„Ich verspreche Ihnen: Unser Ziel ist eine transparente Kommunikation. Wir versuchen nach Kräften, Ihre Fragen tatsächlich zu beantworten“ – dieses Versprechen gab der neue Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, am Montag ab. Heute hatte ich auf der Bundespressekonferenz erstmals die Gelegenheit, ihm Fragen zu stellen. Und muss sagen, dass die Antworten sein Versprechen in einer bemerkenswerten Art konterkarieren. Auf diese Art und Weise wurde ich – und damit auch meine Millionen Leser – selbst von seinem Vorgänger Steffen Seibert nie abgefertigt. Die Antwort leitet Hebestreit mit einem herablassenden „Ach“ ein – der Sprecher des Kanzlers, der „Respekt“ als Wahlkampfparole ausgab. Aber lesen Sie selbst:
VORSITZENDE WELTY: Ich möchte eine Onlinefrage von Boris Reitschuster mit einfügen. Es geht darin nämlich auch um Telegram. In den großen sozialen Medien, sagt er, werde umfassend zensiert. Das sei einer der Gründe dafür, dass viele Menschen auf Telegram gingen. Würde es da nicht Sinn machen, wenn die Bundesregierung endlich die Zensur auf Facebook, YouTube, Twitter und Co verurteilen würde?
HEBESTREIT: Ach, ich glaube, ich möchte mir die Unterstellung, dass es sich dabei um Zensur handele, die in der Frage Herrn Reitschusters mitschwingt, nicht zu eigen machen. Es gibt gesetzliche Regeln, die es zu befolgen gilt, und daran muss man sich halten. Das ist keine Zensur, sondern das ist unser Rechtsstaat.
VORSITZENDE WELTY: Boris Reitschuster möchte auch die Debatte um Rechtsstaat noch weiterführen. Er wendet sich noch einmal an Steffen Hebestreit. Rechtsstaat, das sei ja genau nicht der Fall, wenn nicht Gerichte die Meinungsfreiheit einschränken und die Netzwerke teilweise sogar Gerichtsentscheide ignorieren. Warum stellen Sie sich schützend vor die Netzwerke?
HEBESTREIT: Ich denke, ich habe mich nicht schützend vor die Netzwerke gestellt, sondern ich habe mich der Diktion von Herrn Reitschuster nicht angeschlossen.
Nur noch mal Mal zur Erinnerung das bereits anfangs zitierte Versprechen von Hebestreit vom Montag: „Ich verspreche Ihnen: Unser Ziel ist eine transparente Kommunikation. Wir versuchen nach Kräften, Ihre Fragen tatsächlich zu beantworten.“
Ich verkneife mir hier die Kommentare, die mir zuerst in den Sinn kamen – weil sie sehr unhöflich ausfallen würden. Nur so viel: Dass Ankündigung und Realität so weit Auseinanderfallen, ist eigentlich für andere politische Systeme als für freiheitliche Demokratien bekannt.
Die Nicht-Bewantwortung von Fragen ist offenbar nicht auf den neuen Chef der Regierungssprecher-Riege begrenzt. Auch Hanno Kautz übte sich heute in dieser Disziplin – auf eine Frage von mir, die auf Anregung eines Arztes zustande kam, also vom Fach kommt:
VORS. WELTY: Dann eine Onlinefrage von Boris Reitschuster. Er sagt, es gebe Informationen, wonach die Voreinstellung „positiv getestet“ etc. für die Gesundheitsämter bei der Erfassung der Patienten auf „ungeimpft“ eingestellt sei. Stimmt das?
KAUTZ: Das ist mir nicht bekannt.
Auch mit meiner zweiten Frage an Hanno Kautz hatte ich nicht mehr Glück:
VORS. WELTY: Boris Reitschuster möchte wissen: Haben Sie Schätzungen, wie viele medizinische Mitarbeiter wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ihre Arbeit aufgeben werden? Wenn nein, warum wurden solche Schätzungen nicht angefertigt?
KAUTZ: Uns ist nicht bekannt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im größeren Stil die Pflegeheime verlassen hätten.
Die Frage wird einfach nicht beantwortet.
Auch das Verteidigungsministerium zeigte sich wortkarg:
VORSITZENDE WELTY: Auch diese Frage kommt von Boris Reitschuster: Wie viele Mitarbeiter der Bundeswehr haben eine COVID-Impfung abgelehnt, absolut und prozentual? Wie geht die Bundeswehr mit diesen Mitarbeitern weiter um?
COLLATZ (Sprecher des Verteidigungsministeriums): Dazu gab es umfangreiche Informationen, auch bereits von dieser Stelle aus. Es ist ja erst seit wenigen Tagen so, also seit Ende November, dass die Duldungspflicht in der Bundeswehr umfänglich eingeführt wurde. Es gibt noch keine vollständige Datenerhebung darüber, wo es zu Problemen kommt. Dazu müsste ich dann dementsprechend etwas nachliefern.
Hinsichtlich des möglichen disziplinarischen Geschehens für eine eventuelle Verweigerung verweise ich auch auf unsere Online-Seiten. Das wird dort gut dargestellt.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Regierung stößt mit dem geradezu demonstrativen Nicht-Beantworten von Fragen ihre Kritiker und Skeptiker vor den Kopf. Und wundert sich dann, wenn diese auf Telegram ausweichen. Als Reaktion will die Regierung den Messengerdienst an die Kandare nehmen. Das ist in etwa so, wie wenn man die Post einschränken will, weil über ihren Dienst auch böse Briefe versandt werden.
Ein unschöner Umgang mit kritischen Fragen ist für Scholz-Sprecher Hebestreit, der früher selbst im Vorstand der Bundespressekonferenz saß und seine journalistische Karriere unter anderem bei der schwer linkslastigen »Frankfurter Rundschau« begann, nicht ganz neu. Sehen Sie hier, wie er früher – er war zuvor Sprecher des Finanzministeriums – mit kritischen Fragen umgeht:
Bild: Screenshot BPK/Ekaterina Quehl
Text: br
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