Die Nachrichtensendung „Wremja“ („Die Zeit“) im „Ersten Kanal“ in Russland ist seit Sowjetzeiten eine Institution; sie ist das, was in Deutschland die Tagesschau ist: Das wichtigste Nachrichtenformat im Land mit Millionen Zuschauern.
Am Montagabend waren plötzlich merkwürdige Geräusche im Studio zu hören, als Nachrichtensprecherin Jekaterina Andrejewa den nächsten Beitrag ankündigte – wie Moskau mit den westlichen Sanktionen umgehen will. Eine Frau kam mit einem großen Schild ins Bild, direkt hinter der Sprecherin, und hielt es vor die Kamera: „No war“, stand da, und weiter: „Stoppt diesen Krieg! Glaubt nicht an die Propaganda! Ihr werdet hier belogen! Russland against war“. Dazu rief sie: „Stoppt den Krieg!“. Ansehen können Sie sich die Szene hier
Die Regie blendete schnell einen Videobeitrag ein und schaltete den Studio-Ton ab. Bei der Frau soll es sich laut der Zeitung „Nowaja gaseta“ um die Redakteurin Marina Ovsyannikova handeln. Sie soll zwei kleine Kinder haben. Sie wurde sofort festgenommen.
Die staatlichen Medien dagegen melden, es habe sich um eine „Fremde“ gehandelt, die in das Studio eingedrungen sei. Wer die Sicherheitsmaßnahmen im Moskauer Fernsehzentrum kennt, muss das allerdings für sehr fragwürdig halten.
Die kremlkritische „Nowaja gaseta“ musste wegen der Militärzensur das Bild in ihrer Berichterstattung verpixeln und konnte auch den Inhalt nicht wiedergeben. Sie schreibt: In „der Sendung Wremja erschien ein Mädchen hinter dem Rücken der Moderatorin Jekaterina Andrejewa mit einem Plakat, dessen Inhalt wiederzugeben uns die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor und das Strafgesetzbuch verbieten. Nach unbestätigten Informationen handelt es sich um die Redakteurin Marina Ovsyannikova. Sie befindet sich derzeit in Haft.“
Bild: Screenshot/Erster Kanal/Russland
Text: br
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