Von Alexander Wallasch
Der Journalist Stefan Aust ist mit seiner Kritik am Corona-Management der Regierung alles andere als zurückhaltend. Gerade gab er Welt-Online ein Interview unter der Schlagzeile: „Der Obrigkeitsstaat bringt sich wirklich komödiantisch unangenehm ein.“
Die Krankheitserscheinungen bei Corona seien, so startet Aust im Klartext, trotz hoher Infektionen gering oder fast nicht vorhanden: „Das ist ja im Grunde nicht anders, wenn man in die Kliniken sieht und tatsächlich Erkrankte sieht, das ist ja auch nicht anders als früher mit der Grippe, und die hat es immer gegeben.“
Und jene, die sterben, so der Journalist weiter, würden ja meistens nicht an einer Corona-Infektion sterben, sondern an den Infektionen, die noch obendrauf kämen im Krankenhaus.
Für Stefan Aust jedenfalls ist der lauterbachsche Daueralarmzustand gelaufen:
„Ich glaube, man muss sich langsam mal wieder mit der normalen Welt irgendwie abfinden, und man muss sehen: Das Leben hat ein Risiko, es endet im Durchschnitt tödlich für uns alle. Und ich glaube, man muss aus diesem Panikmodus dringend wieder raus.“
Aust wird interviewt von einer Kollegin. Die will wissen, was er glaubt, warum Deutschland so besonders vorsichtig agiert in Sachen Corona. Antwort: „Ich glaube, das liegt vielleicht in der Natur dieses Landes, dass man ständig auf Bürokratie hört – ‚German Angst‘ -, dass man sich ständig vor allen möglichen Dingen fürchtet. (…) Und irgendwie reden sich die Leute selbst in so eine Hysterie rein. Das macht ja nur noch so wenig Sinn.“
Aust bringt ein Beispiel aus seinem Privatleben. Er fährt relativ häufig im ICE von Hamburg nach Berlin und umgekehrt. „Und was ich großartig finde“, so erzählt er, „während der Corona-Zeit haben sie die Zugfolge praktisch verdoppelt für bestimmte Tageszeiten. Da fährt alle halbe Stunde ein Zug. Die Züge sind leer. Dann sitzt man in der ersten Klasse alleine im Waggon – wunderbar – und dann muss man eine Maske tragen. Und dann passt man immer auf, darf ich mal einen Schluck Wasser trinken, hoffentlich kommt der Schaffner jetzt nicht, der jetzt sieht, dass ich die Maske gerade nicht aufhabe. Der Obrigkeitsstaat bringt sich da wirklich geradezu komödiantisch unangenehm ein.“
Die Maske sei doch lange der einzige Schutz gewesen, wirft die Interviewerin ein. Und Aust erwidert ihr: „Angeblich hatten wir ja sogar Impfungen, die wirken sollten. Und die haben sich ja auch nicht als so wirkungsvoll herausgestellt, wie es am Anfang hieß“, so Aust weiter.
Die Interviewerin interveniert, immerhin würden die Impfungen ja gegen schwere Erkrankungen helfen. Aust erwidert fast kalt: „Wir wollen hoffen, dass es so ist.“ Denn ursprünglich sei es doch so gewesen, „du wirst geimpft und bist dann für dein Leben oder wenigstens für die nächsten Jahre irgendwie frei“. Heute sei es doch so, wo noch über Impfpflicht nachgedacht würde, „da wollen sie ja im Grunde genommen die Leute alle drei Monate impfen wie so ein TÜV“.
Aust verschärft seine Impfkritik weiter: „Und es kann mir auch keiner erzählen, dass diese Impfungen alle vollständig folgenlos sind. Das weiß man im Grunde so wenig.“
Die Interviewerin wird etwas nervös im Spagat zwischen dem „Welt“-Chef und einer nach zwei Jahren vielleicht verinnerlichten Corona-Alarmstimmung. Sie will von Aust wissen, ob jetzt einige Politiker Angst vor einem Machtverlust hätten.
Der antwortet: „Ich glaube, Politiker – nicht alle, aber sehr viele – haben eine Neigung zu einem autoritären Verhalten, indem sie nämlich durch Regeln, Gesetze, Verbote gleichzeitig natürlich das Land, die Menschen, alles retten wollen, alles ordnen wollen. Aber natürlich haben sie auch – will ich einfach mal unterstellen – ein Gefühl von ziemlich großer Macht, wenn sie darüber entscheiden können.“ „Und aus dieser Macht“, so Aust, „wollen sie sich ungern verabschieden, auch wenn sie ihre Position behalten dürfen.“
Die „Welt“-Interviewerin will vom Chef etwas zu Lauterbach hören. Aust liefert auch dazu: „Ich vermute mal, dass auch andere Leute solche Ein-Mann-Panik-Orchester haben, die ständig auf allen Instrumenten gleichzeitig trommeln. Und die es dann auch noch in die Position eines Ministers gebracht haben, auch nun wirklich in jede zweite Talkshow eingeladen werden und ihren Kram da von sich geben können, der auch nicht immer stimmt.“
Und weiter mit Blick auf Karl Lauterbach befindet der Journalist, das sei „eine ganz schreckliche Entwicklung, die wir in den letzten Monaten mitgemacht haben. Und ich glaube, den meisten Leuten geht das tierisch auf den Senkel“.
Die Interviewerin erinnert daran, dass Lauterbach dem Robert Koch-Institut gerade die Kompetenzen ein Stück weit entzogen hat. Für Stefan Aust ist das endlich mal eine richtige Entscheidung des neuen Gesundheitsministers.
Für den „Welt“-Herausgeber haben, die in das Pandemiegeschehen involvierten Wissenschaftler teilweise ihre Grenzen überschritten. Besonders schwierig findet er, dass dabei gar nicht so viel medizinisches Wissen zum Tragen kam. Sondern, dass aus bestimmten Daten immer Hochrechnungen gemacht wurden, „irgendwelche Zukunftsprognosen“. Und, so Aust, „die haben meistens nicht hingehauen“.
Man könne die Zukunft und die Wirklichkeit nicht so deuten, wie uns das manche Wissenschaftler erzählen wollten. Aust bewertet abschließend: „Ich glaube, da spielt eine ganze Menge Wichtigtuerei eine Rolle.“ Eine Reihe von Forderungen von namhaften Virologen erinnern Aust, so sagt er im Interview, sogar an Quacksalberei.
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Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“
Bild: 360b/Shutterstock
Text: wal
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