Es ist unglaublich, und ich habe die Tragweite selbst nicht sofort erkannt: Das österreichische Gericht, das in einer Entscheidung den Umgang der österreichischen Bundesregierung mit dem PCR-Test zerlegte und damit die gesamte Corona-Politik in Frage stellte, hat damit auch – wohl ohne es zu ahnen – die Bundesregierung im fernen Berlin völlig entblößt. Denn was das Wiener Gericht der Regierung im eigenen Land vorwirft, ist genau der Punkt, zu dem ich sieben Mal in der Bundespressekonferenz nachhakte und nie eine Antwort bekam. Jetzt ist mir klar, warum – dank des Richterspruchs aus der Nachbarrepublik. Der bestätigt nämlich genau das, was ich bereits vermutete und worauf ich mit meinen Fragen abzielte: Dass die Bundesregierungen (in dem Fall in Österreich wie in Deutschland) gegen die Richtlinien der WHO verstoßen. Denkt man die Logikkette der österreichischen Richter zu Ende, erhärtet sich damit der Verdacht, dass unsere Corona-Politik rechtlich auf mehr als tönernen Füßen steht. Damit fügt sich alles wie ein Puzzle zusammen und das Wegducken der Regierung macht jetzt Sinn.
Meine Fragen richteten sich stets auf eine Informationsnotiz der WHO, die klare Richtlinien für PCR-Tests vorgibt. Etwa eine Wiederholung dieser Tests, wenn sie ohne Krankheitssymptome positiv ausfallen. Die Regierung blockt alle Fragen dazu ab; Ärzte berichteten, Tests würden bei uns in solchen Fällen nicht wiederholt. Damit ist klar: Die WHO-Vorgaben werden offenbar in Deutschland nicht eingehalten – daher auch das Schweigen der Regierung (nachzulesen hier). Und nicht nur Schweigen: Am Ende war in der Süddeutschen Zeitung eine ganze Seite Drei mit einem Hetzartikel gegen mich gefüllt, in welchem ich auch genau wegen der Nachfrage zu diesem Thema an Drosten und Spahn verleumdet wurde (siehe hier). Drosten spielte im Januar in der Bundespressekonferenz auf meine Frage hin die Informationsnotiz herunter und stellte sie als eine Art Verständnishilfe für Labore in Ländern mit schlechten Standards hin. Das österreichische Gericht sieht das, ebenso wie ich, nicht so. Es greift nun haargenau jene Informationsnotiz der WHO als Begründung für seine Entscheidung auf. Entscheidend ist diese Passage auf Seite 8 des Urteils aus Wien, (im Wortlaut können Sie das gesamte Urteil des Gerichts hier nachlesen):
Der Gesundheitsdienst der Stadt Wien verwendet darin die Wörter „Fallzahlen“, „Testergebnisse“, „Fallgeschehen“ sowie „Anzahl an Infektionen“. Dieses Durcheinanderwerfen der Begriffe wird einer wissenschaftlichen Beurteilung der Seuchenlage nicht gerecht. Für die WHO (WHO Information Notice for IVD Users 2020/05, Nucleic acid testing (NAT) technologies that use polymerase chain reaction (PCR) for detection of SARS-CoV-2, 20 January 2021) ausschlaggebend ist die Anzahl der Infektionen/Erkrankten und nicht der positiv Getesteten oder sonstiger „Fallzahlen“. Damit bleibt es schon damit offen, von welchen Zahlen die „Information“ ausgeht. Die „Information“ nimmt Bezug auf die Empfehlung der Corona-Kommission vom 21.1.2021. Es ist mangels Angaben nicht nachvollziehbar, ob die dieser Empfehlung zugrundeliegenden Zahlen nur jene Personen enthalten, die nach den Richtlinien der WHO zur Interpretation von PCR-Tests vom 20.01.2021 untersucht wurden. Konkret ist nicht ausgewiesen, welchen CT-Wert ein Testergebnis hatte, ob ein Getesteter ohne Symptome erneut getestet und anschließend klinisch untersucht wurde. Damit folgt die WHO dem Erfinder der PCR-Tests, … (es wird ein nicht ganz ausgeschriebener Youtube-Link angeführt, Anm. BR). Mutatis mutandis sagt er damit, dass ein PCR-Test nicht zur Diagnostik geeignet ist und daher für sich alleine nichts zur Krankheit oder einer Infektion eines Menschen aussagt.
Was das österreichische Gericht ausführt, gilt eins zu eins für Deutschland: Aufgrund des hartnäckigen Schweigens der Regierung liegt auch bei uns der Verdacht mehr als nahe, dass sich die Behörden nicht an die Vorgaben der WHO halten. Und damit würde ihr ganzes Argumentationsgebäude zusammenbrechen. In einer funktionierenden Politik- und Medienlandschaft würden die Nachrichten von dem Urteil in Wien und seinem Hintergrund platzen wie eine Bombe. Es wäre ein riesiges Thema, die Regierung müsste sich massiv rechtfertigen. In Deutschland wird das Thema bisher kaum aufgegriffen.
Im konkreten Fall in Österreich ging es um eine Klage der FPÖ. Ihr wurde Ende Januar eine Versammlung in Wien untersagt. Dagegen klagte die Partei vor dem Verwaltungsgericht Wien. Das gab ihr Recht. Die Richter übten massive Kritik an der Corona-Politik der österreichischen Bundesregierung (nachzulesen hier). Das Urteil hat die Geschäftszahl VGW-103/048/3227/2021-2. M.W. ist es noch nicht rechtskräftig, was aber seine Relevanz und vor allem Symbolkraft nicht einschränkt.
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Bild: Screenshot/Youtube/Phoenix
Text: red