Correctiv darf lügen – sagt das Landgericht Hamburg Richter schützen Fake – Hauptsache, die Richtung stimmt

Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, an dem mein Restvertrauen in unseren Rechtsstaat dahinschmolz wie ein Schneehaufen unter der Aprilsonne. In einem Hetzbeitrag gegen mich hatte die „Süddeutsche Zeitung“ 2021 behauptet, ich hätte ein Gespräch auf der Bundespressekonferenz gefilmt – mit dem Handy. So sollte der Eindruck vermittelt werden, ich hätte quasi eine vertrauliche Besprechung aufgezeichnet. Anhand der Handydaten konnte ich aber nachweisen, dass dies nicht der Fall war – und ich nur Fotos machte, also keinerlei Tonaufnahmen.

Das Landgericht (LG) Köln und das Oberlandesgericht (OLG) fanden jedoch, ich müsse diese Unwahrheit im Artikel hinnehmen. Es sei eine „wertneutrale Falschbehauptung“. Die Begründung des OLG war – wie zuvor schon die des LG – derart atemberaubend, dass selbst mein Anwalt sprachlos war. Und das will etwas heißen. Ich bringe sie unten im PS, weil ich sie Ihnen hier nicht zumuten will. Die Hintergründe dazu finden Sie in meinem Buch „Meine Vertreibung“ (siehe hier).

An diese unfassbare Geschichte musste ich zurückdenken, als ich heute auf dem renommierten Juraportal „lto.de“ eine Geschichte las mit der Überschrift: „Correctiv gewinnt vor Landgericht Hamburg: Urteil aus dem Paral­lel­u­ni­versum“. Die Entscheidung ist genauso unfassbar wie in meinem Fall. In dem Bericht heißt es dazu: „Das Landgericht Hamburg hat entschieden: Correctiv darf schreiben, es habe in Potsdam einen ,Masterplan’ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger gegeben. Nicht etwa, weil es einen solchen Plan tatsächlich gab oder er besprochen wurde – beides ist unstreitig nicht der Fall. Sondern weil das Gericht meint, Leser würden ‚erkennen‘, dass die Passage keine Tatsachenschilderung, sondern lediglich eine wertende und zulässige Meinungsäußerung sei.“

Kopp Vertreibung 2

Der Chefredakteur von „lto.de“, der Rechtsanwalt Felix Zimmermann, kommentiert das wie folgt: „Diese Begründung ist nichts anderes als eine vorsätzliche Realitätsverweigerung. Denn das Gegenteil ist erwiesen: Zahlreiche Menschen und Medien haben gerade nicht ‚erkannt‘, dass es sich um eine Meinungsäußerung handeln soll. Die Liste ist lang: ARD, ZDF, t-online, SPIEGEL, taz, der Verfassungsblog, prominente Anwälte – auch LTO. Alle diese Medien haben die Aussage zum Ausweisungsplan im Correctiv-Bericht offenbar als ‚Tatsache‘ verstanden, als sie schrieben, dass in Potsdam über die Ausweisung deutscher Staatsbürger gesprochen worden sei bzw. diese geplant gewesen sei oder Ähnliches.“

Weil dies aber eben nicht der Fall war, kassierten einige dieser Medien Niederlagen vor Gericht, wie Zimmermann völlig korrekt ausführt: „Jüngst hat auch noch das Haus der Geschichte in Bonn den Bericht so wiedergegeben. Und selbst das eigene Correctiv-Theaterstück geht ausdrücklich davon aus, dass Ausweisungen deutscher Staatsbürger als zentraler Erkenntnisgewinn der Reportage beim Leser hängen bleiben (‚Hä, aber ich dachte darum ging’s doch?!‘).“

Die Schlussfolgerung von Zimmermann: „Das Landgericht Hamburg hätte sich daher eine einfache, offenbar aber unbequeme Frage stellen müssen: Wie konnte es zu diesem massenhaften Verständnis kommen? Das Gericht verweigert jede ernsthafte Auseinandersetzung damit.“

Zimmermann zerlegt das Urteil nach Strich und Faden. Er demontiert es so gründlich, dass man sich fragt, ob die Hamburger Richter ihre eigenen Ausführungen je selbst gelesen haben. Wer juristische Details liebt, kann sich an Zimmermanns Text auf „lto.de“ sattlesen – ich will sie Ihnen hier ersparen.

Stattdessen möchte ich auf einen Aspekt hinweisen, der besonders brisant ist: Dass mit Zimmermann ausgerechnet jemand, der Correctiv verteidigt, dieses Urteil zerlegt. Das macht seine Kritik doppelt glaubwürdig. Denn Zimmermann steht politisch nicht auf Seite der Regierungskritiker – im Gegenteil. Am Ende seines Kommentars distanziert er sich ausdrücklich von „rechtspopulistischen Medien“ – also von uns hier. Er beklagt sogar, dass Urteile wie dieses genau solchen (wie uns) „in die Hände spielen“.

