Je öffentlich-rechtlicher, umso Lockdown-freundlicher Exklusive INSA-Umfrage

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung der Menschen in Deutschland zur Corona-Politik und den Quellen, bei denen sie sich informieren? Sind diejenigen „Lockdown-freundlicher“, deren hauptsächliche Informationsquelle die öffentlich-rechtlichen Sender sind, mit ihrer strammen Unterstützung für den Regierungskurs und dem weitgehenden Unterdrücken von massiver Kritik an den harten Maßnahmen? Diese Fragen treiben mich seit einiger Zeit um. Und so entschloss ich mich, die Kosten und Mühen nicht zu scheuen und zwei Umfragen in Auftrag zu geben, die Antworten auf diese Fragen bringen sollten. Das Meinungsforschungsinstitut INSA befragte mehr als 2000 repräsentativ ausgewählte Menschen in 16 Bundesländern per Telefon und online, wie sie zu den Lockerungen stehen – und ob sie sich überwiegend aus den öffentlich-rechtlichen Sendern informieren. Das Ergebnis fiel so aus, wie ich es erwartet bzw. befürchtet habe. Aber alles der Reihe nach.

Im ersten Schritt sollten die Befragten angeben, ob sie dieser These zustimmen oder sie ablehnen: „Ich halte die in dieser Woche beschlossenen Lockerungen der Corona-Maßnahmen für verfrüht.“

 

44 Prozent der Befragten halten die in der vergangenen Woche beschlossenen Lockerungen der Corona-Maßnahmen für verfrüht. 40 Prozent sehen dies nicht so.

Dabei ergeben sich klare Unterschiede nach Partei-Präferenzen. Für verfrüht halten die Lockerungen 54 bis 56 Prozent der Union-, SPD- und Grünen-Wähler, während AfD-, FDP- und Linke-Wähler häufiger anderer Meinung sind (43 bis 60 Prozent).

Die zweite Frage bezog sich dann auf die Nachrichtenquellen der Befragten:

61 Prozent geben an, sich überwiegend in öffentlich-rechtlichen Medien über Politik bzw. politische Themen zu informieren. 28 Prozent tun dies nicht.

Während 68 bis 77 Prozent der befragten Wähler von Union, SPD, Linke und Grünen überwiegend ihre politischen Informationen über die öffentlich-rechtlichen Medien erhalten, ist dies laut Eigenaussage bei 57 Prozent der FDP-Wähler und 42 Prozent der AfD-Wähler der Fall. Einzig AfD-Wähler informieren sich mehrheitlich nicht überwiegend aus den öffentlich-rechtlichen Medien (49 Prozent).

Mit diesen Ergebnissen war die Grundlage gelegt für die Antwort auf die spannende Frage, inwieweit Informationsquellen und die Einstellung zum Lockdown in einem Zusammenhang stehen:


Diejenigen Befragten, die sich überwiegend in öffentlich-rechtlichen Medien informieren, geben zu 54 Prozent an, dass sie die Lockerungen für verfrüht halten. Bei denen, die sich nicht überwiegend in öffentlich-rechtlichen Medien informieren, liegt die gegensätzliche Ablehnung der Aussage ungefähr bei dem gleichen Wert (56 Prozent). Damit ist zwar kein kausaler Zusammenhang festgestellt. Während eine statistische Korrelation naheliegt, ist damit nicht bewiesen, dass der Konsum von öffentlich-rechtlichen Medien der beeinflussende Faktor in der Haltung zu den Lockerungen ist. Beispielsweise könnte der eigentliche Grund die politische Einstellung sein, die neben der Einstellung zu den Lockerungen auch den Medienkonsum beeinflusst. Fakt ist aber dennoch, dass diejenigen, die sich überwiegend öffentlich-rechtlich informieren, sehr viel positiver zum Lockdown stehen als diejenigen, die sich überwiegend aus anderen Quellen informieren.

Generell bemerkenswert, so meine subjektive Einschätzung, ist, wie viele Menschen sich vorwiegend aus den öffentlich-rechtlichen Programmen informieren – 61 Prozent sind deutlich mehr, als ich erwartet hätte. Angesichts der sehr einseitigen Berichterstattung in den gebührenfinanzierten Sendern und des massiven Framings dort sind diese 61 Prozent in meinen Augen eine erschreckende Zahl – wohlgemerkt, wenn es um das „überwiegende“ Informieren geht. Die Öffentlich-Rechtlichen gelegentlich anzusehen, macht dagegen sicher Sinn – um sich mit unterschiedlichen Meinungen auseinanderzusetzen. Auch, dass 44 Prozent die Lockerungen für verfrüht halten, ist für mich überraschend. Mein erster, böser Gedanke war „Stockholm-Syndrom“: So nennt man das Phänomen, dass Geiseln oft eine Sympathie für ihre Geiselnehmer entwickeln. Zugegeben – dieser erste Gedanke von mir war böse und polemisch. Aber wer kontrolliert schon seine Gedanken? Die Zahlen sprechen aber für den bösen Verdacht, den ich aufgrund meiner Beobachtungen schon länger hege: Dass in Deutschland das herrscht, was ich überspitzt eine „Lust am Lockdown“ nenne und was in vielen anderen Ländern, etwa in Russland, nicht einmal ansatzweise zu spüren ist. Für eine abstraktes und umstrittenes Mehr an Sicherheit gibt man konkrete Freiheiten auf. Ja, scheint geradezu erpicht darauf zu sein, diese Freiheiten abzugeben. Mir macht das Angst.


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Bild: Shutterstock
Text: br


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