Von Sönke Paulsen
Der Autor der besagten FAZ-Kolumne spricht von offensichtlichen Zusammenhängen mit dem Klimawandel. Dabei sieht er auf dem Foto gar nicht mehr so jung aus. Er müsste doch schon einiges an Wetter erlebt haben.
Warum versteigt er sich zu einer solchen „Augenschein-Validität“ ohne jede wissenschaftliche Gültigkeit?
Zwischen 1980 und 2016 haben sich in Deutschland nach dem Versicherungskonzern Münchener Rück die durch Extremwetter (Gewitter) verursachten Schäden von durchschnittlich rund 580 Mio. auf über 2 Mrd. Euro praktisch vervierfacht (Wikipedia Unwetter).
Liegt das an der objektiven Zunahme von Extremwetterereignissen?
Den Euro gibt es noch nicht so lange, aber der US-Dollar hat im gleichen Zeitraum drei Viertel seiner Kaufkraft verloren. Das bedeutet, dass man heute das Vierfache aufwenden muss, um einen gleichwertigen Schaden gegenüber 1980 zu beheben.
Schadensanstieg vielleicht ein monetäres Phänomen?
Wenn man bedenkt, dass die Werte, die in Deutschland zur Disposition stehen, seit 1980 zugenommen haben dürften, ist wirklich zu fragen, ob hier Belege für eine Häufung von Extremwetterereignissen vorliegen?
Die Münchener Rück behauptet das natürlich und wirbt gleichzeitig für ihre Versicherungen.
Seit 1980 hat auch die Bebauungsdichte in unserem Land zugenommen, was gerade von Umweltverbänden beklagt wird. Der Flächenverbrauch ist hier das große Thema.
Auch die höhere Bebauungsdichte spielt also in die Schadenshöhe bei Unwettern mit hinein.
Wie sieht es überhaupt mit den Extremwetterereignissen in Mitteleuropa statistisch aus?
Wikipedia bietet eine Liste der Wetterereignisse seit dem Jahr 500, die ziemlich umfangreich wirkt. Sie ist natürlich nicht vollständig, weil aus früheren Jahrhunderten eben nicht jedes Unwetter dokumentiert ist. Die großen und gravierenden Ereignisse sind uns aber bekannt. So entsteht zwangsläufig eine logarithmische Darstellung der Wetterereignisse, die bis in das einundzwanzigste Jahrhundert zuzunehmen scheinen.
Exponentielle Steigerung bei der Häufigkeit von Unwettern und logarithmischer Abfall bei der Schwere
Wenn man sich die Mühe macht, einzelne Extremwetterereignisse nach ihrem Schweregrad zu bewerten, entsteht ein Verdacht. Je näher wir an das heutige Datum kommen, desto häufiger werden Unwetter zu Extremwetterereignissen mit gravierenden Folgen. Dabei geht es heute eben nicht mehr darum, dass zehn- bis zwanzigtausend Menschen infolge schwerer Missernten verhungert sind, sondern, dass zehn bis zwanzig Ortschaften gravierende Schäden haben und über einhundert Menschen zu Opfern eines Ereignisses geworden sind. Schlimm, aber eine andere Größenordnung.
Das ist auch keinesfalls ein Indikator für die Schwere eines Wetterereignisses, sondern für dessen Kompatibilität mit der Landschaft, auf die das Wetter trifft.
Extremwinter mit starken Schneeverwehungen, die in früheren Jahrhunderten nur Randnotizen der Geschichte waren, beispielsweise als Napoleon die Grand Armée auf dem Rückzug aus Russland verlor. Heute trifft ein Extremwinter mit Schneeverwehungen auf eine empfindliche Infrastruktur, die dann wochenlang schwer gestört sein kann.
Wie auch immer. Der Versuch, Wetterereignisse in ihrer Häufung und ihrem Schweregrad zu klassifizieren, führt eben auch zu einem Verdacht. Die Wetterereignisse, die verzeichnet sind, werden zunehmend lokaler und schwächer. Ihre Auswirkungen für die Menschen sind weniger tödlich und dramatisch als vor Jahrhunderten. Zumindest, wenn man auf Mitteleuropa fokussiert.
Man kann die verzeichneten Ereignisse auch versuchen, zu „raten“ (engl.), also einzuschätzen. Ich habe das einmal versucht und drei Kriterien dafür genommen. Regionalität bzw. Überregionalität des Unwetters, Dauer der Wetterlage und Folgen für die Bewohner. Auf einer Skala von eins bis zehn nehmen die Schweregrade eher mit den Jahrhunderten ab als zu, nur die Frequenz steigt an, als unterläge sie einem Logarithmus.
Ein mathematisches Phänomen?
Wie auch immer.
Der Verdacht entsteht, dass die Fokussierung auf Unwetter eben zu mehr registrierten Fällen führt, die dann als Extremwetterereignisse betrachtet werden. Je frischer im Gedächtnis, desto extremer und häufiger erscheinen sie einem, weil die Schäden teilweise noch gar nicht behoben sind und die Opfer noch unter ihren traumatischen Erlebnissen leiden. Klar ist jedenfalls, dass es keine eindeutigen Kriterien gibt, was ein Extremwetterereignis ist.
Unsere neuronale Lernkurve und das Gedächtnis folgen aber nachweislich einer logarithmischen Funktion. Man müsste hier also auch über gedächtnispsychologische Phänomene sprechen.
Man muss die Frage, ob wir heute in Mitteleuropa mehr Unwetter haben als vor einem oder zwei Jahrhunderten, offen lassen.
Fragwürdig ist allerdings, daraus eine Klimatheorie abzuleiten, nach der die gemutmaßte Zunahme von Extremwetterereignissen klimabedingt sei.
Bei der Vielfalt der Wetterphänomene, die wir allein in Mitteleuropa haben, erscheint das abenteuerlich und man zweifelt an der Seriosität vieler wissenschaftlicher Publikationen, bzw. auch ihrer journalistischen Rezeption. Denn viele Klimawissenschaftler denken bewusst in Modellen und zeigen die Grenzen ihrer Modelle auch auf. Journalisten und Aktivisten vergessen dann allzu oft die gebotene Vorsicht bei der Interpretation solcher Modelle – seien sie historisch oder auf die Zukunft gerichtet.
Mit Klima wird derzeit Politik gemacht. Das beschädigt die Glaubwürdigkeit der Klimawissenschaftler inzwischen massiv!
Das Offensichtliche ist eben doch nicht so offensichtlich, wie es derzeit in den Medien dargestellt wird.
Darauf wollte ich hinweisen.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.
Bild: FOTOGRIN/ShutterstockText: Gast
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