Deutschland ohne Wumms: „Alles ist so müde hier“ In keiner Industrienation wird so wenig gearbeitet wie hierzulande

Von Daniel Weinmann

„Das Heiligste, das der Deutsche hat, ist die Arbeit“, befand einst Kurt Tucholsky. Der Fleiß des Germanen sei eine „unangenehme Angewohnheit“, höhnte der Schriftsteller 1925 unter seinem Pseudonym Ignaz Wrobel in der „Weltbühne“.

Tempi passati. Von dem geradezu religiösen Arbeitseifer, der die Deutschen prägte, ist nicht viel geblieben. Die im Juni veröffentlichte „Berufe-Studie 2022“ des Versicherers HDI zeigt, dass hierzulande eine Bewegung weg vom Berufsleben stattfindet. Immer mehr Menschen verlieren die Bindung zur Arbeitswelt. Selbstverwirklichung geht vor. Mehr Life, weniger Work sozusagen.

Der Umfrage zufolge wünschen sich knapp 48 Prozent der Befragten lieber eine Teilzeitstelle, keinen Vollzeitjob. Jeder vierte Arbeitnehmer aus der Industrie ist zudem bereit, auf einen Teil seines Geldes zu verzichten, damit eine Vier-Tage-Woche eingeführt wird. Ohnehin fragt sich, warum man hierzulande bei einer Steuer- und Sozialabgabenquote von über 60 Prozent für einen Durchschnittsverdiener mehr arbeiten sollte als zwingend notwendig.

„Niemand arbeitet weniger als die Deutschen“, brachte es Klaus Winkler, Aufsichtsratsvorsitzender beim Maschinenbauer Heller, gegenüber der „Financial Times“ – leider hinter der Bezahlschranke – auf den Punkt. Zudem liege die Qualität der Bewerber für sein Ausbildungsprogramm „weit unter dem Niveau von vor zehn Jahren“.

Vom 'Powerhouse' zum „kranken Mann“ Europas

Heller stellt im schwäbischen Nürtingen seit fast 130 Jahren Kurbelwellenmaschinen her. Nun verliert Winkler, wie viele mittelständische Hersteller auch, den Glauben an die Wettbewerbsfähigkeit seines Landes. „Ich will Deutschland nicht schlecht reden, aber ich habe das Gefühl, dass hier alle ein wenig müde sind“, beobachtet auch Gerd Röders, Geschäftsführer der 1815 gegründeten gleichnamigen Gießerei im niedersächsischen Soltau.

Zahlen der OECD belegen die Einschätzung der beiden Mittelständler: Deutsche Arbeitnehmer kommen demnach im weltweiten Vergleich mit Abstand auf die wenigsten Arbeitsstunden. Pro Jahr und Mitarbeiter liegt sie hierzulande bei 1332 Stunden und damit sogar unter dem globalen Durchschnitt, der von der OECD mit 1687 Jahresarbeitsstunden angegeben wird. Zum Vergleich: In Mexiko und Kolumbien liegt das Arbeitspensum bei 2127 bzw. 2172 Jahresstunden je Mitarbeiter.

Zur Arbeitsmüdigkeit gesellen sich Steuern, Abgaben und Energiekosten, die zu den höchsten in Europa zählen. Heraus kommt ein toxischer Mix, der Deutschland vom einstigen „Powerhouse“ der europäischen Wirtschaft zum „kranken Mann“ des Kontinents macht. Ökonomen wie Ifo-Chef Clemens Fuest befürchten angesichts dieser Gemengelage, dass das Fundament der derzeit noch größten europäischen Volkswirtschaft zunehmend ausgehöhlt wird, weil immer mehr Unternehmen ihre Produktion und Investitionen ins Ausland verlagern.

»Liebe Ampelregierung, denkt daran: Ihr habt keine Chance, aber nutzt sie!«

Heller-Aufsichtsratschef Winkler bestätigte gegenüber der „Financial Times“, dass das Unternehmen die Abhängigkeit von Deutschland verringern will und plant, die Präsenz in Asien und den USA zu stärken. Selbst in Großbritannien will der Maschinenbauer seinen Standort ausbauen – trotz der Komplikationen durch den Brexit. Im Vergleich zum Hauptsitz im schwäbischen Nürtingen biete das Vereinigte Königreich „große Wettbewerbsvorteile“ in Form von günstigeren Arbeitskosten.

Winkler ist damit in guter Gesellschaft: Laut einer Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zieht fast ein Drittel der befragten Unternehmen Investitionen jenseits der Grenzen einer Expansion im Inland vor.

Ökonom Fuest sieht dennoch Licht am Horizont. „Viele Probleme in Deutschland sind lösbar“, zitiert die „FT“ den Ifo-Chef, „also lasst uns loslegen und es tun.“ Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und früherer Chefvolkswirt der Deutschen Bank, sieht die Lage in seinem Gastbeitrag für den „Cicero“ prekärer: „Also, liebe Ampelregierung, zeigt ein bisschen kreative Panik, statt bräsige Selbstzufriedenheit. Brecht heilige Tabus (wie den Bann der Atomenergie), springt über eure ideologischen Schatten (wie den anthroposophischen Ökologismus und die „De-growth“-Religion) und legt los mit dem ‚Deutschlandpakt‘ zur Modernisierung des Landes! Denkt daran: Ihr habt keine Chance, aber nutzt sie!“

Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!  

„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinn­soldaten“ und einer „medialen Kampf­maschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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