Wie ein Ideologen-Angriff auf meine Seite nach hinten losging Ab sofort wieder Patenschaften möglich – jetzt ohne "Aufsicht"

Hurra! Es ist soweit! Am 7. Januar hat mir die Plattform „Steady“, bei der auch der Staat mit im Boot sitzt, die Zusammenarbeit aufgekündigt und damit alle meine „Seitenpaten“ quasi vor die Tür gesetzt (siehe hier). Aus ideologischen Gründen. Ich habe damals angekündigt, dass ich das nicht auf mir sitzen lasse – und für meine Leserinnen und Leser eine andere, unabhängige Möglichkeit schaffen werde, „Seitenpaten“ zu bleiben und zu werden. Denn es sollen nicht Ideologen entscheiden, wen Sie unterstützen dürfen! Mein versierter Seiten-Administrator Denis Kussmann hat das jetzt mit viel Herzblut umgesetzt: Stolz können wir Ihnen heute die neue Seite für die „Patenschaften“ vorstellen – voilà!

Ich freue mich sehr über jede Patenschaft – sie hilft, kritischen Journalismus auf ein stabiles Fundament zu stellen. Und zu sichern gegen Angriffe, wie gerade von dem Pianisten und Aktivsten Igor Levit, dessen Anwalt von mir eine Unterlassungserklärung fordert – in meinen Augen völlig unberechtigt. Dank Ihrer Unterstützung bin ich solchen haltlosen Versuchen, mir den Mund zu verbieten, nicht schutzlos ausgeliefert – und habe mir einen guten Anwalt genommen (in Kürze mehr).

An Steady-Chef Schwörbel habe ich folgendes Antwortschreiben verfasst – das ich gerne mit Ihnen teile:

Schwörbel (rechts) auf der re:publica 2011

Sehr geehrter Herr Schwörbel,

in Ihrer Eigenwerbung schreiben Sie: „Die Zukunft für unabhängige Medien und Kreative: Mit Steady gemeinsam die Projekte unterstützen, auf die wir nicht verzichten wollen.“ Und weiter: „Mitgliedschaften sind der Schlüssel zu einer unabhängigen und vielfältigen Medienwelt. Denn Mitglieder unterstützen Projekte und Persönlichkeiten nachhaltig. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Mitglieder sind treuer und engagierter als Abonnent:innen. Mitglieder befreien Medien. Das ist die Membership-Revolution, und sie wartet nicht.“

Umso erstaunter bin ich über Ihre Kündigung. Sie schreiben, ich hätte Ihre Grenzen überschritten. Leider schreiben Sie nicht, wo die sind. Zumal es ja noch bis vor Corona hieß, dass man Grenzen gar nicht sichern könne hierzulande, von ganz oben. Vielleicht könnten Sie ausführen, welche konkreten Artikel und welche genauen Aussagen Ihre ganz persönlichen Grenzen überschritten haben. Und warum. Und wo Ihre Grenzen genau liegen.

Vielleicht war ich ja naiv, aber ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass in Demokratien die Grenzen der Meinungsfreiheit durch Gerichte gesetzt werden. Dass nun Sie als Journalist anderen Journalisten solche Grenzen setzen, finde ich bemerkenswert. Vielleicht können Sie kurz erklären, wie Sie zu dieser Berufung kommen. Umso mehr als Leiter eines Unternehmens, an dem der Staat indirekt beteiligt ist. Und das als Geschäftskonzept die Förderung „einer unabhängigen und vielfältigen Medienwelt‘ angibt.

Sie schreiben: „Freie Meinungsäußerung ist uns wichtig. Die Publikation von Inhalten, die Missfallen erregen, sanktionieren wir darum nicht zwangsläufig.“ Ich dachte immer, Missfallen erregen sei die Aufgabe von Journalisten. Sehen Sie das anders? Oder gar umgekehrt? Und was bedeutet „nicht zwangsläufig sanktionieren“? Dass sie generell sanktionieren, aber nicht zwangsläufig? Von Ihnen als Journalist hätte ich da schon etwas mehr Klarheit der Sprache erwartet.

Ein Leser schrieb mir dazu: „‘Missfallen‘ ist eine hoheitliche, autoritäre Äußerung, die nicht diskursive, mit Gründen belegende und damit der Diskussion ausgesetzte Kritik meint, sondern eine subjektiv bestimmte, auch ästhetisch gefärbte Haltung von oben herab.“

Auch das mit der Vielfalt sollten Sie sich nochmal überlegen. Irgendetwas haben Sie da offenbar nicht verstanden. Vielfalt bezieht sich eigentlich auf andere Meinungen. Nicht auf ein vielfaches Verbreiten der eigenen, wie Sie das offenbar sehen.

Über die Auflösung des Geschäftsverhältnisses freue ich mich, da ich nicht mit Unternehmen zusammenarbeiten will, die ihren Kunden ihre Ideologie vorschreiben und ihnen Grenzen bei der Meinungsäußerung ziehen möchten.

