Weshalb Rechtschreibung eben doch keine Glaubensfrage ist Genderstern vs. deutsche Grammatik

Von Kai Rebmann

Sachsen-Anhalt und Sachsen haben es bereits getan. Andere Bundesländer werden wohl oder übel bald nachziehen (müssen). Es geht um die sogenannte „Gendersprache“ bzw. deren Verbot in Schulen und Behörden. Fantasie-Satzzeichen wie Genderstern, Unterstrich oder Doppelpunkt sind (fast) so alt wie die deutsche Sprache selbst. Dass sie aber inmitten eines Wortes stehen können sollen, ist eine relativ neue Erfindung des woken Zeitgeistes.

Doch damit ist jetzt Schluss, zumindest in den Schulen in Sachsen-Anhalt. Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) will Genderstern und Co. aus allen Bildungseinrichtungen verbannen. Eine entsprechende Nutzung in Prüfungen müsste demnach konsequent als Fehler gewertet werden.

Ein Manifest voller Widersprüche

Die Autorin und Moderatorin Ninia LaGrande findet diese Entscheidung eigenen Angaben zufolge „amüsant“. In einem Gastbeitrag für RND wirft die Kolumnistin Feußner vor, dass diese „keine Lust mehr auf Gerechtigkeit“ habe. Amüsant findet LaGrande demnach, „dass ausgerechnet diejenigen, die gerne argumentieren, sie würden sich sprachlich nichts vorschreiben und sich nicht zur gendergerechten Sprache zwingen lassen, jetzt selbst vorschreiben, wie Schülerinnen, Schüler und ihre Lehrkräfte zu schreiben haben.“

Mein Lesetipp

Dabei verdreht die Autorin freilich die Tatsachen, und das offenbar ganz bewusst. Der gesamte Artikel liest sich wie eine einzige Anklage gegen eine vermeintliche Sprachpolizei, die die Leute mit Gewalt vom Gendern abhalten wolle. Wenn eine Mehrheit der Deutschen „keine geschlechtergerechte Sprache benutzen“ wolle, stellt LaGrande die Fakten schließlich doch noch trotzig fest, dann solle sie es eben lassen.

Falsch liegt die Kolumnistin dann wieder mit der Einschätzung, dass es „gerade die vermeintlichen Gegner des Sternchens“ seien, die dieses Thema immer wieder hervorholten. Dabei muss LaGrande selbst einräumen, dass sie immer, wenn sie mit eben solchen Dingen „um die Ecke“ komme, gefragt werde, ob es denn nichts Wichtigeres gebe.

Für die Mehrheit der Deutschen schon, für die RND-Gastautorin und ihre Mitstreiter offenbar nicht. Denn ganz am Ende lässt LaGrande erkennen, dass sie auch bei der sprachlichen Erziehung ihres Kindes nichts dem Zufall überlässt. Wenn sie beispielsweise – und natürlich fälschlicherweise – nur vom „Straßenbahnfahrer“ spreche, komme aus dem Kindesmund die vermeintliche Korrektur: „Oder Straßenbahnfahrerin, Mama.“

Das Kreuz mit der Grammatik

Es hat natürlich nichts mit angeblich fehlender Lust auf Gerechtigkeit zu tun, wenn eine Bildungsministerin dem Gendern in der Schule den Garaus macht. Eva Feußner folgt damit schlicht der verbindlichen Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung, dessen Mitglieder erst im Juli 2023 wieder betont haben, dass Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt innerhalb von Worten nichts verloren haben.

Da kann Ninia LaGrande zwar so tun, als ob es den Rechtschreibrat und die deutsche Grammatik samt ihren feststehenden allgemeingültigen Regeln nicht gäbe. Orthografie und Grammatik sind eben doch keine Frage der persönlichen Beliebigkeit. Es käme ja auch niemand ernsthaft auf die Idee zu behaupten, dass Zwei und Zwei ab sofort Fünf ergeben muss oder zumindest kann.

Der Kollege Wolfgang Krischke griff das Thema zuletzt im FAZ-Feuilleton auf, als er über das soeben erschienene Buch „Studien zum genderneutralen Maskulinum“ von Eckhard Meineke schrieb: „Das Allgemeinmenschliche am geschlechtsübergreifenden Maskulinum macht einen Satz wie ‚Frauen sind die besseren Polizisten‘ sinnvoll im Gegensatz zu ‚Frauen sind die besseren Polizistinnen‘.“

Sehr ähnlich verhält es sich mit diesem Beispiel: „Soldatinnen sind in der Bundeswehr keine Besonderheit mehr.“ Deutlich weniger bis überhaupt keinen Sinn mehr ergibt dieser Satz, wenn er gegendert wird: „Soldat*innen sind in der Bundeswehr keine Besonderheit mehr.“

Krischke hält daher fest: „Für den öffentlichen Sprachgebrauch viel wichtiger sind Substantive wie ‚Bürger‘, ‚Wähler‘, ‚Verbraucher‘, die Gruppen von Menschen als Träger allgemeiner Tätigkeiten, Funktionen und sozialer Rollen erfassen. Bei ihnen tritt keine maskuline Schlagseite auf, sie rufen in der Regel gar keine inneren Bilder von konkreten, geschlechtlich gekennzeichneten Menschen hervor.“

Streitfall Niedersachsen

Josef Lange, der Vorsitzende des Rechtschreibrats, äußerte sich vor wenigen Tagen sehr nachdenklich zum Gender-Wildwuchs in Deutschland und den damit verbundenen Problemen. Dem „Göttinger Tageblatt“ sagte der Experte: „Ich sehe es mit Sorge, wenn einzelne Länder in der Bundesrepublik von der einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum abweichen.“

Grund: Niedersachsen pflegt nach wie vor einen sehr lässigen Umgang damit. An einigen Schulen wird das Gendern erlaubt, an anderen ist es verboten. Ein Sprecher des Kultusministeriums verteidigt diese Handhabung damit, dass man den Schülern „einen großen Freiraum“ geben wolle.

Lange hält dagegen und befürchtet, das Gendern führe zu „nicht unerheblichen grammatischen Problemen, weil Sätze dadurch entweder nicht korrekt sind oder hoch kompliziert werden.“

Was der Experte damit meint, sind Konstruktionen wie etwa Bundeskanzler*inkandidat*in, wie es nach dem Willen der Gender-Befürworter konsequenterweise heißen müsste. Und da soll noch jemand behaupten, die deutsche Sprache – also die offizielle – sei eine schwere Sprache!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: nitpicker/Shutterstock

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