Von Kai Rebmann
Die Kündigung von 40 Mietern durch die städtische Wohnbaugesellschaft in Lörrach hat in den vergangenen Tagen bundesweit für Aufregung gesorgt. Bis spätestens zum Jahresende müssen diese ihre Wohnungen räumen, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Auch wenn Oberbürgermeister Jörg Lutz am Mittwoch auf einer Pressekonferenz betonte, dass dies kein Skandal sei, wird es der parteilose, aber der SPD nahestehende Rathauschef dennoch aushalten müssen, wenn dies von nicht wenigen Bürgern anders gesehen wird. Aber Lörrach ist offenbar kein Einzelfall, sondern wohl nur die Spitze des Eisbergs.
Wir haben daraufhin viele Zuschriften unserer Leser erhalten, die in den vergangenen Wochen und Monaten ebenfalls Kündigungsschreiben in ihren Briefkästen vorgefunden haben. Zu „normalen Zeiten“ hätte man vieles von dem, was darin zu lesen ist, sofort für einen Fake gehalten. Doch es spricht Bände, dass man inzwischen alles für möglich halten muss, so absurd die Schilderungen in einigen Einzelfällen auch erscheinen mögen.
Vor allem in Königsbach-Stein ist die Volksseele am Kochen. In der aus den beiden gleichnamigen Ortsteilen bestehenden und zwischen Pforzheim und Karlsruhe gelegenen Enzkreis-Gemeinde wurden binnen weniger Monate zwei Seniorenheime dichtgemacht. In beiden Fällen hatte das Landratsamt wegen „des aus seiner Sicht mangelnden Brandschutzes“ eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen und die Zwangsräumung verfügt, wie die BNN berichtet.
Bewohner und Personal werden in anderen Landkreis verlegt
Das „Haus Königsbach“ wurde bereits im Sommer 2022 geschlossen, die Senioren mussten in umliegende Pflegeheime ausquartiert werden. Ende Februar 2023 gehen jetzt auch im „Haus Wittumhof“ in Stein die Lichter aus. Ein Großteil der Bewohner und des Personals sollen deshalb ins „Haus Kurfürstenbad“ im rund 15 Kilometer entfernten Karlsbad-Langensteinbach (Landkreis Karlsruhe) verlegt werden. Heimleiter Markus Fuchs bedauert die Entscheidung aus Pforzheim, zumal man „wirklich alles dafür getan“ habe, um den Standort in Stein zu erhalten.
Leser helfen Lesern:
Neben umfangreichen baulichen Investitionen in den Brandschutz gehörte dazu auch eine Änderung des Konzepts im Sommer 2021. Damals ist mit „SWB Wohnstifte“ ein neuer Betreiber im „Wittumhof“ eingestiegen, der dort ein „ambulant betreutes Service-Wohnen“ anbieten wollte, für das geringere Anforderungen an den Brandschutz gestellt werden. Er habe dieses Konzept bereits in 16 Landkreisen erfolgreich umgesetzt und überall sei es problemlos genehmigt worden, so SWB-Geschäftsführer Hubertus Seidler gegenüber der Zeitung, „nur hier im Enzkreis nicht.“
Senioren raus, Flüchtlinge rein
Es herrschte also Gesprächsbedarf in Königsbach-Stein. Erst recht, nachdem Gerüchte die Runde gemacht hatten, dass die Gemeinde die Unterbringung von Flüchtlingen in den wegen angeblichen Brandschutzmängeln zwangsweise ausgedienten Seniorenheimen plane. Gerüchte, die von Ordnungsamtsleiter Dominik Laudamus inzwischen bestätigt wurden. Im Rahmen einer Bürgerfragestunde am 7. Februar 2023 musste Laudamus einräumen, dass sich die Verwaltung vorstellen könne, „das ehemalige Seniorenheim ‚Haus Königsbach‘ zur Flüchtlingsunterbringung zu verwenden“. Man befinde sich mit den Eigentümern in Gesprächen und habe die „Absicht, einen Mietvertrag abzuschließen“. Und wie sieht es mit dem „Wittumhof“ in Stein aus? Auch hier könne man sich ähnliche Gespräche „grundsätzlich vorstellen“, diese hätten aber noch nicht stattgefunden.
Zum 31. Dezember 2022 lebten in Königsbach-Stein 187 Flüchtlinge. Acht von neun gemeindeeigenen Unterkünften sind dem Vernehmen nach voll belegt, eine soll als „Reserve“ freigehalten werden, „um Obdachlosigkeit zu vermeiden“, so Laudamus. Im Januar sind laut dem parteilosen Bürgermeister Heiko Genthner 22 Flüchtlinge hinzugekommen, bis April rechnet man im Rathaus mit 33 weiteren Flüchtlingen, danach mit 7 bis 10 pro Monat. Die Gemeinde wolle auch weiterhin auf dezentrale Unterbringungen setzen, doch angesichts der aktuellen Flüchtlingszahlen werde das schwierig, wie Genthner der BNN sagte.
Rathaus hüllt sich in Schweigen
Daher plant die Verwaltung die Errichtung einer Container-Siedlung am Ortsrand von Stein, die vom Gemeinderat im Dezember 2022 trotz großer Bedenken der Einwohner abgesegnet wurde. Nach Ansicht vieler besorgter Bürger steht zu befürchten, dass diese Unterkunft langfristig kaum ausreichen werde, um die von oben zugeteilten Flüchtlinge unterbringen und versorgen zu können. SPD-Gemeinderat Wolfgang Ruthardt wollte von Genthner daher bereits im Januar wissen, ob geplant sei, im „Haus Königsbach“ künftig Flüchtlinge wohnen zu lassen. Zu Grundstücksangelegenheiten könne er aufgrund „rechtlicher Regelungen“ nur in nicht-öffentlicher Sitzung etwas sagen, so der Bürgermeister.
Trotz mehrfacher schriftlicher Nachfrage wollte sich das Rathaus auch gegenüber reitschuster.de nicht zu dem Thema äußern. Wir wollten unter anderem wissen, welche Unterschiede es bezüglich des Brandschutzes für Seniorenheime und dem für Flüchtlingsunterkünfte gibt und wie der aktuelle Stand der Gespräche mit den Eigentümern im „Haus Königsbach“ sowie „Haus Wittumhof“ ist.
Anwohner der beiden Objekte berichten jedoch von Bau- bzw. Handwerksarbeiten in und um die beiden Häuser. Auch dazu bzw. auf die Frage, welche künftige Nutzung der Häuser seitens der Gemeinde künftig vorgesehen ist, gab es keinen Kommentar.
Aufgrund der Indizienlage und der öffentlich geäußerten Eingeständnisse spricht derzeit einiges dafür, dass die beiden ehemaligen Seniorenheime in Königsbach-Stein eher früher als später zu Flüchtlingsunterkünften umgewidmet werden. Dazu das vielsagende Schlusswort von Ordnungsamtsleiter Dominik Laudamus: „Wir sind an der Belastungsgrenze angelangt und haben aktuell nicht genug Wohnraum.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: Kai RebmannMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de