Ich denke, Portale wie „Volksverpetzer“, mit denen Sie ja zusammen arbeiten, sind bei Ihnen in der Tat besser aufgehoben.

Ich bin auch sicher, dass meine Mitglieder nicht mit den Prozenten, die von ihren Beiträgen abgehen, ein solches Ideologie-Unternehmen (im zweifachen Wortsinn) fördern wollen.

Danke, dass Sie uns da die Augen geöffnet haben!

Die Reaktionen meiner Leserinnen und Leser haben gezeigt: Sie lassen sich nicht von Ihnen, Herr Schwörbel, vorschreiben, was sie zu lesen haben und wen sie unterstützen können. Sie brauchen keine solche „Betreuung“ beim Informieren. Und sehr viele haben sich gesagt: Jetzt unterstütze ich erst recht. Ihr Versuch, kritischem Journalismus das Wasser abzugraben, ist gründlich in die Hose gegangen.

Mit freundlichen Grüßen

Boris Reitschuster

PS: Die Causa erinnert mich sehr an das, was mein väterlicher Freund, der große russische Schriftsteller Wladimir Wojnowitsch, mit dem sowjetischen Schriftstellerverband erlebte. Sein schärfstes Schwert war immer seine bissige Ironie. Lesen Sie hier mehr, wie mich dieser große Russe, der mein großes Vorbild ist, geprägt hat.

PS: Nicht erklären kann ich Ihnen, ob es nur Zufall ist, oder sich die „Überschreitung der Grenze“ in Schwörbels Augen darauf bezieht, dass seine Kündigung keine 24 Stunden kam, nachdem ich die neuen Besucherzahlen für meiner Seite vermeldete: 2,8 Millionen im Dezember nach einem Jahr Bestehen – wo Schwörbels Krautreporter nach sechs Jahren gerade mal auf knapp 0,3 Millionen kommen. Und keine 24 Stunden, nachdem meine Nachfragen in der Bundespressekonferenz und meine Berichte hier auf der Seite dazu führten, dass die Bundesregierung nach ihrem ursprünglichen Mauern doch noch die Namen der (nur sechs) Experten nannte, die sie zum Lockdown berieten, und unter denen weder Psychologen noch Wirtschafts- oder Erziehungswissenschaftler waren (siehe hier).

PS: Das Kündigungsschreiben von Schwörbel finden Sie unten.


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Bild: Sebastian Portillo/Shutterstock /Screenshot https://steadyhq.com/de,  re:publica/Wikicommons/CC BY 2.0
Text: br


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Der Brief von Schwörbel:

Sehr geehrter Herr Reitschuster,

ich schreibe Ihnen heute, weil Steady die Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrer Publikation www.reitschuster.de beenden möchte. Freie Meinungsäußerung ist uns wichtig. Die Publikation von Inhalten, die Missfallen erregen, sanktionieren wir darum nicht zwangsläufig. Wir greifen möglichst wenig in die Freiheit der Steady-Publisher ein. Dazu gehört auch die Freiheit, Inhalte anzubieten, denen nicht jede:r zustimmt, auch das Steady-Team nicht. Es gibt für uns aber Grenzen, die wir nun überschritten sehen.

Wir kündigen hiermit ordentlich die zwischen uns am 15.12.2019 geschlossene Lizenz- und Vertriebsvereinbarung (Publishervereinbarung) fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Das bedeutet, dass wir den Verkauf neuer Mitgliedschaften in den nächsten Tagen einstellen werden und den bestehenden (derzeit 254) Mitgliedern von steadyHQ.com/reitschuster voraussichtlich am oder um den 31.3.2021 zum jeweiligen Laufzeitende kündigen werden. Die Abrechnung ihrer Einnahmen erfolgt weiterhin wie vereinbart.

Um das Vertragsverhältnis ordentlich abzuwickeln, bitte ich um

1. Entfernung der Steady-Verlinkungen von reitschuster.de auf die Verkaufsseite steadyHQ.com/reitschuster und
2. um Information Ihrer Steady-Mitglieder, dass ihre jeweiligen (Monats-)Mitgliedschaften im April 2021 auslaufen werden, sollten sie nicht vorher durch das Mitglied gekündigt werden. GGf. wollen Sie auch auf andere Finanzierungsmöglichkeiten hinweisen, die Sie ebenfalls anbieten (Patreon, Paypal, Direktüberweisung).

Zur Abwicklung der Jahres-Mitgliedschaften würde ich noch separat auf Sie zukommen. Für Rückfragen zu den nächsten Schritten stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr

Philipp Schwörbel
Geschäftsführer
www.steadyHQ.com

Steady Media GmbH
10435 Berlin

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Philipp Schwörbel
Geschäftsführer
www.steadyHQ.com

Steady Media GmbH
10435 Berlin 
Managing Director: Philipp Schwörbel

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