Regierungsberater fordern Zerschlagung der Deutschen Bahn Vorbild Spanien

Von Kai Rebmann

Der pünktlichste Bahnhof Deutschlands steht in Konstanz. Im Jahr 2022 kamen am Bodensee stolze 96,4 Prozent der Fernzüge zur im Fahrplan ausgewiesenen Uhrzeit an. Das geht aus einer europaweiten Erhebung des Portals „Zugfinder“ hervor und ist alles andere als Zufall. Denn in Konstanz kommen vergleichsweise viele Züge aus der Schweiz an, dem mit einer Quote von 96,3 Prozent pünktlichsten Bahn-Land Europas. Am anderen Ende der Tabelle steht – man ahnt es wohl – die Deutsche Bahn mit 65,6 Prozent.

Aber auch in anderen Kategorien wie etwa dem Zustand des Streckennetzes, der Verfügbarkeit von Internet in Zügen und Bahnhöfen oder der Preisgestaltung schneidet die Deutsche Bahn alles andere als gut ab. Hinzu kommen selbst für Insider kaum noch zu durchschauende Strukturen. Das Unternehmen ist ein einziger Dschungel aus rund 740 Beteiligungen und Tochtergesellschaften, der dringend entflochten gehört. Diese Forderung ist Teil eines Positionspapiers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die sich für eine Zerschlagung und vollständige Neuaufstellung des Konzerns ausspricht.

Unterstützung kommt von der Monopolkommission

Nachdem sich zuletzt auch schon der Bundesrechnungshof und die Gewerkschaft der Lokführer in eine ähnliche Richtung geäußert hatten, bekommt der Vorschlag der Union jetzt auch die Unterstützung der Monopolkommission. Das Gremium berät die Bundesregierung, die mit dem derzeitigen Erscheinungsbild der Deutschen Bahn zwar auch alles andere als glücklich ist, jedoch nur eine Reform im Kleinformat anstrebt. Nach Einschätzung der Ampel-Koalition ist es mit der Schaffung einer „gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft“ getan, die ab dem Jahr 2024 in die bisherigen Konzernstrukturen eingebettet werden soll.

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Ändern würde sich dadurch wohl genau gar nichts, außer dass noch mehr Köche den schon jetzt kaum bekömmlichen Brei verderben würden. Der beim Entwurf des Vorschlags des Oppositionsführers federführende CSU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange will lediglich noch das rollende Element bei der Deutschen Bahn belassen – sprich den Nah- und Fernverkehr sowie den Gütertransport – und den Rest in andere Hände geben. „Die Trennung von Netz und Betrieb wird sich auch positiv auf den Wettbewerb auswirken, da andere Anbieter als die Deutsche Bahn das Schienennetz stärker als bisher nutzen können“, ist Lange überzeugt.

Der wohl größte Vorteil für die Kunden wären deutlich sinkende Preise. Vom neu geschaffenen 49-Euro-Ticket werden wohl nur Menschen profitieren, die in Ballungszentren leben, während mehr Wettbewerb auf der Schiene den Marktgesetzen folgend auch auf den Fernstrecken zu attraktiveren Preisen führen dürfte. Und ob das 49-Euro-Ticket auch in der Praxis funktioniert oder es zu ähnlich chaotischen Zuständen wie beim 9-Euro-Ticket kommen wird, bleibt ohnehin noch abzuwarten.

Prof. Jürgen Kühling unterstützt den Vorschlag der Union. Gegenüber der SZ weist der Chef der Monopolkommission auf einen weiteren Vorteil der Auslagerung des Streckennetzes hin: „Am Ende werden wir ein Unternehmen haben, das nur daran interessiert ist, dass das Netz gut ausgelastet ist und gut funktioniert. Dann gibt es keine Anreize mehr, Wettbewerber auf dem Netz zu behindern.“ Der Experte nennt in diesem Zusammenhang Spanien als gutes Beispiel, wo beides – die Schaffung von mehr Wettbewerb und in der Folge deutlich sinkende Preise – gut funktioniert habe.

Union hat überfällige Reform der DB Holding verschlafen

Der Regierungsberater scheint aber auch ein geübter Diplomat zu sein. Jürgen Kühling wird sich der Tatsache sehr wohl bewusst sein, dass die Unterstützung des Unionsvorschlags durch die von ihm geleitete Monopolkommission auch die Ampel-Koalition zum Handeln zwingt. Daher beschränkt sich der Juraprofessor auf die Feststellung: „Wir bewerten nur die Vorschläge an sich, und dieser Vorschlag ist gut. Aber die Diskussion schwelt schon lange.“

Zwischen diesen Zeilen verbirgt sich eine nicht unberechtigt erscheinende Kritik an CDU und CSU. Schließlich war es die Union, die in der Vergangenheit regelmäßig den Bundesverkehrsminister gestellt hat und die jetzt geforderten Reformen längst hätte auf den Weg bringen können, wenn nicht sogar müssen. Aber wie so oft scheint auch hier zu gelten: Etwas aus der Opposition heraus zu fordern, scheint allen Parteien gleich welcher Couleur deutlich leichter zu fallen als dieselben Ideen in Regierungsverantwortung selbst anzupacken.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Petr Bonek/Shutterstock

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