Das Ausmaß der Realitätsflucht in Deutschland verwundert einen immer wieder aufs neue. Und ich halte es für eine der Hauptursachen für viele der negativen Entwicklungen, die wir gerade im Zusammenhang mit Migration erleben. Wenn Probleme tabuisiert werden, können sie nicht erkannt werden, und was nicht erkannt wird, kann auch nicht in Angriff genommen werden. Jüngstes Beispiel: Eine Massenschlägerei in einem Berliner Freibad, bei der es auch zu Messerstichen kam und sogar ein zehnjähriger Junge mit einem Faustschlag ins Gesicht getroffen wurde. Einer der Sicherheitsleute wurde verletzt, musste im Krankenhaus behandelt werden.
Ich bekam nach meinem Bericht über die Ereignisse am Wochenende (Partyszene wieder aktiv: Massenschlägerei im Berliner Freibad) sehr böse Kommentare. Unter anderem wurde mir vorgehalten, so etwas habe es schon immer gegeben (Zitat: „Auch vor fünfzig Jahren“), und ich würde das aufblasen. Ich halte das für Realitätsverweigerung. Nicht nur, weil mir Bademeister persönlich erzählten, dass die Entwicklung dramatisch sei und sich immer mehr zuspitze. Solche Erfahrungsberichte sind subjektiv, aber es gibt auch objektive Erscheinungen: Etwa die Taschenkontrollen an den Eingängen zu den Freibädern in Berlin – was früher meines Wissens undenkbar war.
Nun hat sich auch Deutschlands oberster Bademeister zu Wort gemeldet. Mit einer Aussage, die bei jedem, der keine rosa Brille anhat, alle Alarmglocken schellen lassen sollte. „Diese Bilder erschüttern mich. Wenn ich das sehe, graut es mir. Diese Personen, die ich dort sehe, haben keinen Respekt vor den Leuten. Das kann so nicht weitergehen“, sagt Peter Harzheim vom Bundesverband deutscher Schwimmmeister bei BILD TV: „Die Badbetreiber müssen aktiver werden und ihr Publikum besser aussuchen“.
Er wünsche sich mehr Unterstützung seitens der Politik und härteres Durchgreifen der Polizei, so Deutschlands oberster Bademeister: „Es kann nicht sein, dass die Menschen, die dort Straftaten begehen, nach zwei Stunden wieder freigelassen werden“. Die Politik verschließe die Augen vor den Problemen und lasse die Bademeister im Stich, klagt Harzheim. Der Migrationshintergrund einiger Täter dürfe nicht dazu führen, dass man das Problem nicht thematisiere.
Was für wahre Worte. So falsch jeder Generalverdacht wäre, so falsch ist es, Probleme nicht offen zu benennen. Erschreckend ist das Fazit von Harzheim: Aktuell, so warnte er, könne er Familien nicht mehr guten Gewissens empfehlen, am Wochenende ins Freibad zu gehen: „Ich habe selbst drei kleine Enkelkinder – wenn ich mit denen da hereingehen würde, würde ich schlicht unverantwortlich handeln!“
Dass der Chef des Bundesverbands deutscher Schwimmmeister die Situation derart dramatisch sieht, dass Familien an Wochenenden nicht mehr sicher sind in unseren Bädern, ist zutiefst erschütternd. Mitschuld daran sind auch all die Verharmloser, die die Zustände schön reden. Wie der WDR-Journalist Georg Restle, der schon 2019 die Gewalt-Exzesse in Schwimmbädern schönredete. Man muss es ganz klar sagen. Solches Wegsehen ist ein Teil des Problems.
Das #Rheinbad wurde dreimal geräumt, Sicherheitskräfte wurden aufgestockt, Ausweiskontrollen eingeführt – aber dank #Monitor und der #ARD wissen wir jetzt: Es war nur "lebendiger Badebetrieb" und "Quatsch". #Paralleluniversen https://t.co/je7RR3XSL1 pic.twitter.com/GuQi6SiWfT
— Boris Reitschuster (@reitschuster) August 9, 2019
Bild: Screenshot Twitter
Text: br