlich als Satire kaschiert – dem Schachspiel gendermäßig an den Kragen geht.

Und das geht in etwa so: Die Figur des Königs sei zwar die wichtigste im Spiel und die einzige, die nicht geworfen werden könne, aber man brauche den König nicht wirklich, er stehe meist nur im Weg. Denn außer dass er seine Truppen opfere, habe er nichts drauf. Deshalb gelte das Schachspiel mittlerweile im Ansehen als gar nicht mehr so patriarchalisch. Vielmehr genieße die Dame allseitigen Respekt. Schließlich habe in der Figur der Dame feministische Beweglichkeit königlicher Trägheit den Rang abgelaufen. Nur wenn keine Gefahr mehr drohe, wage sich der König aufs Feld, um den Bauern zu Hilfe zu kommen. Resümee des „Zeit“-Autors: „Würde Schach neu erfunden, käme es gut ohne Könige aus, und am Ende der Partie wäre das Brett leer, nach Jahrhunderten endlich befreit von diesen beiden Feudalherren, die gemäß den herkömmlichen Regeln einfach nicht totzukriegen sind.“

Wir denken da schon weiter: Das ganze Schachspiel muss schleunigst de-maskulinisiert, ent-patrifiziert und anti-rassifiziert werden. Notfalls im deutschen Alleingang. Impfnationalismus geht zwar gar nicht, aber zu einem auf alle Völker ausstrahlenden Schach-Nationalismus sollten wir zum Ruhme des internationalen Genderismus schon den Mut finden. Und „Schwarze Dame schwarzes Feld, weiße Dame weißes Feld“ – das geht in Zeiten von „Black Lives matter“ schon gleich gar nicht.

Einmal mehr muss es deshalb einem überkommenen Kulturgut an den Kragen gehen, weil die Alten so wenig „gendersensibel“ waren. „Spiel der Könige“ hatten es die Perser, zusammen mit Indern und Chinesen im 3. bis 6. Jahrhundert wohl die Erfinder des Spiels, genannt. Schließlich heißt das persische Wort „schach“ nicht mehr und nicht weniger als „König“. Weg damit! Besser: „Spiel der Königinnen“! Oder noch besser: „Spiel der Krone tragenden Personen (m/w/d)!“ Das reicht nicht! Insgesamt sind zweimal 15 Figuren im Deutschen maskulinen Geschlechts: außer zweimal „der König“ zweimal 8 „der“ Bauer, zweimal 2 „der“ Läufer, zweimal 2 „der“ Springer, zweimal 2 der“ Turm. Der gendergerechten Umbenennung sind keine Grenzen gesetzt. Nur mit den Schachweltmeisterinnen hapert es noch. Solche gibt es zwar, aber noch keine von ihnen hat einen (männlichen) Weltmeister besiegt.

Eine „gendergerechte“ und „geschlechtersensible“ Terminologie dürfte auch für manch anderes populäres Spiel fällig sein. Das Spiel “Dame“ ist zwar schon mal nominell emanzipiert, aber auch dieses Spiel kommt wie „Domino“ nicht ohne Steine („der“ Stein) und ohne „blackfaced“ Steine aus. Fragwürdig ist auch das berühmt-berüchtigte „Mensch ärgere dich nicht.“ Geht es hier doch um unterschiedlich farbige „Männchen“, die vorrücken können oder auch rausgeworfen werden. Und wenn man schon kultursensibel „Zigeunersoßen“ und „Afrika“-Waffeln umbenennen kann, dann kann man statt „der Mensch“ ja zukünftig sagen: „Männlein, Weiblein, Diverslein, ärgere dich nicht.“

Und dann erst Kartenspiele! Die französischen Karten haben wenigstens einen König und eine Dame. Letztere allerdings unter dem König angesiedelt. Aber besonders krass sind die deutschen respektive bairischen Karten: Unter dem König kommen wieder nur Männer: „Ober“, „Unter“. Und die höchste Spielkarte ist hier auch nicht die/das „Ass“, sondern „die Sau“ – wörtlich: „die“!

Ach ja, eines vergaßen wir: Wer eigentlich spielt solche Spiele? Klar: Spieler:_/*Innen. Wer sonst?

[themoneytizer id=“57085-1″]

Josef Kraus (*1949), Oberstudiendirektor a.D., Dipl.-Psychologe, 1987 bis 2017 ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, 1991 bis 2013 Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung; Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande (2009), Träger des Deutschen Sprachpreises 2018; Buchautor, Publizist; Buchtitel u.a. „Helikoptereltern“ (2013, auf der Spiegel-Bestsellerliste), „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ (2017), „Sternstunden deutscher Sprache“ (2018; herausgegeben zusammen mit Walter Krämer), „50 Jahre Umerziehung – Die 68 und ihre Hinterlassenschaften“ (2018), „Nicht einmal bedingt abwehrbereit – Die Bundeswehr zwischen Elitetruppe und Reformruine“ (2019, zusammen mit Richard Drexl)


Bild: MilanMarkovic78/Shutterstock
Text: Gast

[themoneytizer id=“57085-3″]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert