Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Am Donnerstag, dem 7. Juli, beschloss die Ampelkoalition im deutschen Bundestag mehrere Gesetzespakete zum beschleunigten Ausbau der so genannten „Erneuerbaren Energien“. Schon Ende dieses Jahrzehnts sollen Wind, Sonne und Wasser 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bereitstellen. Das ist ein, freundlich gesagt, überehrgeiziges Ziel in Anbetracht der Tatsache, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien im Stromsektor von 45,2 Prozent (2020) auf 41,1 Prozent (2021) des Bruttostromverbrauchs fiel. Insgesamt wurden im Jahr 2021 etwa 233,6 Mrd. kWh Strom aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt. Dies waren etwa 17 Mrd. kWh weniger als im Vorjahr (-7 Prozent).
Verantwortlich dafür seien ein „schlechtes Windjahr“ und zu wenig Sonnenschein. Schon diese amtliche Einschätzung zeigt, wie absurd die Idee ist, ein (noch) Hochtechnologieland wie Deutschland mit wetterabhängigen Energien versorgen zu wollen.
In den Medien wurden die Beschlüsse gefeiert wie seinerzeit die Beschlüsse der SED zu den 5-Jahresplänen, ohne die Probleme zu erwähnen, die von der bereits installierten Kapazität von „Erneuerbaren“ ausgeht. Das Netz ist bereits jetzt instabil, weil es ständig entweder einen zu hohen Anteil oder den Ausfall von „Erneuerbaren“ kompensieren muss. Wie eine Verdoppelung des Zappelstroms da funktionieren soll, wird einfach ausgeblendet. Es fehlen außerdem die Stromtrassen, die Strom aus dem windreichen Norden in den industrialisierten Süden bringen sollen.
Um das Ausbauziel zu erreichen, müssten noch mehr Gaskraftwerke vorgehalten werden, die einspringen können, wenn die „Erneuerbaren“ nicht liefern. Da die Ampel das Ziel ausgegeben hat, sich von russischen Lieferungen unabhängig zu machen, soll Flüssiggas aus den USA und den Golfstaaten importiert werden. Deutschland verfügt aber weder über die benötigten Tanker noch die Terminals. Letztere sollen noch gebaut werden, was aber Jahre dauern wird. Auch Tanker sind erst in Jahren zu kriegen. Wie unter diesen Umständen Frackinggas, denn darum handelt es sich, in auch nur annähernd ausreichender Menge nach Deutschland kommen soll, diese Frage wird öffentlich nicht gestellt, geschweige denn beantwortet. Fest steht nur, dass das Gas, das in Deutschland vorkommt und uns Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte unabhängig machen würde, nicht gefördert werden darf. Fracking bleibt laut grünem Dogma verboten.
Die letzten drei Atomkraftwerke, obwohl sie inzwischen in der EU als grüne Energieerzeuger eingestuft wurden, weil sie CO2-frei betrieben werden, sollen unbedingt abgeschaltet werden, weil die Grünen nicht bereit sind, ein Jota von ihrer Ideologie abzuweichen.
Dafür sollen die Kohlekraftwerke weiterlaufen, obwohl sie jede Menge CO2 emittieren, was ja schuld an der Klimaerwärmung sein soll.
Die Grünen gelten immer noch als Umweltpartei, obwohl sie es längst nicht mehr sind. Inzwischen sind sie menschenfeindliche Naturvernichter. Dafür wurden die nötigen Gesetze auf den Weg gebracht. Die Länder werden gesetzlich verpflichtet, mehr Flächen für Windkraft bereitzustellen. Das soll auch in eher windarmen Gebieten passieren, Hauptsache der Plan wird erfüllt. Allein für die Windenergie sollen über die nächsten Jahre zwei Prozent der Landesfläche reserviert werden. Dafür sollen die Abstandsregeln zu Gebäuden fallen, die festgelegt wurden, um Menschen vor den negativen Folgen (Lärm, Schlagschatten, Infraschall) zu schützen, wenn die Bundesländer ihre jeweiligen Vorgaben nicht erreichen. Das heißt, dass der Schutz von Menschen eliminiert wird, zugunsten des „Klimaschutzes“.
Wirtschaftsminister Habeck bezeichnet das als „faire und gerechte Verteilung“. Er spricht zugleich davon, die Länder würden in die Pflicht genommen, was auf eine Aushebelung der Länderhoheit hinausläuft. Das Gesetzespaket enthält auch Änderungen des Naturschutzgesetzes, damit es dem Ausbau nicht im Wege steht. Das heißt, Windräder sollen auch in Landschaftsschutzgebieten installiert werden dürfen, in Wäldern sowieso. Solarpaneele sollen auch auf Ackerflächen gestellt werden dürfen. Angesichts der sich abzeichnenden Welternährungskrise landwirtschaftliche Fläche dem „Klimaschutz“ zu opfern, ist besonders perfide. Es soll auch die Bürgerbeteiligung, für die sich die Grünen einst stark gemacht haben, vor allem, um Straßen- und Wohnungsbau zu erschweren oder zu verhindern, ausgehebelt werden. Nicht anders kann man die angekündigten verkürzten Genehmigungsverfahren deuten.
Ohne Rücksicht auf Mensch und Natur soll ab sofort ein grünes Projekt durchgepeitscht werden, das nur denen Profit bringt, die sich als Erzeuger „Erneuerbarer Energien“ an staatlichen Subventionen bereichern können. Nicht einmal das Versprechen, dass die „Energiewende“ tausende neue Arbeitsplätze bringen soll, ist gehalten worden. Die Produktion von Windrädern und Solarpanelen ist längst ins Ausland, speziell nach China, abgewandert. Dafür bekommt China immer noch „Entwicklungshilfe“ von uns, ein Missstand, der auch von der Ampelkoalition nicht abgeschafft werden wird.
Wie wenig unsere Volksvertreter sich um ihre Wähler scheren, zeigt nicht nur die Mammuthochzeit, die sich Finanzminister Lindner aktuell auf Sylt leistet, während er und seine Kollegen das Volk auf Verzicht einzuschwören versuchen. Das zeigt auch die mit stillschweigen übergangene Tatsache, dass Deutschlands Gasspeicher zwar so leer sind, dass Gasrationierungen für den nächsten Winter, oder auch schon früher, angekündigt werden, dass gleichzeitig aber russisches Gas, dass für Deutschland bestimmt war, nach Polen exportiert wird.
Dort sind die Gasspeicher zum Bersten gefüllt, während die Politik für unsere Energiebranche einen „Rettungsschirm“ aufspannen will..
Wer schweigt, stimmt zu!
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Der Beitrag erschien zuerst auf Vera Lengsfelds Blog.
Text: Gast