Von Alexander Wallasch
Die vom Spiegel zur Absteigerin des Jahres erkorene Sahra Wagenknecht meldet sich davon gänzlich unbeeindruckt und gut gelaunt mit einem kurzen Video bei ihren zahlreichen Fans.
Grund für die öffentliche Erheiterung bei der linken Polit-Ikone ist ein weiterer peinlicher Fauxpas der Faktenchecker der Tagesschau.de.
Wagenknecht wählt folgende Einstiegsworte:
Ja, hallo, noch was zum Schmunzeln zum Jahresausklang.
Die Politikerin berichtet anschließend, dass ein Beitrag zur Impfpflicht auf ihrem viel geschauten Vlog-Format „Wagenknechts Wochenschau“ bei den Tagesschau-„Faktencheckern“ für Aufregung sorgte.
Um was es genau geht, erklärt sich am besten im O-Ton der prominenten Linken:
Faktencheck ist ja groß in Mode. Meine Wochenschau zur Impfpflicht wurde jetzt also von Tagesschau.de einem Faktencheck unterzogen. Nur der Faktenchecker scheint sich da wohl ein bisschen bei den Fakten vercheckt zu haben. Gucken wir uns das mal an: Auf Tagesschau.de heißt es also: „Die Linkenpolitikerin“, also ich, „schließt dabei eine Impfpflicht zwar nicht generell aus, knüpft die Diskussion darüber an mehrere Bedingungen, die kaum zu erfüllen sind. „So sagt sie“, Zitat, „Da, wo wir eine Impfpflicht haben – etwa bei den Masern – sagt die WHO, das Ziel ist die Ausrottung; dieses Ziel ist leider beim Coronavirus nicht realistisch.“
(Anmerkung: Wagenknecht zeigt anschließend als Einspieler ein Video mit Christian Lindner)
„Wusste gar nicht, dass ich so aussehe …“, amüsiert sich Sahra Wagenknecht. Aber warum sagt sie das? Weil nämlich besagter FDP-Chef identischen Satz spricht:
Lindner: „Da, wo wir eine Impfpflicht haben – wie etwa bei den Masern – sagt die WHO, das Ziel ist die Ausrottung; dieses Ziel ist leider beim Coronavirus nicht realistisch.“
„Ja“, so Wagenknecht weiter, „das ist tatsächlich der Einzige, der in meinem Video dieses Zitat bringt.“ Wagenknecht hatte demnach in ihrer Wochenschau Lindner eingespielt und der Tagesschau-Faktenchecker hat es Fake-News-mäßig Wagenknecht zugeordnet.
Weiter im Video der Linkspolitikerin:
Leider hat sich Herr Lindner daran inzwischen auch nicht mehr erinnert. Aber ich bin doch echt tief erschüttert, dass ich so verwechselbar sein soll mit dem neuen deutschen Finanzminister oder vielleicht gar dessen Ghostwriter? Na, doch wieder eine Aufgabe für den Faktencheck der Tagesschau. Aber kein Problem, war halt ein anstrengendes Jahr und deshalb Euch allen einen wunderschönen Jahreswechsel. Kommt gut durch. Ja, feiert schön. Ich glaub, das kann man schon sagen. Mit Vorsicht kann man auch feiern, ich denke, man sollte sich jetzt nicht alles verleiden lassen. Und ein gutes gesundes neues Jahr.
Zurück zum Spiegel, der heute zum Jahresabschluss die politischen Absteiger des Jahres ausgemacht hat. Neben Laschet, Hofreiter, Maas, Teuteberg und Meuthen ist auch Sahra Wagenknecht dabei.
Zunächst lobt der Spiegel jedoch, dass die angebliche Absteigerin es mit 60 Prozent Zustimmung der Genossen geschafft hatte, für die Bundestagswahl auf Platz 1 der Liste aufgestellt zu werden, und berichtet von ihrem letzten veröffentlichten Buch, das sich wochenlang auf der Bestsellerliste halten konnte.
Wie begründet der Spiegel die Nominierung? Das Blatt behauptet, dass die Linken mit ihr als Spitzenkandidatin die Wahl in Nordrhein-Westfalen verloren hätten. Eine Beurteilung, wie es ohne Frau Wagenknecht als Spitzenkandidatin bei den Linken in Nordrhein-Westfalen ausgegangen wäre, bleibt der Spiegel selbstredend schuldig. Oder doch, ein Begründungsversuch folgt doch noch. Der Spiegel erwähnt eine Rede, die Sahra Wagenknecht auf dem Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen halten wollte, die aber von der Tagesordnung gestrichen wurde.
Aber reicht das? Zu den wahren Absteigern des Jahres gehören zweifelsfrei die Linken insgesamt. Denn die Partei schaffte es nur über Direktmandate überhaupt, die Fünfprozenthürde quasi auszutricksen, die Linken zogen mit 4,9 Prozent in den Bundestag ein. Sahra Wagenknecht ist eine Linke. Und es dürfte den allermeisten Genossen inklusive Spiegel-Redaktion klar sein, dass ein Wahlkampf, ausgerichtet auf die prominente Wagenknecht, dieses Dilemma hätte verhindern können.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.
Bild: privat
Text: wal
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