Es war ein unglaubliches Urteil: Das Hamburger Landgericht fasste acht Täter nach der Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark mit Samthandschuhen an und ließ sie auf freiem Fuß. Nur einer der jungen Männer, die überwiegend Migrationshintergrund haben, muss ins Gefängnis (siehe meinen Bericht hier). Begründet wurde das milde Urteil unter anderem mit der Anwendung des milderen Jugendstrafrechts. Dabei ist so ein Richterspruch geradezu eine Ermutigung für Nachahmer. Die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring musste denn auch heftige Kritik einstecken.
Dafür wurde sie jetzt im öffentlich-rechtlichen NDR gelobt. Von der GEZ-Journalistin Elke Spanner, die so wirkt, als komme sie gerade vom evangelischen Kirchentag, also aus einer Vorfeldorganisation der Grünen.
„Diejenigen, die die Richterin beschimpfen, fordern im Namen eines konsequenten Rechtsstaates härtere Strafen für die Vergewaltiger und treten diesen Rechtsstaat dabei selbst mit Füßen“, poltert die Kollegin: „Das Gericht hat eineinhalb Jahre über den Fall verhandelt, 68 Tage mit den Angeklagten in einem Saal gesessen. Wie will jemand, der da nicht dabei war, besser wissen, was gerecht ist und was nicht? Dieses Urteil für die jungen Männer ist kein Skandal. Ganz im Gegenteil, es ist ein Erfolg für die Hamburger Justiz.“
Wie bitte?
Meinte die Kollegin das ernst?
Sie führt weiter aus: „Das fängt schon bei der Ermittlungsarbeit der Polizei an. Man muss sich die Situation in dieser Nacht damals mal vorstellen. Ein riesiger Park, stockdunkel, hunderte feiernde Menschen und darunter zweifellos sehr viele Männer, auf die die Täterbeschreibungen gepasst hätten. Und die Polizei hat es geschafft, die Vergewaltiger zu identifizieren. Hut ab. Und auch die Verurteilung ist ein Erfolg. Es war zu Prozessbeginn keineswegs sicher, dass die Männer überhaupt bestraft werden können.“
Das ist bei vielen Prozessen so.
Vor allem in Deutschland. Und ganz besonders dann, wenn Menschen mit Migrationshintergrund vor Gericht stehen.
Früher angeblich nicht strafbar
Die Kollegin fährt fort: „Sie haben bei den Vergewaltigungen keine Gewalt angewandt, sondern es perfide ausgenutzt, dass das Mädchen betrunken und verstört war und aus Angst alles über sich ergehen ließ. So ein perfides Vorgehen ist überhaupt erst strafbar, seit das Sexualstrafrecht 2016 reformiert wurde. Früher galt eine Vergewaltigung nur als Vergewaltigung, wenn der Täter den Sex mit Gewalt erzwungen hat.“
Ich bin kein Jurist, aber es gab ja auch schon früher die sexuelle Nötigung. Aber ganz abgesehen davon: Was ist denn das für ein dreistes Argument – dass so eine gruselige Tat früher nicht strafbar gewesen wäre. Macht sie das auch nur einen Deut besser?
Doch Elke Spanner geht noch weiter: „Nach dem alten Grundsatz wären diese Angeklagten alle freigesprochen worden.“
Ja, auch bei Mord wären früher, als der noch verjährte, Menschen freigesprochen worden, die jetzt verurteilt werden können. Die Relativierung, die die Kollegin hier betreibt, ist absolut dreist. Für wie dumm hält sie ihre Gebührenzahler?
Das ist Spanner noch nicht genug: „Erst seit der Reform heißt es ‚Nein heißt Nein‘ und ein ‚Ja‘ ist nur dann wirklich ein Ja, wenn es keine Zweifel an der Zustimmung der Frau zur sexuellen Handlung gibt. Der Stadtparkprozess war ein Praxistest für das neue Gesetz und es hat den Test bestanden. Die Männer wurden bestraft.“
Acht der neun Männer sehen das wohl nicht ganz so – weil sie auf freiem Fuß bleiben.
