Endlich: Hier ist die ultimative Hilfe für Verschwörunsgeschädigte Absurde 'Beratung zu Verschwörungsmythen im persönlichen Umfeld'

Von Daniel Weinmann

Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem oftmals illegalen oder illegitimen Zweck.

So beschreibt Wikipedia den Terminus, der in der Coronakrise zum Sammelbegriff für kritische Geister jeglicher Couleur wurde. Mainstream- und öffentlich-rechtliche Medien orten in dieser Bevölkerungsgruppe eine Gefahr für Staat und Gesellschaft, die zudem oft das Verhältnis innerhalb der Familie und des Freundeskreises belasten kann.

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Widerstreitende Vorstellungen stehen nach dieser Lesart einander unversöhnlich gegenüber. „Familien zerstreiten sich und Kontakte werden teilweise abgebrochen, wenn ein offener Dialog mit Menschen die uns nahestehen nicht mehr möglich ist“, heißt es beim Projekt „entschwört. Beratung zu Verschwörungsmythen im persönlichen Umfeld“. Dies frustriere viele Angehörige und könne auf Dauer eine starke emotionale Belastung darstellen.

»Der Bedarf, den wir wahrnehmen, ist sehr groß«

„entschwört“ scheint die Wahrheit gepachtet zu haben und hat sich auf die Fahnen geschrieben, „Hilfesuchende dabei zu unterstützen, sich zu positionieren und auf ihre eigenen Grenzen zu achten“. Zudem will man gemeinsam mit den Kontaktsuchenden erarbeiten, wie diese wieder mit der Person in Kontakt treten können, um die Beziehung aufrecht zu erhalten. „Wir vereinen Expertise in den Bereichen Kinder- und Jugendhilfe sowie Familienhilfe und unterstützen und beraten Sie bedarfsorientiert bei familiären Konflikten im Kontext von Verschwörungsideologie und Kindeswohlgefährdung.“

Die inhaltlichen Schwerpunkte umfassen Antisemitismus, Beratung, Jugendarbeit, Konfliktbearbeitung, Medien/Internet, Politische Bildung, Rechtsextremismus und Vernetzung. Als Träger des Demokratie-Projektes zeichnet die „pad – präventive, altersübergreifende Dienste im sozialen Bereich – gGmbH“ verantwortlich.

„Der Bedarf, den wir wahrnehmen, ist jetzt schon sehr groß“, sagte „entschwört“-Beraterin Sonja Marzock im Dezember der „taz“. Viele hätten Sorgen davor, dass die Familienfeierlichkeiten eskalieren, und fragten sich, wie sie sich auf Weihnachten vorbereiten sollen.

Zur Kasse gebeten wird somit jeder brave Steuerzahler

„Mit drei, vier schnellen Tipps gegen Verschwörungsglaube ist es nicht getan“, betonte die 34 Jahre alte systemische Beraterin kürzlich gegenüber „fluter“, dem Jugendmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung. „Wir sprechen meist 60 bis 90 Minuten mit den Angehörigen.“ Viele hätten einiges versucht, bevor sie sich an „entschwört“ wenden, hätten Verwandte mit Faktenchecks konfrontiert und es mit emotionalen Appellen versucht.

Es klingt surreal, was die Leiterin von „entschwört“ postuliert: „Manchmal stellen die Menschen in der Beratung fest, dass sich die verschwörungsgläubige Person durchaus um Gemeinsamkeiten bemüht hat – sie das aber nicht wahrgenommen haben. Viele haben sich schon zurückgezogen, weil sie enttäuscht sind von der fehlenden Einsicht ihrer Verwandten.“

Vollends lächerlich klingt diese Einlassung: „Manchmal hat sogar schon eine Art Trauerprozess eingesetzt, weil ihnen klar ist, dass sie jemanden an diese andere Realität verloren haben.“

Gefördert wird „entschwört“ vom Bundesfamilienministerium im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“. Zur Kasse gebeten wird somit jeder brave Steuerzahler – egal ob er sich als Verschwörer outet oder rundum staatsergeben zu den Guten zählt.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock
Text: dw

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