Wir leben in Zeiten, in denen die Realität jede Satire übertrifft. Das gilt auch für die neueste Meldung, die mir meine – die beste Redaktion, die ich mir vorstellen kann – heute zuschickte. „Corona-Impfungen: 700 Schafe und Ziegen werben als riesige Spritze“, titelt die »Welt«. Weiter heißt es in dem Beitrag der Zeitung: „Mehrere Tage übte eine Schäferin in Niedersachsen mit 700 Schafen und Ziegen für diese Aktion: Nun bildeten die Tiere eine rund 100 Meter große Spritze, um für Corona-Impfungen zu werben.“
Sie habe überlegt, „welchen Beitrag“ sie „zur Bekämpfung der Pandemie leisten“ könne – mit diesen Worten zitiert das Blatt den Organisator der Aktion im Heidekreis, Hanspeter Etzold: Das Ganze sei Werbung für die Impfung gegen das Coronavirus und richte sich an die noch Unentschlossenen. „Schafe sind so sympathische Tiere, vielleicht können sie die Botschaft so besser überbringen“, so Etzold. Schäferin Wiebke Schmidt-Kochan habe die Aktion vorbereitet und mit ihren Tieren mehrere Tage dafür geübt. Sie habe dazu vorher Brotstücke in Form der Spritze auf dem Boden verteilt.
Die Aktion ist nicht nur deshalb unfreiwillig komisch, weil die Schafe eben nur des Fressens wegen die Impf-Formation einnehmen – ein Schelm, wer da auf schräge Gedanken kommt. Oder sich gar sagt: „Schafe fressen eben alles“. Bizarr an der Aktion ist auch, dass Kritiker der Impfung oft Anhänger derselben und der Corona-Politik der Bundesregierung als „Schlafschafe“ bezeichnen und von „Herdentrieb“ etc. sprechen. Man kann das gutheißen oder nicht – aber der Glaube, ausgerechnet mit Schafen Menschen vom Sinn der Impfung zu überzeugen, erscheint absurd. Eher dürfte das Gegenteil zutreffen. Der Schäferin und dem Organisator mag das nicht klar gewesen sein. Dass Medien völlig nüchtern und ohne jede Distanz von der Aktion berichten, ganz ohne Hinterfragen, ist bemerkenswert.
Was kommt als Nächstes? Eine Impfwerbung mit Versuchskaninchen? Als solche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz im Jahr 2021 die Geimpften bezeichnet.
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Text: br