Fleischverbot für Grünen-Politiker in Genf Abgeordnete und Kandidaten der Öko-Partei müssen Erklärung unterzeichnen

Von reitschuster.de

Die persönliche und fachliche Qualifikation scheint bei den meisten Parteien schon länger nicht mehr die entscheidende Rolle zu spielen. Viel wichtiger sind in diesen „woken“ Zeiten so naheliegende Kriterien wie das richtige Geschlecht, die richtige sexuelle Orientierung und/oder die passende Hautfarbe geworden. Die Grünen in Genf (Schweiz) haben sich jetzt noch eine weitere Voraussetzung einfallen lassen, die Kandidaten erfüllen müssen, um die Öko-Partei in den verschiedenen Parlamenten vertreten zu dürfen. Bei den im kommenden Jahr stattfindenden Wahlen zum Grossen Rat (Kantonsparlament) und Ständerat (bedingt mit dem Bundesrat in Deutschland vergleichbar) bekommen nur solche Kandidaten einen Listenplatz, die im Vorfeld eine Art „Ehrenerklärung“ unterzeichnen. Das hat der Parteikongress der Genfer Grünen am 21. Mai 2022 beschlossen.

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

In der Erklärung heißt es: „Wenn ich in den Grossen Rat gewählt werde, verpflichte ich mich, während dieser Zeit an Plenarsitzungen, Arbeitssitzungen, offiziellen Essen oder anderen Veranstaltungen, zu denen ich in meiner Funktion als Abgeordneter der Grünen gehen muss, mich vegetarisch zu ernähren“. Wie das in der Romandie erscheinende Journal Indépendant des Genevois berichtet, gilt die Erklärung auch für Kandidaten, die ein Amt im Ständerat anstreben bzw. bereits innehaben. Mit anderen Worten, der Verzehr von Fleisch und Wurst in der Öffentlichkeit ist allen Politikern verboten, die auf den Listen der Genfer Grünen kandidieren wollen.

Vor allem die Jungen Grünen platzen fast vor Stolz, dass ihre Kantonspartei in Genf sich anschickt, mit diesem Ernährungsdiktat das Weltklima zu retten und das Fortbestehen der Menschheit zu sichern. Sophie Desbiolles sagte dazu: „Die Mitglieder haben sich dazu entschieden, angesichts des Klimanotstands und des Zusammenbruchs der Artenvielfalt verantwortungsvoll zu handeln. Ich bin sehr stolz darauf, grün zu sein, und bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen.“

Alkoholverbot findet bei den Grünen keine Mehrheit

Dass es den Grünen in der Romandie aber nicht nur ums Klima geht, sondern sie ihren Kandidaten (und am liebsten der ganzen Bevölkerung) möglichst wenig Eigenverantwortung und Selbstbestimmung überlassen möchten, zeigt eine weitere Beschlussvorlage des jüngsten Parteikongresses. Demnach stand auch die Abstimmung über ein Alkoholverbot für Mandatsträger und Kandidaten auf der Tagesordnung, das jedoch mit 67:18 Stimmen bei 21 Enthaltungen sehr deutlich abgelehnt wurde. Damit darf in Genf auch weiterhin mit dem obligatorischen Gläschen Sekt auf etwaige Wahlsiege angestoßen werden.

Aber auch das Fleischverbot kommt nicht bei allen Grünen gut an. Vor allem alte Hasen wie Christian Bavarel, François Lefort oder Ueli Leuenberger, die einer anderen politischen Generation entstammen, übten deutliche Kritik. Bavarel ist „extrem schockiert“, dass seine Partei „uns vorschreiben will, was wir essen oder nicht essen sollen“ und sprach von einer „Kriegserklärung an lokale Produzenten“. Lefort, wie Bavarel Abgeordneter des Grossen Rats, verglich das Fleischverbot gar mit einer „religiösen Anordnung“ und wartet mit Spannung darauf, „wie die Partei dieses Verbot durchsetzen will.“ Nationalrat Ueli Leuenberger äußerte sich zwar etwas zurückhaltender, hätte laut eigenem Bekunden aber eher auf Ermutigung anstatt auf ein Aufzwingen gesetzt. Immerhin scheinen die Grünen in Genf noch nicht völlig beratungsresistent geworden zu sein. Angesichts der intern und extern steigenden Kritik an dem geplanten Ernährungsdiktat wollen sich die Mitglieder der Partei am kommenden Wochenende nochmal mit dieser Frage beschäftigen und gegebenenfalls neu über das Fleischverbot abstimmen.

Greenpeace fordert Werbeverbot für tierische Produkte

Während die Grünen nur eine vegetarische Ernährung verlangen, und das auch nur von den eigenen Abgeordneten und Kandidaten, will Greenpeace die ganze Schweiz in ein veganes Wunderland verwandeln. Für die Umweltschützer scheint der Verzehr von Fleisch, Milch und Eiern auf einer Stufe mit dem Konsum von Alkohol und Tabak zu stehen, weshalb Werbung für diese und alle weiteren tierischen Produkte bis auf wenige Ausnahmen vollständig verboten werden soll. Greenpeace begründet diese skurrile Forderung damit, dass Werbung für Tierprodukte „manipulativ“ und „irreführend“ sei, da sie dem Verbraucher Bilder von heiler Natur und traditioneller Landwirtschaft vorgaukele. Insbesondere die großen Supermarktketten würden ihren Kunden suggerieren, dass sie mit dem Konsum von Fleisch und Milch aus heimischer Produktion die Natur schützten, heißt es in einer Stellungnahme der Organisation. „In Wahrheit schadet der Konsum dieser Produkte dem Planeten“, behauptet Alexandra Gavilano, die von Greenpeace als Ernährungsexpertin vorgestellt wird.

Ausnahmen will Greenpeace nur für produzierende Betriebe mit Direktverkauf zulassen, was sich in der Praxis wohl auf Hofläden und Metzger reduzieren würde. Ob Fleisch, Milch und Eier dann mit einem Warnhinweis, ähnlich den Texten und Bildern auf Zigarettenschachteln, versehen werden müssen, ging aus dem Statement von Greenpeace nicht hervor. Diese Befürchtung scheint auch Mike Egger zu hegen, wenn er sagt: „Manche sprechen über Fleisch, als wären es Zigaretten.“ Der gelernte Metzger sitzt für die Schweizer Volkspartei (SVP) im Nationalrat und beteuert, dass es „Massentierhaltung wie in der EU“ in der Schweiz nicht gebe, womit er das wichtigste Argument für das von Greenpeace geforderte Werbeverbot entkräftet sieht.

Bild: Shutterstock
Text: reitschuster.de

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