Richter ruft Bürger zum Widerstand gegen Corona-Strafen auf "Horrorszenarien nicht eingetreten"

Beim Gedanken an Richter und Corona-Maßnahmen kommt den meisten Bürgern wohl in den Sinn, dass die Männer und Frauen in Roben Bußgelder gegen „Corona-Sünder“ verhängen oder bestätigen – etwa wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht, die Kontaktgebote oder die Abstandsregeln. Umso erstaunlicher ist, dass nun ausgerechnet ein Richter die Menschen in Deutschland dazu aufruft, sich gegen Corona-Bußgelder zu wehren! Sie sollten vor Gericht ziehen, wenn der Staat ihre Freiheiten auf „rechtswidrige Weise“ einschränke, so der Appell des Richters Thorsten Schleif.

Bei Verstößen gegen die Corona-Regeln drohen je nach Bundesland bis zu 25.000 Euro Bußgeld. Immer mehr Menschen wehren sich dagegen und ziehen gegen die Strafen vor Gericht, wie Focus Online (FOL) berichtet. In Berlin und München gab es demnach in den ersten beiden Monaten 2021 schon fast so viele Fälle wie im ganzen Jahr 2020. Die Plattform spricht von einer „Einspruchs- und Klageflut im Zusammenhang mit den Infektionsschutzmaßnahmen“, die sich auf den Justizbetrieb auswirke.

Im Gespräch mit FOL sagte der 41-jährige Amtsrichter Thorsten Schleif aus Dinslaken in Nordrhein-Westfalen: „Jeder Bürger hat das garantierte Recht, die Gerichte anzurufen, wenn seine durch das Grundgesetz geschützten Freiheiten – mitunter in offensichtlich rechtswidriger Weise – durch die öffentliche Gewalt eingeschränkt werden. Nach Ansicht des Juristen ist es beachtlich, mit welcher Ruhe die Bürger während der Pandemie „die vielen und großen Verfehlungen aller drei Staatsgewalten ertragen, die der Regierung und der Parlamente ebenso wie die der Gerichte.“ Weiter sagte Schleif dem Portal: „Viele scheinen vergessen zu haben, dass der Bürger der alleinige Souverän dieses Landes ist. Regierung, Gesetzgebung und Rechtsprechung sind nur die Diener dieses Souveräns.“

Er sei für die konsequente Anwendung des Strafrechts gegenüber Straftätern, sagte Schleif FOL. Es falle ihm jedoch „sehr schwer“, ein Pärchen mit einem Räuber gleichzusetzen, nur weil es sein Eis weniger als 50 Meter von der Eisdiele entfernt gegessen hat, was nach den Corona-Regeln illegal war. Der Richter kritisierte gegenüber dem Portal, „dass die handwerklich oft schlecht gemachten Bußgeldvorschriften ein Verhalten bestrafen, das bis zum Anfang des letzten Jahres ein fester Bestandteil unseres Lebens und unserer Kultur war und hoffentlich bald auch wieder sein wird.“ Dazu zählten Treffen mit Freunden und der Familie, gemeinsame Feiern – „oder eben Eis essen“.

Weiter sagte Schleif laut FOL: „Bei fahrlässigen, erstmaligen Verstößen bin ich als Betroffener gut beraten, mich gegen einen Bußgeldbescheid zur Wehr zu setzen“. Damit ermuntert der Richter regelrecht zum Widerstand gegen Zahlungsaufforderungen der Ämter. „Viele Menschen sind sich doch gar nicht bewusst, dass sie gegen eine Corona-Auflage verstoßen haben, weil die Vorschriften so unverständlich und dilettantisch formuliert sind“, so der Jurist im Gespräch mit dem Portal: „Deshalb stellen Amtsrichter derartige Bußgeldverfahren häufig ein.“

Schleif verwies auch darauf, dass die meisten Amtsrichter, die Bußgeldverfahren, also Ordnungswidrigkeiten, bearbeiten, nebenbei auch eine Strafabteilung führten. „Das bedeutet, sie verurteilen auch Schläger, Diebe und Betrüger. Doch selbst derartige Verfahren werden häufig eingestellt, wenn es sich um die erste Tat handelt und diese nicht allzu schwer wiegt“, so der 41-Jährige laut FOL. Damit sei es nur logisch, „dass ein Amtsrichter bei einem Verstoß gegen die Maskenpflicht oder das Abstandsgebot ebenfalls milde ist“.

Zu Beginn der Krise habe in der Rechtsprechung noch Angst vorgeherrscht, erläuterte Schleif laut FOL: „Deshalb sind viele Richter über das Ziel hinausgeschossen und haben oftmals voreilig Corona-Verordnungen mit den entsprechenden Bußgeldbestimmungen abgesegnet.“ Je länger die Krise aber andauere, desto mehr stellten auch die Richter fest, „dass viele der Horrorszenarien, die wir im Frühling des letzten Jahres noch befürchtet haben, nicht eintreten werden.“ Deshalb neigten sie jetzt viel eher dazu, so der Amtsrichter, „ein Corona-Bußgeldverfahren einzustellen oder jedenfalls das Bußgeld deutlich herabzusetzen“.


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Bild: Victor Moussa/Shutterstock
Text: br


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