Spiegel TV an der Ostfront Der Kampf um die Freiheit im Wahlkampf

Von Annette Heinisch

“Ich bin weder rechts, noch bin ich links – eigentlich bin ich völlig normal.“ Das würden viele Bürger über sich sagen, konkret war es der Wirt des Schützenhof XXL im thüringischen Crock. Warum fühlt sich der Gastwirt zu solch einer Aussage, öffentlich auf Facebook verbreitet, genötigt? Nun ja: Spiegel TV war da. Und die Schilderungen, die daraufhin verbreitet wurden, gerieten alles andere als zutreffend (wie etwa hier).

Das im Folgenden Geschilderte geschah vor dem Hintergrund einer Wahlkampfveranstaltung der CDU, die Spiegel TV filmen wollte. Es war aber nicht irgendeine CDU-Wahlkampfveranstaltung, sondern die des größten Angstgegners der linken und grünen Parteien sowie vieler Medien, nämlich die Hans-Georg Maaßens.

Das zu stören, scheint offenbar erste Bürger- und Medienpflicht, und so wurden dann auch Mitglieder des Wahlkampfteams durch Spiegel TV bedrängt. Die CDU wollte nämlich nicht, dass Besucher der Veranstaltung ohne oder gegen ihren Willen gefilmt werden, sie sollten ohne Furcht zuhören und reden können. Vertreter der schreibenden Zunft konnten teilnehmen, Spiegel TV jedoch wurde gebeten, das Grundstück zu verlassen. Dies wurde von Spiegel TV als mangelndes Demokratieverständnis qualifiziert, was allerdings eher deren eigenes seltsames Demokratieverständnis offenbart.

Demokratie als eine Regierungsform, in welcher das Volk der Souverän ist und mit Mehrheit entscheidet, hat mit dem Recht auf Ausübung des Hausrechts rein gar nichts zu tun. Und dass in diesem Land jeder das Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat, müsste den betreffenden Journalisten eigentlich bekannt sein.

Ein sehr pünktlicher Neonazi

Damit aber nicht genug: Wie der Zufall es will, kommt „just in time“ während der Anwesenheit von Spiegel TV der als Neonazi bekannte Tommy Frenck um die Ecke und trinkt ein Bier in der Gaststube. Zur Veranstaltung der CDU im Biergarten der Gaststätte, an der neben Bürgern auch der Landrat und Unternehmer teilnehmen, wird er nicht zugelassen. Maaßen lehnt dies ab, der Wirt bittet Frenck daraufhin, zu gehen. Das geschieht auch, Frenck verlässt anstandslos die Gaststätte ganz offen durch die Tür. Anders, als Spiegel TV behauptet, wonach Frenck „die Veranstaltung durch den Nebenausgang“ verlässt.

Dass Frenck gar nicht auf der Veranstaltung von Maaßen war, wird von Spiegel TV nicht erwähnt. Es wird sogar der genau gegenteilige Eindruck erweckt, verstärkt durch die Fragen von Spiegel TV an Frenck, wie die Rede von Maaßen gewesen sei. Es ist schon merkwürdig, dass das Fernsehteam Frenck offenbar schon bei seiner Ankunft filmt, genau weiß, wer er ist, die Bedeutung des Auto-Kennzeichens erklärt, aber ihn zu diesem Zeitpunkt nicht befragt. Warum? Und wenn sie nicht wissen, warum er da ist, wieso vermutet Spiegel TV überhaupt, dass er nicht einfach nur zur Gaststätte fährt, um in Ruhe ein Bier zu trinken?

Tatsächlich wird anlasslos unterstellt, dass er zu Maaßen wollte. Genauso „Die Zeit“, die vom „eigens angereisten Rechtsextremisten Tommy Frenck“ spricht. Abgerundet wird dieses Meisterwerk des Journalismus durch die weit verbreitete Mitteilung, Frenck hätte eine Wahlempfehlung für Maaßen abgegeben. Dazu passt die Überschrift „Mission rechte Anbiederung“. In einer Kandidatenvorstellung am folgenden Tag, der Wahlarena in Suhl, wurde Maaßen natürlich genau darauf angesprochen, denn wer wollte schon die Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen, die „Nazi-Keule“ zu schwingen?

„Das ist mein bürgerliches Recht“

Welch wunderbar orchestriertes Vorgehen, eines greift ins andere, heraus kommt das Ergebnis, welches die politischen Gegner sich wünschen: Dämonisierung. Nur hat man dabei vergessen, dass es darüber hinaus auch Andere trifft, zum Beispiel den Wirt, der sich nunmehr als „rechter Haken“ tituliert sieht. Wahrscheinlich vergaß man es nicht, sondern sah es als notwendigen Kollateralschaden an, beruhigte sein schlechtes Gewissen mit „Selber schuld, was beherbergt er auch solche Gäste.“ Aber dieser Wirt nimmt es nicht so einfach hin, durchaus ähnlich wie die Bürger der vom Spiegel berühmt gemachten US-Kleinstadt Fergus Falls. Der Gastwirt ist ein aufrechter Bürger dieses Landes. In seinem Video sagt er:

