Einkesselung, Verfahren und Platzverweis wegen eines Spaziergangs Dreiste Willkür der Polizei

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Homburg

Gestern, am Montag nach Neujahr 2022, will ich zum ersten Mal einen der Spaziergänge anschauen, die wegen der Demo-Verbote zu Tausenden in ganz Deutschland stattfinden. Aus der Zeitung weiß ich, dass die Polizei eine Allgemeinverfügung zu FFP2-Masken erlassen hat, um härter gegen Spaziergänger vorgehen zu können. Medizinische Scheinargumente werden neuerdings nicht mehr vorgeschoben, somit stecke ich eine Maske ein. Am Neuen Rathaus, dem angegebenen Treffpunkt, sehe ich jedoch nur ein riesiges Polizeiaufgebot. Ich schlendere allein zum Landtag, wo gerade eine größere Menschengruppe gekesselt und zur Benennung eines Versammlungsleiters aufgefordert wird. Davon halte ich mich fern und gehe weiter zum Kröpcke, Hannovers zentralem Platz, wo an diesem warmen Januarabend, der ersten Einkaufsmöglichkeit nach dem verlängerten Wochenende, mehrere hundert Menschen anzutreffen sind, die meisten auf dem Weg von oder zu den Geschäften.

Nach möglichen Spaziergängern Ausschau haltend, stoppe ich kurz, und eine neben mir stehende Dame sagt unvermittelt, sie sei wegen Lockdown und Masken schon ewig nicht mehr in der Innenstadt gewesen. Da es mir ähnlich geht, bewundern wir eine halbe Minute lang gemeinsam die Weihnachtsdeko. Als ich weitergehen will, stehen plötzlich fünf Polizisten vor uns und, als ich mich umdrehe, etwa zehn bis fünfzehn hinter uns, die einen Ring um die Dame, mich und vielleicht acht weitere, meist ältere Personen bilden. Gefragt, was das bedeuten soll, antwortet mir eine blonde Polizistin, sie würde uns hiermit zur Versammlung erklären. Ich setze sofort meine FFP2-Maske auf, bin ehrlich schockiert und entgegne, das sei wohl ein Schildbürgerstreich. Auf dem Platz stehen jetzt infolge der Polizeipräsenz und des gebildeten Kessels viele Zuschauer, und man könnte im Grunde jede beliebige Personengruppe von hinten umzingeln und zur „Versammlung“ erklären.

Eine Bekannte, die zufällig vorbeikommt, will sich zu mir gesellen, darf aber nicht in den Kessel, und ich darf nicht hinaus. Immer weitere Polizisten kommen hinzu, auch Zuschauer, und die ganze Szene wird vielfach gefilmt. Außerdem erhalte ich Zurufe von Menschen, die mich erkennen und ihr Befremden über diese seltsame Maßnahme ausdrücken. Oft fällt der Ausdruck „Faschismus“, und die Polizisten werden verbal hart von den Umstehenden angegangen. Nach etwa einer Viertelstunde wird es ernst: Ich werde von drei Mann abgeführt, und nach dem Tatvorwurf fragend erhalte ich die Antwort: Verstoß gegen die Maskenpflicht. Ich entgegne, dass ich doch eine trage, sogar FFP2, und dies seit Bildung des Kessels. Das nutzt aber nichts: Ich hätte die Maske bereits vor Bildung des Kessels tragen müssen, und man habe Beweisfotos, dass dies nicht der Fall war. Da ich nun von den anderen entfernt bin, bekomme ich nur aus den Augenwinkeln mit, dass es anderen, die keine Maske tragen, viel schlimmer ergeht. Vielleicht, weil sie nur durch die Stadt gehen wollten und aus diesem Grund keine dabei hatten. Jedenfalls höre ich Aufruhr und Schreie, kann dem als isoliert Abgesonderter aber nicht nachgehen. Nach Feststellung meiner Personalien erhalte ich die Ankündigung eines Verfahrens gegen mich sowie einen Platzverweis für die gesamte Innenstadt, deren Grenzen der leitende Polizist aber nicht zu definieren vermag. Stattdessen droht er mir Gefängnis für den Fall eines Verstoßes an.

Zwei Schlussfolgerungen

Erstens kann die Polizei durch hinterhältiges Kesseln jedem, der sich außerhalb seiner Wohnung aufhält, ein Verfahren anhängen, und das ist wohl auch der Sinn der Aktion. Zweitens: Wenn man das nicht Faschismus nennen darf, wo beginnt der eigentlich – oder anders ausgedrückt, was wollen wir uns eigentlich noch alles bieten lassen?

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David gegen Goliath

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Dr. Stefan Homburg ist Universitätsprofessor für Öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover i. R., hat zahlreiche Regierungen, Politiker und Parlamente beraten und informiert auf twitter.com/SHomburg über die Coronakrise.

Bild: Screenshot/Symbolbild
Text: Gast

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