Ein Gastbeitrag von Thilo Schneider
Sarah Wagenknecht will eine, Markus Krall will eine, die BASIS ist schon eine, genau wie die „Wir Bürger“ (vormals LKR) oder das „Bündnis Deutschland“. Eine Partei. In diesem Zusammenhang möchte ich die PARTEI zitieren: „Wir sind eine Partei, weil wir eine Partei sind!“
Nun finde ich es grundsätzlich gut, wenn sich Bürger dafür entscheiden, aktiv in der Politik mitzumischen und sich auf die Straße zu stellen, wenn sie unzufrieden sind und – noch besser – die Behebung eines erkannten Missstandes nicht anderen überlassen, sondern selbst aktiv werden wollen. Mir scheint das alles nur manchmal etwas – ja, nennen wir es freundlich – blauäugig zu sein.
Die BASIS, die ja doch etwas bekannter ist, verfügt über gerade einmal 25.000 Mitglieder, „Wir Bürger“ zählt offiziell 1.000 Köpfe und das sich stolz „Bündnis Deutschland“ nennende Flaggschiff der Bürgerlichen, das mit relativ viel medialem Tamtam im November 2022 das Licht der Wählerstimmen erblickte, kann nach meinen Informationen seinen Parteitag im Hinterzimmer von „Tino´s Pizzeria“ (Donnerstags geschlossen) in Bremen-Borgfeld abhalten.
Die Bemühungen der Genannten sind aller Ehren wert – und über die Schwierigkeit, überhaupt auf den Wahlzettel zu kommen, habe ich ja schon geschrieben – nur: Ohne P&P („Prominenz und Presse“) läuft es eben nicht. „Press or it doesn´t happen“. Sarah Wagenknecht könnte mit einer Neugründung einigermaßen erfolgreich sein – die Bürger kennen sie seit Jahrzehnten, sie ist eloquent, intelligent und macht auch optisch „was her“. Aber auch sie braucht die „Wasserträger“, die Parteimitglieder, die sich nach Feierabend noch in die programmatische Diskussionsrunde setzen und bei Dreckwetter brav Plakate hängen.
Was meine ich damit konkret? Markus Krall mag rund 120.000 Follower auf Twitter haben – aber Roland Tichy hat 337.000 Follower. Was meinen Sie? Wie viele Leute kennen Roland Tichy, wenn Sie 10 beliebige Nasen auf der Straße befragen? Wie viele kennen Julian Reichelt? Beide haben mehr Follower als Katrin Göring-Eckhardt – aber warum ist die bekannter?
Anders: Der „Letzte Generation“ folgen gerade mal 103.000 Leute – aber schließen wir eine Wette ab, dass die „Letzte Generation“ quasi aus dem Stand eine neue Partei gründen könnte? Was haben also Katrin Göring-Eckhardt und die „Letzte Generation“ gemeinsam? Korrekt: Sie tauchen andauernd in den Medien auf, es vergeht kein Tag, an dem die eine nicht etwas Doofes gesagt und die anderen etwas Doofes gemacht hätten. Das ist bei Krall nicht der Fall. Der findet medial nicht statt – Wagenknecht schon. Deswegen wäre es für Krall tatsächlich wichtig, Hans-Georg Maaßen mit ins Parteiboot zu holen, um wenigstens ein bisschen „P&P“ zu haben. Der wiederum ziert sich noch, weil er ohne Union eine veritable Zielscheibe für den „Rechtsextremen-Pfeil“ wäre.
Aber nehmen wir nur einmal an, es gelingt: Krall und Maaßen tun sich zusammen und meinetwegen noch ein paar C-Politpromis, etwa Joana Cotar oder Jörg Meuthen, der beim „Zentrum“ (hihi) sein politisches Schattendasein fristet. Sprich, ein paar Gesichter, die die AfD oder Union und FDP verlassen haben oder verlassen werden. Was dann?
Um flächendeckend Wahlkampf betreiben zu können, braucht es Parteimitglieder. Grob gerechnet pro Stadt mit 50.000 Einwohnern etwa 20 Mann und Frau und Diverses. Wir haben in Deutschland allein 82 Städte mit über 100.000 Einwohnern. Allein Berlin hat 3.700.000 Einwohner. Unter 1.500 aktiven Parteimitgliedern – nur in Berlin – ist da an einen effektiven Wahlkampf nicht zu denken! Hierzu ein paar Zahlen zum Vergleich: Mitglieder bei der CDU in Berlin: 13.000. SPD in Berlin: 19.500. Grüne in Berlin: 12.500. AfD in Berlin: 1.342.
