Von Kai Rebmann
Wann ist ein Mann ein Mann? Diese Frage stellte der junge Herbert Grönemeyer einst in seinem Kult-Hit „Männer“. Was vor knapp 40 Jahren noch jedes Kind im Vorschulalter wusste, gibt in der heutigen Gesellschaft Anlass für ernsthafte Diskussionen und man muss sich fast schon wundern, warum der Grönemeyer-Song mit all seinen klischeehaften Aussagen über die Rolle des männlichen Geschlechts nicht schon längst auf dem Index gelandet ist. Jetzt hat sich die LGBTQ-Lobby mit dem Frauensport ihr nächstes Opfer auserkoren und fordert für Transsexuelle ein generelles Startrecht ein. Auslöser der Debatte war der Sieg der US-Schwimmerin Lia Thomas bei den NCAA-College-Meisterschaften in Florida (USA). Thomas wurde als Mann geboren, outete sich im Jahr 2018 als Transgender und begann eine Hormontherapie. Bis Ende 2019 startete Thomas dem biologischen Geschlecht entsprechend bei den Männern, seit diesem Jahr schwimmt sie bei den Frauen mit.
„Das Gesicht in der Debatte um Transgender-Frauen im Sport“, wie Lia Thomas von CNN bezeichnet wurde, schlug bei der College-Meisterschaft im Rennen über 500 Yard mit einer Siegerzeit von 4:33.24 Minuten als erste an. Nach dem Sieg der Transgender-Frau wandten sich mehrere ihrer Konkurrentinnen mit einem Brief an die Öffentlichkeit, in dem sie auf den unfairen biologischen Vorteil hinwiesen, den Thomas in der Frauenkategorie habe. Als Indiz dafür führten sie an, dass Thomas bei ihren Starts bei den Männern zuvor Platz 462 belegt habe und nun bei den Frauen auf dem 1. Platz gelandet sei. Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis erkannte Thomas den Titel in einem symbolischen Akt ab und erklärte die zweitplatzierte Emma Weyant zur inoffiziellen College-Meisterin. Lia Thomas hat unterdessen schon das nächste sportliche Ziel vor Augen und träumt von einem Start bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris – dreimal dürfen Sie raten, in welchem Geschlecht.
Meinungen über Transsexuelle im Frauensport gehen weit auseinander
Wie bei fast allen gesellschaftlichen Themen gibt es auch bei der Frage um das Startrecht von Transsexuellen im Frauensport ein breites Meinungsspektrum. Auffällig dabei ist jedoch, dass Sportfunktionäre und Mediziner, die fachlichen und sachlichen Experten also, in der weit überwiegenden Mehrheit auf die fehlende Chancengleichheit sowie biologische und hormonelle Unterschiede hinweisen, während Politiker und Lobbyisten meist nur ideologisch motivierte Argumente anzuführen wissen. In der BILD kamen mehrere Experten zu Wort, die die Teilnahme von Transsexuellen im Frauensport aus ganz unterschiedlichen Gründen als problematisch ansehen. Ein Sprecher von Wako Deutschland, dem Bundesfachverband für Kickboxen, wies auf die Struktur von Muskeln und Knochen hin, die bei einem genetischen Mann stets bevorteilt sei, weshalb sein Verband die Teilnahme von Transsexuellen an Wettbewerben für Frauen aktiv verbiete: „Beim Schwimmen würde lediglich die Ehre der Frauen verletzt werden. Anders als beim Zweikampfsport, denn hier kann der Schaden wesentlich erheblicher sein. Aus diesen Gründen nehmen wir bei der Wako Deutschland von solchen Starts Abstand und hoffen, dass der Weltverband dies auch tun wird.“ Dass die natürlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau auch durch Hormonbehandlungen nicht überwunden werden können, machte Prof. Dr. med. Aglaja Valentina Stirn deutlich, die als Professorin für Sexualmedizin an der Universität Kiel lehrt: „Eine Person, die als Mann geboren wurde und die Pubertät durchlebte, hat ganz andere körperliche Eigenschaften als eine Frau, was die Körpergröße, das Muskelwachstum und die Hormone angeht. Diese Grundprägung bleibt bestehen, auch wenn die Person durch geschlechtsangleichende Operationen oder Hormonbehandlungen eine Umwandlung vorgenommen hat. Diese Transfrauen haben nicht die gleichen Voraussetzungen wie Frauen.“
