Einheitsfront? Fast! Eine Gruppierung von CSU-Konservativen wehrt sich… … und wird deshalb attackiert

Von Kai Rebmann

Allzu oft wird in diesen Tagen vergessen, dass es innerhalb der Union nicht nur eine sogenannte „Brandmauer“ nach rechts gibt, zur AfD also, sondern auch eine gegen die Linken. Im Falle der CDU gelten hierfür entsprechende Unvereinbarkeitsbeschlüsse als Grundlage, die CSU muss sich mit den Linken nicht wirklich beschäftigen, weil letztere in Bayern schlicht kaum wahrnehmbar sind. Bei der jüngsten Landtagswahl im Oktober 2023 kamen die SED-Nachfolger gerade noch auf 1,5 Prozent der Stimmen.

Umso größer war bei manchem Beobachter die Überraschung, dass im Zuge des Wahlkampfs zur Europawahl zumindest Teile der CSU gemeinsame Sache mit den Linken machen. Die „Nürnberger Nachrichten“ berichteten jüngst von einer Kampagne der „demokratischen Parteien“ im Landkreis Roth, in deren Rahmen die Bürger aufgefordert werden, ihr Kreuzchen nur innerhalb dieses selbstdefinierten Spektrums zu machen. Neben den üblichen Verdächtigen beteiligen sich an dieser Kampagne auch die Linken.

Indirekte Wahlwerbung für SED-Erben

Dr. Thomas Jahn, CSU-Stadtrat in Kaufbeuren und 1. Vorsitzender des Konservativen Aufbruchs, einer losen Gruppierung von CSU-Mitgliedern in ganz Bayern, stößt das bitter auf. In einem Schreiben an Volker Bauer, den Kreisvorsitzenden der CSU Roth, spricht Jahn von „indirekter Wahlwerbung für die SED-Partei, umbenannt in ‚Die Linke‘“.

Und weiter: „Namens und im Auftrage des Landesvorstands der CSU-Basisinitiative Konservativer Aufbruch für Werte und Freiheit fordern wir Sie auf, diese Kampagne sofort einzustellen und sich öffentlich von den Verbrechen und undemokratischen Machenschaften der SED zu distanzieren. Die SED ist rechtsidentisch mit der Partei ‚Die Linke‘.

Es ist völlig in Ordnung, wenn Parteien des demokratischen Spektrums gemeinsam zum Wählengehen aufrufen. Die SED-Erben, die für eine 40-jährige kommunistische Diktatur mit tausenden Toten verantwortlich sind, gehören gewiss nicht zum demokratischen Spektrum! Bis heute weigern sich die Repräsentanten dieser Partei, wie der Thüringer Kommunist Bodo Ramelow, die DDR als Unrechtsstaat zu verurteilen.

 

Da der CSU durch die geschilderten Aktivitäten des CSU-Kreisverbands Roth auch ein erheblicher politischer Schaden in ganz Bayern droht, bitten wir Sie, uns bis morgen 12:00 Uhr zuzusichern, dass Sie für die Rückholung von Werbeplakaten und die Einstellung der Kampagne sorgen werden.“

Wie unschwer zu erkennen ist, geht es in dem gesamten Schreiben – welches hier in weiten Auszügen wiedergegeben wurde – ausschließlich um die CDU und Linke sowie die in den Augen von Dr. Thomas Jahn sehr kritisch gesehene Zusammenarbeit dieser beiden Parteien. Statt sich mit eben dieser Kritik auseinanderzusetzen, kommt der Kreisvorsitzende der CSU Roth recht schnell auf die AfD und die unterstellte Nähe seines Kollegen zu eben dieser Partei zu sprechen. Weiter wirft Volker Bauer seinem Parteifreund vor, Gründungsmitglied der Werteunion und damit einer zwischenzeitlich vom Verfassungsschutz beobachteten Partei gewesen zu sein.

Um die eigentlich geäußerte Kritik – die Zusammenarbeit der CSU mit den Linken in Roth – geht es erst ab dem 14. Absatz des Antwortschreibens. Dort muss Bauer dann doch einräumen: „Ja, die Linke ist die Nachfolgepartei der SED. Auch ich glaube nicht, dass in der Nachfolgepartei keiner weiß, wo das SED-Vermögen abgeblieben bzw. für was es über Jahre verwendet worden ist. Und auch einem Linke-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow täte es gut, im Namen seiner Partei die Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung in aller Form zu verurteilen, wenn selbst der Bundespräsident in seinem jüngst erschienen Buch klar sagt: die DDR war die zweite Diktatur auf deutschem Boden. Das ist unbestritten.“

CSU änderte Kurs aus 'gutem wahlrationalem Grund'

Weshalb Bauer trotz dieser selbst gewählten Formulierungen eine gemeinsame Kampagne mit den Linken aber dennoch für unproblematisch hält, begründet er unter anderem so: „Das eine ist das ‚Erbe‘. Das andere die verfassungsfeindliche Zielsetzung. Das gilt für die Rechten genauso wie für die Linken. Das eine sind politische Konzepte, die wir als CSU nicht teilen. Das andere ist Extremismus wider die Verfassung. Es gleichzusetzen ist schlichtweg falsch. Die Menschen in Bayern verstehen das. Die Konzepte der Linken finden kaum 2 Prozent. Selbst die SPD (mit in den letzten Jahren bizarren inhaltlichen Schwerpunkten) krebst bei 8 Prozent.“