Weiter sagt die Journalistin: „Kommen wir also zur Höhe der Strafen. Daran macht sich ja die Kritik und die Beschimpfung der Vorsitzenden Richterin fest. Sie hat das Urteil aber nicht alleine gefällt, sondern es war eine Kammer aus fünf Richterinnen, Richtern und Schöffen. Sie hat das Urteil nur verkündet.“
In der Tat. Aber dass eine Kammer ein Urteil gemeinsam fällt, weiß eigentlich jeder Erwachsene. Nochmal: Für wie blöd hält die Kollegin ihre Gebührenzahler?
Sonderschul-Pädagogik für Gebührenzahler
Sie macht noch weiter: „Zudem folgt das deutsche Strafrecht nicht dem Grundsatz ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn‘. Erst recht nicht bei Jugendstrafverfahren.“
Ja. Aber das bedeutet nicht, dass Strafen zur Lachnummer werden müssen.
Spanner: „Die Strafe hat ein Ziel, die jungen Täter von einem falschen Weg auf den richtigen zu führen. Da kann es im Einzelfall sinnvoller sein, jemanden zum Beispiel Arbeitsstunden in einer Pflegeeinrichtung aufzubrummen, ihm überhaupt mal zu zeigen, was Empathie und Verantwortung ist. Und mal ehrlich, wären all die Kritikerinnen und Kritiker jetzt stillgeblieben, wenn die jungen Männer für, sagen wir, ein oder zwei Jahre ins Gefängnis gekommen wären, hätte es dann nicht geheißen, warum denn nicht drei oder vier?“
Hat die Kollegin beim „Neuen Deutschland“ gelernt, dem SED-Zentralorgan zu DDR-Zeiten? Anders ist so viel Dreistigkeit eigentlich kaum noch zu erklären. Stellen Sie sich mal für einen Moment vor, wie sie argumentiert hätten, wenn nicht Migranten wegen einer Vergewaltigung vor Gericht gestanden hätten, sondern rechte oder vermeintliche Rechte wegen Übergriffen auf Migranten. Wetten, da wäre die Argumentation von Frau Spanner ganz anders ausgefallen?
Journalistin als Blitzableiterin
Zum Schluss sagt sie noch: „Vielleicht hat unser Strafsystem Schwächen. Vielleicht muss das Leid eines Opfers bei der Strafe wirklich mehr berücksichtigt werden, auch bei jugendlichen Tätern. Aber dann müssen wir die Gesetze ändern. Diese Kammer hat sich an die geltenden Gesetze gehalten.“
Auch da verkauft sie die Zuschauer wieder für dumm. Die Gesetze bieten einen Spielraum. Und den hat die Kammer sehr stark zu Gunsten der Täter ausgelegt – und zu Ungunsten des Opfers und der Allgemeinheit. Den eigentlichen Skandal – dass unsere Gesetze so ein Urteil ermöglichen – feiert Spanner gerade einmal mit einem Satz ab. Sie agiert damit nicht als Kritikerin der Mächtigen, sondern als Blitzableiter für diese.
So sehr wie das Hamburger Urteil eine Schande für den Rechtsstaat ist, so sehr ist dieser Kommentar eine Schande für den Journalismus.
Dabei ist Spanner noch geradezu harmlos im Vergleich zu einer Aussage der Psychiaterin Nahlah Saimeh zu der Hamburger Gruppenvergewaltigung im „Spiegel“-Interview: „Sex ist eben auch ein Mittel, um Frust und Wut abzulassen, ein Mittel der Abwehr von Trauer und Leere, und in einer Gruppe von Männern mit gleichem Schicksal wirkt es auch identitätsstiftend und stärkt das Gruppengefühl.“
Da fehlen einfach die Worte: zumindest die druckreifen.
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