Landkreis Düren verbietet Blumen und Kränze auf Soldatenfriedhöfen Trauern nur noch mit Ausnahmegenehmigung

Von Kai Rebmann

Der Rechtsanwalt Dr. Ingve Björn Stjerna führt seit Ende 2022 einen Kampf gegen die Windmühlen der deutschen Justiz. Stein des Anstoßes: Im vergangenen September trat im Landkreis Düren (NRW) eine neue Friedhofsordnung in Kraft, die „Kränze oder Blumen, Vasen oder andere Zeichen der Trauerbekundungen“ auf den Soldatenfriedhöfen in Hürtgenwald und Vossenack verbietet. Wer „vorsätzlich oder fahrlässig“ gegen dieses Verbot verstößt, begeht demnach eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld in nicht genannter Höhe sanktioniert werden kann.

Dass es die Behörden mit dieser Anordnung durchaus ernst meinen, wurde schon wenige Wochen später klar. Am Volkstrauertag wurden an beiden Orten entsprechende Trauerbekundungen zum Ausdruck gebracht, abgelegte Blumen oder Kränze wurden im Einklang mit der neuen Friedhofsordnung vernichtet – sofern sich die Trauernden nicht zuvor eine Ausnahmegenehmigung haben erteilen lassen.

Stjerna sieht in der neugefassten Friedhofsordnung einen Verstoß sowohl gegen das bundesweit gültige Gräbergesetz als auch – und noch viel wichtiger – das Grundgesetz. Deshalb zog der Anwalt mit Eilanträgen sowohl vor das Verwaltungsgericht Aachen als auch in nächster Instanz vor das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen. In beiden Fällen zog der Kläger jeweils den Kürzeren.

Eingriffe in Grundrechte von ‚allenfalls geringer Intensität‘

Die letzten Ruhestätten von gefallenen Soldaten sind „Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.“ Solchen sei „in besonderer Weise zu gedenken und für zukünftige Generationen die Erinnerung daran wachzuhalten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben.“ So steht es wohl nicht ganz zufällig gleich in den ersten beiden Absätzen von Paragraf 1 des Gräbergesetzes.

Wie passt es dann zusammen, dass der Landkreis Düren ausgerechnet diese Passagen aus der neuen Friedhofsordnung gestrichen, dafür aber das Ablegen von Blumen und Kränzen verboten hat? Diese Frage stellte sich auch Stjerna, weshalb er dagegen per Eilantrag klagte, um nicht erst den Ausgang des Hauptverfahrens abwarten zu müssen, da sich dieses über mehrere Jahre hinziehen kann.

Der Anwalt rügte, dass es der Friedhofsordnung an einer „tauglichen Rechtsgrundlage“ fehle und verwies darüber hinaus auf die oben genannten Bestimmungen des Gräbergesetzes. Weiter machte der Kläger eine Verletzung seines Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie Eingriffe in die Meinungsfreiheit, des Eigentums und die allgemeine Handlungsfreiheit geltend.

Bemerkenswert: Weder die erste noch die zweite Instanz scheinen sich bei ihren Beschlüssen inhaltlich mit den dargelegten Einwänden auseinandergesetzt zu haben. Stattdessen wurde jeweils auf die in der Friedhofsordnung vorgesehene Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung verwiesen. Zudem hätten die vorgetragenen Grundrechtsverletzungen – sofern sie denn bestehen – eine nur „geringe, für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens hinzunehmende Eingriffsintensität.“

Nicht zuletzt fehle beim Antragsteller ein „besonderer individueller Bezug“ zu den Soldatenfriedhöfen, da eine „verwandtschaftliche oder sonstige individuelle Verbundenheit zu den dort bestatteten Verstorbenen“ nicht ersichtlich sei. Und was den Kläger betreffe, so könne dieser seiner verstorbenen Familienmitglieder unverändert an deren Gräbern gedenken.

Mit anderen Worten: Um gefallene Soldaten darf in Hürtgenwald und Vossenack offenbar nur trauern, wer zu diesen ein verwandtschaftliches Verhältnis nachweisen kann. Stjerna stellt deshalb die rhetorische Frage, was die Leute machen sollen, deren Angehörige im Ausland gefallen sind und dort bestattet wurden: „Müssen sie ins Ausland reisen, um ihrer toten Angehörigen durch Ablage einer Kerze gedenken zu können?“

Schützen Gerichte nur noch die „richtigen“ Grundrechte?

Gegenüber reitschuster.de gibt Stjerna zu Protokoll, dass er selbst regelmäßiger Besucher der besagten Soldatenfriedhöfe sei. Angehörige lägen dort zwar nicht begraben, dennoch habe seine Familie „auf den verschiedenen Schauplätzen des Zweiten Weltkriegs (Normandie, Südeifel, Polen und Österreich) vier Männer verloren.“ Ein Großvater sei „mit schwersten Gesichtsverletzungen“ aus Russland zurückgekommen, die ihn für den Rest seines Lebens gezeichnet und beeinträchtigt hätten. Dass die Gerichte sich nun anmaßten, ihm zu sagen, wie und wo er zu trauern habe, hält der Anwalt deshalb für „ein starkes Stück“.

Den Gerichten wirft Stjerna vor, durch den Verweis auf das Hauptsacheverfahren eine eigene „Befassung mit den aufgeworfenen rechtlichen Fragen“ umgehen zu wollen. Für den Kläger habe dies zur Folge, dass er mitunter „über mehrere Jahre gegen den beklagten Zustand“ prozessieren muss und ihn währenddessen hinzunehmen hat.

Dies sowie die aus seiner Sicht in weiten Teilen lapidare Begründung der Beschlüsse wecken in dem Anwalt ungute Erinnerungen an die Corona-Zeit, als sich deutsche Gerichte ebenfalls als zahnlose Tiger, wenn nicht sogar juristische Vollstrecker der Regierungen zeigten. Der Jurist kommentiert das wie folgt: „Gerichtlich gewährleistet wird offenbar mitunter nur noch ein Gebrauch grundrechtlich geschützter Rechte, den das erkennende Gericht selbst als politisch-ideologisch opportun und legitim ansieht, was mit grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen unvereinbar ist.“

Das bereits während der Zeit der Corona-Maßnahmen stark strapazierte Vertrauen der Bevölkerung in die Zuverlässigkeit des Rechtsstaates werde so „weiter unterminiert“. Damit sägen „Teile der Judikative“, so das Fazit Stjernas, jedoch an dem Ast, auf dem sie selbst sitzen.

P.S.: Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Juni 2023 ist rechtskräftig, so dass dagegen jetzt nur noch Verfassungsbeschwerde eingelegt werden kann. Ob Stjerna diesen Weg gehen wird, ließ er zunächst noch offen.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Screenshot Youtube-Video Faz

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