J1-Untersuchung 2.0: Was Eltern nicht erfahren sollen Erfahrungsbericht aus dem Klassenzimmer

Von Kai Rebmann

Hefte raus, Klassenarbeit! Diese drei einfachen Worte des Lehrers sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass eine unangekündigte Überprüfung des Lernerfolgs auf dem Programm steht. An einigen Schulen in Bayern heißt es in diesen Tagen offenbar: Hefte raus, Impfkontrolle! So zumindest berichtet es uns ein Leser aus dem Freistaat. Konkreter Anlass für das Schreiben ist die sogenannte J1-Untersuchung, die an den Schulen aktuell für die Kinder der 6. Klassen angeboten bzw. bei diesen durchgeführt wird.

Dabei handelt es sich laut Definition um eine Früherkennungsuntersuchung für Jungen und Mädchen im Alter von 12 bis 14 Jahren, die seit dem Jahr 1998 im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten ist. Neben der Überprüfung der körperlichen Entwicklung, die auch Bestandteil aller vorangehenden U-Untersuchungen ist, geht es bei der J1 aber auch um die schulische Entwicklung sowie Fragen zum Sexual- und Drogenverhalten der Kinder und Jugendlichen. „Besonderer Wert wird auch auf die Erfassung des Impfstatus gelegt“, wie es aus dem Gesundheitsministerium Niedersachsen exemplarisch heißt.

Impfung hat ihre Unschuld verloren

Letzteres weckte auch den Argwohn des Lesers, der hierzu schreibt: „Die Kinder der 6. Klassen werden jetzt von bayerischen Schulen und in ‚Zusammenarbeit‘ mit den Gesundheitsämtern genötigt, ihre Impfbücher vorzulegen. Natürlich ‚anonymisiert‘ – wer’s glaubt!“

Bis vor zweieinhalb Jahren hätte man so etwas wohl mit einigem Recht noch als paranoide Verschwörungstheorie abtun können. Heute, nachdem der Begriff „Impfung“ seine Unschuld verloren hat, sieht das freilich ein wenig anders aus. Denn das Gesundheitsministerium Niedersachsen informiert weiter: „Ergeben sich bei der (J1-)Untersuchung oder aus dem Gespräch Auffälligkeiten bei der körperlichen, seelischen oder sozialen Entwicklung des Jugendlichen, so leitet die Ärztin oder der Arzt weitere Schritte ein, wie das Vervollständigen des Impfschutzes oder eine Überweisung zur Fachärztin oder zum Facharzt.“

Nun wäre auch dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden, solange es sich dabei um die Impfungen gegen die klassischen Kinderkrankheiten handelt und diese mit dem Einverständnis der Eltern „vervollständigt“ werden. Doch beides erscheint zumindest fraglich. Denn mit Stand vom 28. März 2023 schreibt das RKI unter Bezugnahme auf eine Empfehlung der STIKO: „Für alle Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren gilt eine generelle Impfempfehlung, d.h. sie sollten eine Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung gegen COVID-19 erhalten.“

DDR lässt grüßen

Und auch die Zustimmung der Eltern zu wie auch immer gearteten Impfungen oder „Impfungen“ von Kindern bzw. Jugendlichen im Rahmen der J1 scheint für die Behörden entbehrlich zu sein. Die Schüler in Bayern bekamen offenbar einen Flyer ausgehändigt, auf dem es heißt: „Du entscheidest, ob Deine Eltern mit dabei sind oder nicht! Du entscheidest, was Deine Eltern wissen sollen und was nicht!“

Unser Leser kommentiert dazu: „Ich will mir gar nicht vorstellen, womit mein Kind dann konfrontiert werden würde!“ Und weiter: „Gesundheitsfragen unterliegen dem höchsten und absoluten Datenschutz. Das ist eine Sache jedes Einzelnen. Eventuell noch des jeweiligen Arztes! Aber garantiert nicht von Schule oder Bundesland! Zumindest galt das noch vor ein paar Jahren! Sie haben schon so oft geschrieben: DDR lässt grüßen! Dies ist ein weiterer Beweis dafür!“ Der Leser stammt eigenen Angaben zufolge aus dem Osten und weiß daher offensichtlich, wovon er spricht bzw. schreibt.

Es mag gute Gründe dafür geben, dass pubertierende Schüler altersspezifische Probleme, etwa in Bezug auf erste Erfahrungen mit Sexualität, Zigaretten und Alkohol, lieber nicht im Beisein der Eltern besprechen möchten. Und so war es wohl auch im Sinne des Erfinders der J1. Aber in Zeiten wie diesen – 25 Jahre nach Einführung dieser Früherkennungsuntersuchung – kann man sich wohl nicht einmal mehr sicher sein, was „Fachärzte“ den Kindern über deren Sexualität vermitteln oder zu vermitteln versuchen.

Aber spätestens, wo es um Impfung oder Nicht-Impfung geht – ganz gleich, wofür oder wogegen – da gehören die Eltern nach wie vor mit ins Boot. Bei rein medizinischen Fragen gibt es keinen plausiblen, sprich sachlichen Grund, weshalb hier über die Köpfe der Erziehungsberechtigten hinweg entschieden werden sollte.

Die Realität im „besten Deutschland aller Zeiten“ ist aber offenbar eine andere, was unseren Leser zu einem ernüchternden Fazit kommen lässt: „Einfach nur schrecklich diese Zeiten! Und die meisten denken überhaupt nicht drüber nach, sondern machen alles brav mit!“

Nach meiner Operation muss ich meine Arbeit ruhiger angehen. Dazu haben mich die Ärzte eindringlich aufgefordert. Und ich glaube, das bin ich meinen Nächsten, meinem Team und auch Ihnen schuldig. Umso mehr bin ich Ihnen dankbar für Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, weiterzumachen! Und sie gibt mir die Sicherheit, mich ein wenig zurücklehnen zu können zur Genesung. Auf dass wir noch ein langes Miteinander vor uns haben! Herzlichen Dank!

Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: nitpicker/Shutterstock

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