Man kann das als Angriff werten und so ist es auch gemeint. Aber ich sehe als unfreiwilligen Ritterschlag – der Zimmermanns Kritik an den Richtern umso wertvoller macht. Wenn ein Correctiv-freundlicher Jurist ein Urteil zugunsten von Correctiv als „Realitätsverweigerung“ entlarvt – dann müsste es eigentlich knallen. In einem gesunden Rechtsstaat, in einer gesunden Demokratie, in einer gesunden Medienlandschaft. Aber wir leben in Deutschland im Jahr 2025.

Was Zimmermann beschreibt, ist nichts Geringeres als ein Grundsatzversagen. Ein Gericht, das nicht fragt, wie Aussagen tatsächlich wirken – sondern wie sie idealerweise verstanden werden sollten, macht sich zur Instanz moralischer Wunschprojektionen. Zimmermann nennt das treffend: Sollen statt Sein.

Und genau das öffnet wirklicher Desinformation – und nicht dem, was unser polit-medialer Prozess als solche diffamiert – Tür und Tor. Wenn eine irreführende Behauptung – wie der „Masterplan zur Ausweisung“ – rückwirkend als bloße „Meinung“ durchgeht, obwohl sie massenhaft als Tatsache wahrgenommen wurde, bricht das Prinzip der Aufklärung. Im neuen Presserecht zählt nicht die Wahrheit, sondern die Suggestion.

Genauso empörend wie der Fakt, dass Correctiv absichtlich einen Eindruck erweckt, den es später bestreitet, ist es, dass ein Gericht diesen Propaganda-Trick durchwinkt – unter Berufung auf ein angebliches „öffentliches Interesse“. Dabei geht es den Richtern ganz offensichtlich nicht im Geringsten um die Frage, was wirklich geschah, was diskutiert wurde. Sondern es geht ihnen darum, eine üble Agitprop-Erfindung im Nachhinein zur „zulässigen Meinung“ zu erklären.

Ob bei Correctiv oder bei der Süddeutschen in meinem Fall – die fatale Logik ist dieselbe: Hauptsache, man hat es richtig gemeint – und zwar richtig im Sinne der vorherrschenden Ideologie. Die Realität? Egal.

Dass man für diesen Befund dann von Correctiv-freundlichen Juristen als „rechtspopulistisches Medium“ abgestempelt wird, ist fast schon ein Ehrenabzeichen. Denn selbst Zimmermann – so sehr er sich bemüht, sich von uns abzugrenzen – kommt nicht umhin, das Urteil als das zu bezeichnen, was es ist: ein juristischer Totalschaden – im Tarnmantel der Rechtsstaatlichkeit.

Neudeutsche Debattenkultur

Willkommen im „besten Deutschland aller Zeiten“: Am Ende zählt nicht mehr, was war – sondern, wer es erzählt. Und mit welcher Haltung. Je nachdem wird aus einer Lüge eine zulässige Meinung – oder aus einer Meinung ein Straftatbestand. Das nennt man dann: Debattenkultur.

Früher sagte man: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Heute trifft es besser: „Vor Gericht ist man oft in der Hand rot-grüner Ideologen.“ Die Wahrheit hat in vielen Urteilen keinen Platz mehr. Aber dafür gibt es jede Menge Raum für wohlmeinende Irreführung – solange sie im richtigen Gewand daherkommt.

Die „Süddeutsche“ wusste das. Correctiv auch. Und Hamburg hat’s jetzt amtlich gemacht. Und das Beste daran: Alles natürlich im Namen der „Demokratie“.

Unsere Justiz agiert offenbar – wieder – nach einem Motto, das mir einst ein früherer russischer Generalstaatsanwalt in Moskau sagte, mehr resigniert als ironisch: „Das Gesetz ist wie eine Deichsel – wohin man sie dreht, dahin fährt der Wagen.“

Er meinte das nicht als Witz. Er meinte: So läuft es eben. Und wenn ich mir manche Urteile hierzulande ansehe, frage ich mich immer öfter: War der russische Zynismus am Ende nur die ehrlichere Variante – von dem, was bei uns längst Realität ist, aber als „Haltung“ schöngeredet wird?

P.S.: Hier wie versprochen die Begründung des OLK Köln dafür, dass ich die Unwahrheit in dem Artikel der Süddeutschen hinnehmen muss: „„Teilweise entgegen den Ausführungen des Landgerichts, im Ergebnis aber ähnlich, geht es bei der unzutreffenden Angabe, der Antragsteller habe „(gefilmt (statt „nur“ fotografiert) nach Auffassung des Senats jedenfalls im fraglichen Kontext tatsächlich nur um eine sog. wertneutrale Falschbehauptung. Der Senat verkennt dabei ausdrücklich nicht, dass es sich bei dieser äußerungsrechtlichen Rechtsfigur im Zweifel um nicht zu weit zu verstehende Einzelfallausnahmen handelt, bei denen die Unwahrheit keine greifbare persönlichkeitsrechtliche Relevanz hat.“

Mit anderen Worten: Eine glatte Falschbehauptung, die den Eindruck erweckt, ich hätte heimlich Gespräche aufgezeichnet, ist aus Sicht des Gerichts „wertneutral“. Man könnte auch sagen: falsch, aber erlaubt – wenn’s gegen die richtigen Leute geht.

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