„Wir haben keine rechtsradikale Gesinnung. Wir haben keine linksradikale Gesinnung. Wir haben keine linke Gesinnung. Wir sind Bürger der Bundesrepublik Deutschland, und zwar alle. Auf dem Fuße des Grundgesetzes. Und nichts anderes. Und ich verbitte mir wirklich jede Art von Bewertung oder Abstempelung meiner Person, die meiner Familie oder sonst irgendetwas. Und ich garantiere euch, sollte das jetzt hier weitergehen, werde ich entsprechende Maßnahmen ergreifen. Das ist keine Drohung. Das ist mein bürgerliches Recht. Und damit meine ich mein bürgerliches Recht, ich bezahle Steuern, wir leben hier, wir arbeiten hier und wir sorgen dafür, dass dieser Staat funktioniert.“

Richtig. Es ist unser Land, wir sorgen dafür, dass es funktioniert. Zumeist nicht, weil wir gut regiert werden, sondern obwohl wir oft grottenschlecht regiert werden. Die Flutkatastrophe im Ahrtal fällt einem sofort ein, aber es gibt viele Beispiele. Wo wäre denn der Staat in der Flüchtlingskrise ohne die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer gewesen, denen es überhaupt nur zu verdanken ist, dass die Krise bewältigt werden konnte? „Wir schaffen das“ – ja, Frau Kanzlerin, wir, die Bürger, schaffen eine Menge. Wir schaffen es sogar, viel von dem Unheil halbwegs in den Griff zu bekommen, das die Regierung anrichtet. Nur eben nicht alles.

Was „wir“ nicht schaffen, ist, gegen eine von oben geförderte Spaltung der Gesellschaft anzukommen. Oder wie ein Kommentator zu dem Video des Wirtes des Schützenhofes in Crock so zutreffend schrieb:

„Liebe Leute, hier ist ein Denken im Gange, was mit Demokratie wenig zu tun hat. Ein Gastronom muss Geld verdienen. Wenn er Räumlichkeiten für eine demokratische Partei zur Verfügung stellt, so ist das sein gutes Recht. Man muss die Partei nicht mögen, aber man muss sie tolerieren. Darf man jetzt einem Politiker / einer Politikerin kein Brötchen, keine Kleidung usw. mehr verkaufen, weil einem die Nase / Partei nicht passt? Wo bleibt die Gleichberechtigung / Meinungsfreiheit, die so oft eingefordert wird. Wir sollten gut abwägen, wo die Grenzen der Demokratie erreicht werden. Dazu ist Objektivität eine wichtige Voraussetzung, Ideologie ein schlechter Ratgeber.“

Wahre Worte. Es ist seltsam, dass gerade die, die so oft von Buntheit und Vielfalt schwadronieren, diese so selten akzeptieren.

Man zerstört Ansehen und wirtschaftliche Existenz

Das Unterdrücken „falscher Ansichten“ hat sich langsam eingeschlichen, nicht nur dieser Wirt ist vom finanziellen Ruin bedroht. Schon früher hatte es den Bürgerrechtler Michael Beleites getroffen, dessen Todsünde es war, dass er dazu riet, mit den Pegida-Anhängern das Gespräch zu suchen und deren Demonstrationen nicht als „Naziaufmärsche“ zu dämonisieren. Sein Befund lautete: „Im Kern handelt es sich nicht um ausländerfeindliche Vorurteile, sondern um eine tiefe Vertrauenskrise in die Wahrhaftigkeit von Politik und Medien insgesamt.“

Daraufhin folgten Presseartikel, die Beleites als „nach rechts abgedriftet“ bezeichneten und schließlich die „Auslistung“ der Produkte seines Gartenbauunternehmens “Blankensteiner Blumen“ aus der Dresdner VG Verbrauchergemeinschaft für umweltgerecht erzeugte Produkte eG, womit ihm der Vertriebsweg abgeschnitten wurde.

Kontaktschuld ist der neue, nur scheinbar moralische Impetus. Gestern noch gefeierter Bürgerrechter, heute schon ein Ausgestoßener. Oder, um Beleites zu zitieren: „Einst wurden Bürgerrechtler dafür gefeiert, dass sie mit allen Seiten reden. Heute brauchen wir wieder solche Vermittler.“

Aber statt mit allen zu reden, den Standpunkt des Andersdenkenden kennenzulernen und zu verstehen, um sich darüber überhaupt ein Urteil erlauben zu können, werden Andersdenkende vernichtet. Nicht physisch, nein. Heute geht man subtiler vor – man zerstört deren Ansehen und deren wirtschaftliche Existenz. Aber es bleibt Vernichtung. Audiatur et altera pars, also der Grundsatz, dass man auch die andere Seite höre, wird ad absurdum geführt. Allein schon die Diffamierung sorgt dafür, dass diese nicht wirklich gehört wird, und die Vernichtung des Ansehens und der Existenz sorgt dafür, dass Angst den Mund ganz verschließt.

Nun stehen die Bürger vor der Wahl, in welche Richtung es gehen soll. Halten sie diesen Weg, den so viele aus der DDR noch kennen, für richtig und gut? Oder sind sie Bürger mit Rückgrat, die für ihre bürgerlichen Rechte und Freiheiten kämpfen? Denn Freiheit gibt es nicht umsonst, sie muss erkämpft werden, immer wieder neu. Und so manches Mal in der Geschichte war der Geächtete von heute der Held von morgen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Annette Heinisch. Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig. Dieser Beitrag erschien zuerst auf Achgut.com.

Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: Gast

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