Von Kai Rebmann
Wer nichts Gescheites lernt, der landet früher oder später auf der Straße. Diese mahnenden Worte, die Generationen von Kindern und Heranwachsenden über Jahrzehnte hinweg von ihren Eltern eingetrichtert bekamen, hatten und haben durchaus ihre Berechtigung. Nichts zeigt das besser als die beklagenswerten Mitglieder der selbsternannten „Letzten Generation“, die seit Monaten offenbar nichts Besseres mit ihrem Leben anzufangen wissen, als ihre Mitmenschen mit fragwürdigen Aktionen zu terrorisieren und zu gefährden. Das Narrativ, es gehe dabei um den Schutz des Klimas und damit die gute Sache, ist längst widerlegt. Denn das Festkleben in Opernhäusern oder an Gemälden kann per se nur wenig bewirken, am allerwenigsten lässt sich damit aber die Welt retten.
Inzwischen geben die Öko-Terroristen sogar ganz offen zu, dass es ihnen nur ums Stören geht. Tim Jakob Wechselmann-Cassim lädt im Namen der „Letzten Generation“ seit einigen Wochen zu einer Art Video-Seminar ein und gewährt dabei Einblicke in seine „Arbeit“ bei der Organisation. Die „Welt“ berichtete über eine der jüngsten Fragestunden, in deren Rahmen der Extremist sich und seine Mitstreiter vom Vorwurf der Erpressung freizusprechen versuchte. Erpressung sei immer darauf ausgerichtet, sich selbst einen persönlichen Vorteil zu verschaffen, was auf die Ziele der „Letzten Generation“ ja nicht zutreffe. Stattdessen würden sie sich für Dinge einsetzen, „die eigentlich im Interesse aller Menschen in Deutschland sind“, maßen sich die Klima-Kleber an, darüber zu befinden, was den hier lebenden Menschen wichtig ist und was nicht.
Mehr als nur ein Freudscher Versprecher
Aber Wechselmann-Cassim scheint selbst nicht so genau zu wissen, weshalb er sich immer mal wieder auf der Straße festklebt. „Wir sind gar nicht so sehr an Lösungen interessiert“, räumt der Studienabbrecher ganz unverblümt ein. Wer dabei an einen Freudschen Versprecher denkt, mit dem sich der Extremist unfreiwillig entlarvt hätte, sieht sich jedoch getäuscht. Denn eben dieses Bekenntnis wiederholt Wechselmann-Cassim immer wieder und das gleich bei mehreren Gelegenheiten und in unterschiedlichen Zusammenhängen.
Ebenso wie die Aktionen der „Letzten Generation“ in den vergangenen Wochen dazu geführt haben, dass die Zustimmung für die Organisation innerhalb der Bevölkerung immer weiter schwindet, wenden sich inzwischen auch einstige Verbündete aus der Politik ab. So musste sogar Omid Nouripour, Co-Chef der Grünen, den Klima-Klebern zuletzt „Demokratieferne“ bescheinigen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sah sich ebenfalls genötigt, sich von den Extremisten auf der Straße zu distanzieren: „Was mich ganz grundsätzlich stört, ist der Absolutismus, mit dem die Klimaaktivisten vorgehen – nach dem Motto: Was sind schon demokratische Spielregeln gegen das, wofür wir antreten und was wir verteidigen wollen? Wer so argumentiert, hält konsequenterweise Angriffe auf demokratische Parteien, auf die kritische Infrastruktur, vielleicht auch auf die Gesundheit von Menschen für legitim. Da ist für mich Schluss.“
Geht den Klima-Klebern der Nachschub aus?
Für Erheiterung sorgten an diesem Wochenende Medienberichte, wonach die „Letzte Generation“ schon bald ohne ihre wichtigste Waffe dastehen könnte. Demnach kam es seitens des Herstellers des „Lieblings-Sekundenklebers“ der Pattex-Extremisten zu einem bundesweiten Rückruf. Die Klima-Kids bestätigten das Malheur via Twitter. Das Material sei aufgrund „behördlicher Beanstandungen“ aus dem Handel genommen worden, wie es hieß. Der konkrete Grund für die Rückrufaktion sei demnach nicht bekannt und auch die Filialleitung des betreffenden Baumarkts habe nicht weiterhelfen können. Man erbitte daher Hinweise aus der Bevölkerung, wie das Problem gelöst werden könnte, so die „Letzte Generation“ in ihrem Appell.
Derweil verfallen die ersten Städte in verzweifelt anmutenden Aktionismus. Einerseits scheut man offenbar nach wie vor die offene Konfrontation mit den Klima-Extremisten, andererseits wurde aber auch erkannt, dass irgendwelche Zeichen gesetzt werden müssen und sei es des Alibis wegen. So geschehen an diesem Wochenende in München. Unglaublich, aber wahr: Die bayerische Landeshauptstadt hat für die nächsten vier Wochen alle Proteste verboten, „bei denen sich Teilnehmende fest mit der Fahrbahn oder in anderer Weise fest verbinden.“
Das ist in etwa so, als würde aus dem Rathaus verlautbaren, dass es ab sofort verboten ist, nackt auf der Straße herumzulaufen. Proteste in der oben beschriebenen Form sind in München und ganz Deutschland schon seit jeher verboten, nachzulesen zum Beispiel unter Paragraf 315b Strafgesetzbuch (StGB). Dort geht es um „Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr“. Im Gesetzestext heißt es dazu unter anderem: „Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt, Hindernisse bereitet oder einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.“
Man könnte gerade meinen, dieser Paragraf sei bei seiner Ausformulierung in einer Art prophetischer Eingebung explizit auf die Aktionen der „Letzten Generation“ gemünzt worden. Es braucht also keine Ordnungsämter, die ohnehin Verbotenes verbieten, sondern einen Rechtsstaat, der sich an die eigenen Gesetze hält und in der Lage ist, diese auch durchzusetzen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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