Gutes Deutsch? Keine Bedingung mehr für Lehrer in Berlin! Neuer Senat schraubt Anforderungen herunter

Damit Kinder gut Deutsch lernen, brauchen sie auch Lehrer, welche die Sprache hervorragend beherrschen. Sollte man meinen. Die neue Berliner CDU-Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch ist entweder anderer Meinung – oder die Not in Berlin in Sachen Lehrern ist so groß, dass sie notgedrungen von diesem Prinzip abweicht. Denn sie möchte mehr Ausländer als Lehrkräfte an die Schulen bringen – auch wenn die sich mit der Sprache ihres Gastlandes noch schwertun.

Im Gespräch mit der „Welt“ sagte Günther-Wünsch: „Mehrere Hundert Pädagogen haben sich allein aus der Ukraine beim Senat beworben. Die Voraussetzung für die Tätigkeit ist das C2-Zertifikat in deutscher Sprache. Das ist das Niveau eines Muttersprachlers. Hier ist die Erwartungshaltung zu hoch.“

Auf eine Anfrage der „JF“, was dies konkret bedeute, sagte der Sprecher der Senatorin Martin Klesmann: „Die Auffassung der Hausspitze ist: Auch pädagogisches Personal aus dem Ausland könnte etwa in Doppelsteckungen und Unterstützungssystemen schon im Unterricht eingesetzt werden, bis die sprachlichen Voraussetzungen für die volle Lehrbefähigung mit einem C2-Sprachzertifikat erworben wurden.“

Allein der Begriff „Doppelsteckungen“ ist bezeichnend und steht für den Notstand im Bildungssystem der Hauptstadt, die bei bundesweiten Vergleichen traditionell ganz unten landet, wenn es um die Leistungen der Schulen geht. Eine „Doppelsteckung“ bedeutet, dass zwei Lehrer gleichzeitig ein und dieselbe Klasse betreuen – weil eine Lehrkraft nicht ausreicht, um die nötige Ordnung zu gewährleisten. Diese ungewöhnliche Maßnahme ist vor allem in sogenannten „Brennpunktschulen“ notwendig. „Nun sollen in diesem Modell in Berlin ein Kollege mit dem Niveau eines Muttersprachlers und ein Ausländer ohne diese Sprachkenntnisse gemeinsam unterrichten“, schreibt die „JF“.

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Ob damit allerdings dem Lehrermangel abgeholfen wird, bezweifelt die „JF“: „Das von der CDU-Senatorin angekündigte, nun konkretisierte Projekt klingt eher nach einem Praktikum, ohne dass unter dem Strich tatsächlich mehr Schüler unterrichtet werden könnten.“

Von einem Extrem ins andere

Besonders pikant an der neuen Linie: Bis vor wenigen Jahren war das Schulsystem in Berlin sehr restriktiv und selbst Ausländern mit exzellentem Sprachniveau und Lehrerausbildung legte man riesige Steine in den Weg, wie ich aus dem persönlichen Umfeld weiß. Später kippte das – um jetzt völlig ins andere Extrem umzuschlagen.

Zum Lehrermangel in Berlin hat auch massiv beigetragen, dass die Hauptstadt 2004 Lehrer nicht mehr verbeamtete. Viele wanderten deshalb in andere Bundesländer ab, etwa ins benachbarte Brandenburg, um verbeamtet zu werden. An Berliner Schulen sind wegen der Personalnot sehr viele „Quereinsteiger“ tätig, die gar keine Lehrerausbildung haben. Laut Fachleuten leidet die Qualität der Schulausbildung auch daran erheblich.

CDU und SPD vereinbarten jetzt in ihrem Koalitionsvertrag, ab dem Sommersemester 2022/2023 Lehrer wieder zu verbeamten. So soll der Beruf in Berlin wieder anziehender gemacht werden.

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