Bemerkenswert ist zudem folgende Sicht, die Bauer offenbar auf die Linke hat, mit der er die SED-Erben zumindest indirekt auf eine Stufe mit CSU, Grünen, SPD und Co stellt. Die gemeinsame Kampagne in Roth sei ein „Werben pro Wahlpartizipation durch all jene Kräfte, die gleichermaßen zu demokratischen Wahlen antreten und deren Wahlziele / Parteiprogramm / Kader nicht als Faschisten bzw. dem Grundgesetz entgegenstehend zu betrachten sind, so dass sich selbst die französischen Rechtspopulisten angewidert abwenden.“

Bauer nennt sein Gegenüber weiter einen „selbst im eigenen Ortsverband umstrittenen Stadtrat“, der „seit Jahren an einem rechtspopulären Kurs“ festhalte. Von eben diesem Kurs habe sich die CSU insgesamt „nach kurzer Irrfahrt“ noch vor den Landtagswahlen in Bayern verabschiedet – „aus gutem wahlrationalem Grund, vor allem aber mit Blick auf die Partei-DNA“, wie Bauer schreibt.

Dass der Christsoziale aus Mittelfranken nicht gerade unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet, geht aus der abschließenden Grußformel überdeutlich hervor: „Ihr 8-mal zum Vorsitzenden des CSU-Kreisverbandes Roth und 3-mal zum Abgeordneten von rund 120.000 Menschen im Kreis Roth gewählter Handwerksmeister.“

Was mit einer inhaltlichen Kritik an einer umstrittenen Kampagne begann, schaukelte sich zusehends zu einer Provinzposse und einer Privatfehde zwischen zwei CSU-Parteifreunden hoch, die sich offenbar alles andere als grün sind. Der Ball lag nun wieder bei Dr. Thomas Jahn aus Kaufbeuren, der dem Kreisvorsitzenden aus Roth daraufhin unter anderem mitteilte, dass er sich telefonisch mit einigen von Bauers Kollegen aus der Landtagsfraktion kurzgeschlossen habe. Diese würden „meine Sorge um die politische Ausrichtung der CSU in Ihrer Region teilen, ebenso wie mein Unverständnis über Ihre Art der persönlichen Diffamierung und der Anbiederung an linke Parteien“.

Der Vorsitzende des Konservativen Aufbruchs schließt seine Rückantwort mit der Androhung rechtlicher Schritte sowie einer wenig schmeichelhaften Grußformel: „Über den Umstand, von Ihnen nicht mehr hören zu müssen, würde ich mich sehr freuen.“

Kurz darauf hat auch der Konservative Aufbruch als Ganzes reagiert und sich per Pressemitteilung eingeschaltet. Es wird ein sofortiges Ende der besagten Kampagne, der sofortige Rücktritt von Volker Bauer als Kreisvorsitzender der CSU Roth sowie ein sofortiges Einschreiten des Innenministers und zuständigen Bezirksvorsitzenden Joachim Herrmann gefordert. Zur Begründung heißt es unter anderem:

„Als verfassungstreue und rechtsstaatlich gesinnte CSU-Mitglieder sind wir schockiert, dass der CSU Kreisverband Roth mit dieser Aktion Wahlwerbung für die linksradikale Partei ‚Die Linke‘ betreibt, deren Partei-Vereinigungen, wie die Jugendorganisation ‚Linksjugend‘ (solid), die ‚Antikapitalistische Linke‘ oder die ‚Kommunistische Plattform‘ und weitere drei Vereinigungen vom bayerischem Verfassungsschutz überwacht und durch das Bayerische Staatsministerium des Innern als linksextremistisch eingestuft werden.

Hinzu kommt, dass mit der Aktion des CSU-Kreisverbands Roth indirekt auch die Spitzenkandidatin der Partei ‚Die Linke‘ zur Europawahl beworben wird, also die linksradikale Migrations-Aktivistin Carola Rackete, über die der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Steiner 2019 zurecht in einer Pressemitteilung geurteilt hatte: ‚Wir brauchen eine echte, systematische Zusammenarbeit mit Afrika und keine staatlich geförderte Schleuserei!’“

Ob damit das letzte Wort in dieser Provinzposse tatsächlich schon gesprochen ist? Wohl eher nicht! Dennoch wirft dieser Vorgang einmal mehr ein ganz besonderes Schlaglicht auf die politisch-ideologische Einäugigkeit des selbsternannten „demokratischen Spektrums“ der deutschen Parteienlandschaft.

Wo eine, außer in Bremen und Schleswig-Holstein, in fast allen Parlamenten auf Landes- und Bundesebene vertretene Partei geächtet wird, werden die Nachfolger der SED herzlich willkommen geheißen. In den Augen der Hinterbliebenen von unzähligen Mauertoten muss das wie Hohn und Spott wirken

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock

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