Die AfD hat bundesweit insgesamt etwa 30.000 Mitglieder, die CDU 380.000. Und wir reden hier über Parteien, die, wie die AfD als jüngste Partei, seit wenigstens zehn, oder im Fall der CDU seit siebzig Jahren auf dem politischen Jahrmarkt der Eitelkeiten unterwegs sind. Die werfen bei Wahlkämpfen richtig Masse ins Feld und auf die Fußgängerzonen. Und dann kommen Sie mit 20 Hanseln. Have fun!
Und bei „Masse“ sind wir am zweiten Punkt: Wahlplakate, Give-Aways, Zelte, Stühle, Lampions, Flyer, Broschüren, Kulis, Bierdeckel, Feuerzeuge, Luftballons und diese hübschen Kandidatenbilder mit dem vertrauenerweckenden Lächeln (außer bei der Linke – die sehen immer so aus, als hätte ihnen jemand zu Recht in den fair gehandelten Kaffee gepisst) kosten Geld, Money, Kohle, Knete!
Für ein Wahlplakat fallen in mittlerer Qualität etwa 6,- € (ohne Stanzung und Kabelbinder) an Kosten an. Sie werden definitiv mit 20 Mann nicht mehr als etwa 150 Plakate hängen, wenn das keine Dauerbeschäftigung auf Wochen hinaus werden soll. Sie brauchen pro Plakat etwa fünf Minuten zur Anbringung, Fahrtzeiten nicht mitgerechnet. Bei über 100 Städten, die Sie in der Breite beglücken wollen, dürfen Sie also schlanke 15.000 Plakate hängen. Von Helgoland bis auf die Zugspitze, von Aachen bis nach Görlitz. Das wären – nur für Plakate, die 6 Wochen hängen und dann von ihren missmutigen Parteimitgliedern wieder abgehängt werden müssen – 90.000,- € fröhlich lachende Euro.
Mindestmaß an Kreativität
Welcher Enthusiast spendet rund 100.000,- € (10.000 gehen raus für die Kabelbinder, die Zangen und an die Ordnungsämter, die Ihre Plakate wieder abgehängt haben, weil einige Parteifreunde so clever waren und die Plakate an Verkehrsschilder getackert haben) für eine nigelnagelneue Partei? Selbst, wenn die Gesichter wenigstens ein paar Twitterern bekannt sind? Und da haben wir von Plakat- und Mediendesignern, die das Ganze virtuell als Kampagne begleiten, noch gar nicht gesprochen? Gut, unsere NEUE fängt ja klein an und irgendein Begnadeter (oder ein Depp wie ich) findet sich immer, der das aus Enthusiasmus und mit einem Mindestmaß an Kreativität über Canva und Adobe zusammenklöppelt. Die ersten Flyer für mein Parteienexperiment liefen damals bei mir auch aus dem Farbdrucker im Büro… Irgendwo muss man ja anfangen.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich will niemandem den Mut und den Enthusiasmus und die Freude vermiesen, Geburtshelfer der künftigen Kanzlerpartei, die Deutschland zurück in Wohlstand und Sicherheit führen wird, zu sein. Um Himmels Willen! Mädels, haut rein! Es gibt nichts Süßeres und Hoffnungsvolleres als einen Neuanfang. Es braucht dazu nur eben P&P und Geld. Viel Geld. Vielviel Geld. Dann kann es was werden, mit dem maaßvollen Urkrall der NEUEN. Ich würde nur vielleicht etwas bescheidener anfangen und erst einmal kommunal etwas zu bewegen versuchen. Auch, wenn ich selbst bei der Bundeswehr aufgrund meiner Erfahrung bei „Risiko“ gerne wenigstens als Major angefangen hätte. ´s muss ja nicht gleich der Austritt aus der NATO und die Rückkehr zur D-Mark sein. Die Rabattenbepflanzung vor dem Rathaus von Nordhausen und die Neugestaltung der Aussegnungshalle in Hintermondheim sind doch auch wichtig? Wir sind doch schließlich eine Partei, weil wir eine Partei sind? Von Bürgern, mit Bürgern, für Bürger!
Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!
„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinnsoldaten“ und einer „medialen Kampfmaschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
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Was wirklich geschah in der Bundespressekonferenz hinter den Kulissen – jetzt in meinem neuen Buch
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thilo Schneider, Jahrgang 1966, freier Autor und Kabarettist im Nebenberuf, LKR-Mitglied seit 2021, FDP-Flüchtling und Gewinner diverser Poetry-Slams, lebt, liebt und leidet in der Nähe von Aschaffenburg. Weitere Artikel von Thilo Schneider finden Sie hier unter www.politticker.de. In der Achgut-Edition ist folgendes Buch erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.
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