Wer schweigt, stimmt zu – jetzt in Neuauflage Ein fiktives Gerichtsverfahren im "neuen Deutschland" von Faeser & Co.

Ein Gastbeitrag von Thilo Schneider

Es ist der erste Prozess dieser Art, deswegen ist der Gerichtssaal rappelvoll besetzt. Die Behördenleiterin des Landratsamts Oberkirchbiehl ist verfassungsfeindlicher Umtriebe angeklagt, denn sie hat auf Twitter den Satz „Ich wünsche mir Angela Merkel oder besser gleich Gerhard Schröder zurück“ gepostet. Natürlich lassen derartige Postings darauf schließen, dass die bisherige Beamtin nicht mehr auf dem Boden der bundesdeutschen Verfassung steht, weswegen sie in diesem ersten Prozess aufgrund des „Lex Faeser“ nun ihre Unschuld beweisen muss. Der Richter ist Ole Hübner-Brinckmann, aktives Mitglied der Grünen und Schatzmeister des Ortsverbands Oberkirchbiehl, also durchaus mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut, erst recht, seit er bei der Zulassung seines E-Autos sein Wunschkennzeichen nicht bekommen hat, obwohl er es schon drei Tage vorher reserviert hatte.

Nach der Verlesung der Personalien und der Anklage stellt Ole Hübner-Brinckmann seine erste Frage: „Angeklagte, wie haben Sie den Satz ‚Ich wünsche mir Angela Merkel oder besser gleich Gerhard Schröder zurück‘ konkret gemeint?“ Sie flüstert ihrem Anwalt etwas zu. Der antwortet an ihrer statt: „Meine Mandantin ist der Ansicht, dass die Politik unter Gerhard Schröder oder Angela Merkel besser war.“ Der Richter sieht ihn an: „Wir haben jetzt eine Koalition der Zeitwenwende, das dürfte Ihrer Mandantin bekannt sein. Insofern stellt eine derartige Delegitimierung durch Kritik den Verdacht nahe, dass Ihre Mandantin nicht mehr fest mit beiden Beinen in der Verfassung steht. Was war denn der Anlass für das Posting?“ Die Angeklagte flüstert ihrem Anwalt wieder etwas zu, der gibt zu Protokoll: „Anlass für das Posting war die Bemerkung eines anderen Posters, die Steuer- und Abgabenlast sei zu hoch und Inflation und Energiepreise ruinös und nicht mehr tragbar!“

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Der Richter wiegt den Kopf hin und her. „Energiepreise und Inflation sind dem Ukraine-Krieg und damit Wladimir Putin geschuldet. Die derzeitige Regierung des Wohlmeinens hat damit nichts zu tun und ihr sind auch die Hände gebunden. Was also befähigt Ihre Mandantin, derart politische Aussagen zu tätigen? Jemand, der solche Dinge schriftlich im öffentlichen Raum fixiert, an dessen Treue zur Verfassung und zu Regierung darf durchaus gezweifelt werden!“, stellt er erschüttert fest. „Hat Ihre Mandantin jemals AfD oder FDP oder CDU gewählt oder hat sie dies in naher Zukunft vor?“, fragt er harsch. Die Angeklagte reißt die Augen auf, ihr Rechtsanwalt winkt verärgert ab: „Das Wahlverhalten meiner Mandantin tut hier nichts zur Sache. Gemäß unserer Verfassung sind Wahlen nach wie vor geheim und unabhängig.“ „Das mag für normale Bürger gelten“, ätzt der Staatsanwalt dazwischen, „hier haben wir es aber mit einer Behördenbediensteten, einer Beamtin zu tun, hier gelten andere Regeln!“ „Hier gelten keine anderen …“, will der Rechtsanwalt von Frau Hübner-Brinckmann sagen, wird aber scharf vom Richter unterbrochen: „Sie sind ja ein schäbiger Lump! Hat ihre Mandantin oder hat sie nicht?“ Die Angeklagte flüstert ihrem Anwalt wieder etwas zu. „Einmal FDP, die Mandantin meint, das muss so um 2014 gewesen sein, sonst immer SPD.“ Der Staatsanwalt wirft die Hände zum Himmel. „Da! Ein Abgrund von Landesverrat“, ruft er in den Saal.

„Aber,“ fährt der Rechtsanwalt von Frau Hübner-Brinckmann fort, „es gibt auch Entlastendes: Schauen Sie mal auf die Facebook-Seite der Mandantin. Was sehen Sie unter den Einträgen zum Zeitpunkt der Messermorde in Würzburg oder dem Zeitpunkt, als der kleine Junge in Frankfurt vor einen Zug geschubst wurde?“ Die Beisitzer des Richters und der Gehilfe der Staatsanwaltschaft klicken sich eifrig durch das Facebookprofil der Angeklagten. Nach bangen fünf Minuten verkündet der Staatsanwalt: „Da steht ja gar nichts!“ Der Richter bestätigt mit Kopfnicken: „Nichts da!“

„Sehen Sie? Sehen Sie?“, hebt der Verteidiger triumphierend an, „Nichts da. Keine Kritik! Keine Stellungnahme! Kein ‚Das muss sich ändern!‘ Meine Mandantin steht also sehr wohl zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung!“ Der Staatsanwalt schüttelt den Kopf: „Das beweist nur, dass sich Ihre Mandantin nicht geäußert hat, was durchaus als Zustimmung gewertet werden kann!“ „Zustimmung wozu? Zu Morden?“, fragt der Verteidiger nach. „Nein, Zustimmung zu denen, die hierfür die Regierung verantwortlich gemacht haben“, legt der Staatsanwalt nach. „Das können Sie nicht beweisen“, ruft der Verteidiger von Frau Hübner-Brinckmann entsetzt. Jetzt fährt ihm aber der Richter in die Parade: „Der Herr Staatsanwalt muss auch nichts beweisen. Sie müssen beweisen, dass dem nicht so ist!“ „Habe ich doch, meine Mandantin hat nachweislich nichts dazu geschrieben!“, ruft der Verteidiger entsetzt und Frau Hübner-Brinckmann, 52 Jahre alt, geschieden und mit zwei volljährigen Söhnen beschenkt, schrumpelt in sich zusammen. „Wer schweigt, stimmt zu!“, wirft der Staatsanwalt fröhlich ein.

Und so kam es, dass Frau Hübner-Brinckmann wegen verfassungsfeindlicher Umtriebe und wegen Verlassens der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu Recht aus dem Staatsdienst entfernt wurde. Auch wurden ihr weitere Tätigkeiten, wie der Umgang mit Konserven und Schöpfkellen in Suppenküchen für Bedürftige untersagt. Man weiß nie, wozu sie diese Utensilien noch zu verwenden vermag.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thilo Schneider, Jahrgang 1966, freier Autor und Kabarettist im Nebenberuf, LKR-Mitglied seit 2021, FDP-Flüchtling und Gewinner diverser Poetry-Slams, lebt, liebt und leidet in der Nähe von Aschaffenburg. Weitere feministische Artikel von Thilo Schneider finden Sie unter www.politticker.de. In der Achgut-Edition ist folgendes Buch erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro. Dieser Beitrag ist zuerst auf the-germanz.de erschienen.

Bild: robert coolen/Shutterstock

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