Obwohl alle medizinischen Gründe gegen Transsexuelle im Frauensport sprechen, könnten Betroffene laut Auskunft des Bundesjustizministeriums ein Startrecht bei entsprechenden Wettbewerben zumindest in Deutschland eventuell sogar einklagen. Der BILD gegenüber verwies das von der FDP geführte Ministerium auf Paragraph 6 des Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), der nahelege, dass ein Ausschluss von Transfrauen gegen dieses Gesetz verstoßen könnte. Rein ideologische Motive, die zum Teil auch auf Realitätsverweigerung zu beruhen scheinen, führt dagegen der queerpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Jürgen Lenders an: „Frau ist Frau. Auch im Sport gibt es immer Menschen, die von Natur aus einfach körperliche Vorteile haben und die andere durch Training ausgleichen müssen. Es ist ein Irrglaube, dass Transfrauen anderen Frauen immer überlegen sind. Aus meiner Sicht gibt es bei manchen Sportarten gar keinen Grund, zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden. ‚Mann‘ würde sich wundern, wo Frauen ihnen überall überlegen sein können.“
Transsexuelle könnten dem Frauensport die gesellschaftliche Akzeptanz rauben
Der FDP-Politiker liegt offensichtlich gleich in mehreren Punkten daneben. In der Medizin gilt es als Konsens, dass Frauen die biologischen Nachteile in Bezug auf Körpergröße, Muskelmasse und Knochenstruktur eben nicht „durch Training“ ausgleichen können. Nicht umsonst liegen die von Männern und Frauen aufgestellten Weltrekorde in rein körperlichen Sportarten wie etwa dem Schwimmen oder in der Leichtathletik meilenweit auseinander. Mit der Aussage, es gebe „bei manchen Sportarten gar keinen Grund, zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden“, suggeriert Lenders zudem, dass die Geschlechtertrennung im Sport ein festgeschriebenes Prinzip sei. Dass dem nicht so ist, beweist ein Blick in den Motorsport, Reitsport und ähnliche Disziplinen, wo die körperlichen Grundvoraussetzungen keine oder eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen. Die Trennung von Männern und Frauen im Sport hat also nichts mit Transphobie zu tun, sondern beruht auf Vernunft und soll den Frauen einen fairen Wettstreit garantieren.
Gerade wenn es um professionell betriebenen Sport geht und die Athleten beider Geschlechter einen mehr oder weniger großen Teil ihres Lebensunterhaltes damit verdienen, ist der Start von biologischen Männern bei den Frauen nur schwer vermittelbar. Die Einkünfte durch Siegprämien oder Sponsorengelder sind sehr eng mit dem sportlichen Erfolg verbunden, so dass es für einen durchschnittlich talentierten Mann durchaus ein Anreiz sein kann, sich als Frau zu definieren und dann bei den Frauen zu starten. Wenn das Beispiel von Lia Thomas Schule macht, werden die Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften im Frauensport in wohl nicht allzu ferner Zukunft unter biologischen Männern aufgeteilt, während die Frauen auf der Strecke bleiben. Man kann sich leicht ausmalen, was das für die gesellschaftliche Akzeptanz sowie das Interesse von Sponsoren und Medien an solchen Wettbewerben bedeuten würde.
Geht es nach dem Willen einiger deutscher Politiker und Parteien, soll der Wechsel in das andere Geschlecht künftig per Selbsterklärung möglich sein. Ein biologischer Mann würde sich dann auch ganz ohne chirurgische Eingriffe oder Hormonbehandlungen mit einer einfachen Unterschrift zur Frau erklären können. Sollte dieses Szenario Wirklichkeit werden, wird der Start von Transsexuellen im Frauensport wohl eines der geringeren Probleme sein, die unserer Gesellschaft dann blühen. Man mag gar nicht daran denken, was passieren könnte, wenn selbsterklärte Frauen plötzlich in der Damen-Umkleide des Freibads auftauchen oder welche Gefahren biologischen Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts im Bereich der Frauenparkplätze in Tiefgaragen drohen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: ShutterstockText: kr
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