Spahns Corona-Wortbruch Gerede von gestern?

Noch am 1. September hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Bottrop versichert: „Man würde mit dem Wissen von heute… keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht nochmal passieren.“ Aber genau das ist nun passiert. Auf der Bundespressekonferenz habe ich heute dazu den Sprecher von Spahn, Hanno Kautz, gefragt, warum der Minister sein Wort gebrochen habe. Und welche validen Zahlen dafür vorliegen, dass es im Einzelhandel zu vermehrten Ansteckungen komme und damit der Kurswechsel gerechtfertigt sei (siehe hier).

Kautz antwortete: „Der Minister hat sich wiederholt dazu geäußert, Herr Reitschuster. Er hat gesagt: Das Problem ist nach wie vor nicht die Infektion in den Läden, sondern der Weg zu den Läden. Ein Weihnachtseinkaufsgeschehen passt nicht zur aktuellen Pandemielage.“

Meine Nachfrage: „An dem Weg hat sich ja wohl nichts geändert und der Lockdown dauert ja auch über Weihnachten hinaus. Noch einmal die Frage: Welche validen Daten liegen vor, die das rechtfertigen?“

Darauf Kautz: „An den Zahlen hat sich aber etwas geändert, Herr Reitschuster. Wir verzeichnen momentan 400, 500 Todesfälle am Tag. Das war damals nicht der Fall. Wir haben gesehen, dass die Maßnahmen, die ergriffen wurden, zu einem Abflachen, aber nicht zu einem Sinken der Kurve geführt hat. Deswegen sind diese Entscheidungen gefallen.“

‘Anstieg der Intensivpatienten‘

Merkels Sprecher Steffen Seibert ergänzte die Antwort von Kautz auf meine Nachfrage: „Nehmen Sie doch einmal die sehr validen Aussagen von Menschen, die das qua Amt und qua Erfahrung am besten beurteilen können. Ich hörte zum Beispiel heute Morgen den Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Herrn Gaß. Er hat heute Morgen erst wieder darauf hingewiesen, dass sich erst mit einer Zeitverzögerung die Zahl der Neuinfektionen auf den Intensivstationen widerspiegelt, er also mit einem weiteren Anstieg der Intensivpatienten von dem jetzt schon hohen Maß auf 5.000 oder so ähnlich rechnet. Er ist wirklich nicht der Einzige der Fachleute, von den Menschen, die in den Intensivstationen, in den Krankenhäusern, arbeiten, die schon jetzt darauf hinweisen, dass das Personal dort an der Kapazitätsgrenze und an der Belastungsgrenze arbeitet.“

Belegung Intensivbetten im September und Dezember, Quelle: RKI/DIVI

Meine konkrete Frage war, welche validen Zahlen dafür vorliegen, dass es im Einzelhandel zu vermehrten Ansteckungen komme, und damit der Kurswechsel gerechtfertigt sei. Inwieweit diese mit den Aussagen von Spahns und Merkels Sprechern beantwortet wurde, können Sie selbst beurteilen.

Weiter fragte ich den Sprecher des Gesundheitsministeriums: „Ich hatte vergangene Woche Ihre Kollegen nach der Kritik an der Impfung dahingehend gefragt, dass nicht alle Vorarbeiten durchgeführt wurden. Ihre Kollegen sagten, alle Klinikstudien seien durchgeführt worden. Daraufhin bekam ich die Rückmeldung von Fachleuten, die seien verkürzt gewesen. Man habe eine kombinierte Phase 1/2 und eine verkürzte Phase 3 durchgeführt, keine Toxikologie, keine Immuntoxikologie, keine Prüfung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen, keine Prüfung auf Langzeitschäden und habe die Gentherapierichtlinie EMA/CAT/80183 auch nicht durchgeführt. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?“ (anzusehen hier).

‘Wir sind absolut zuversichtlich‘

Darauf Kautz: „Die Kritik kenne ich nicht, Herr Reitschuster. Wir machen hier auch keine Wissenschaftspressekonferenz. Ich kann Ihnen in der Tat nicht den Streit zwischen Wissenschaftlern auslegen. Das Zulassungsverfahren, das wir machen, entspricht voll und ganz den Auflagen der EMA. Wir sind absolut zuversichtlich, dass das gewissenhaft verfolgt wird.“

Meine Nachfrage: „Wenn es den Auflagen der EMA vollständig entspricht, dann heißt das auch, dass Toxikologie, Immuntoxikologie und all das gemacht worden ist?“

Kautz: „Herr Reitschuster, ich kann das, was Sie sagen, nicht nachvollziehen.“

Mein Zuruf: „Aber Sie können es ja nachreichen.“

Kautz: „Sie konfrontieren mich mit Aussagen von irgendwelchen Experten, die Sie noch nicht einmal benannt haben. Ich bin nicht bereit, das hier zu machen; zumal nicht auf dieser Bühne.“

Den Experten hatte ich in der vorletzten Bundespressekonferenz benannt und seine Kritik an der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auch auf meiner Seite veröffentlicht (nachzulesen hier).

Eine Notfallzulassung für eine Impfung in Deutschland an den europäischen Behörden vorbei schloss Kautz aus.

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Bild: Boris Reitschuster
Text: br

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