Von Kai Rebmann
Am Ende ist der Druck einfach zu groß geworden. Nach dem Masken-Gate im Regierungsflieger mussten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) widerwillig einlenken und sich von der FFP2-Maskenpflicht in Flugzeugen verabschieden. Statt eine Verschärfung der entsprechenden Regelung auszusprechen, folgt die Bundesregierung jetzt doch den Empfehlungen der europäischen Flugbehörden. Lauterbach versuchte zwar noch, sein Gesicht zu wahren, indem er erklärte, man habe letztlich auch der Bitte der Lufthansa entsprochen, da diese darauf hingewiesen habe, dass sich eine FFP2-Maskenpflicht in der Praxis kaum durchsetzen lasse.
Warum das bei der Deutschen Bahn aber anders sein soll, blieb dagegen offen. In Fernzügen wird die FFP2-Maskenpflicht zum 1. Oktober nämlich kommen, einfache Stoffmasken reichen dann nicht mehr aus. Ähnliches gilt für Arztpraxen, in denen FFP2-Masken künftig ebenfalls verpflichtend zu tragen sein sollen. Lediglich im Nahverkehr, also in den Bahnen und Bussen des ÖPNV, wird die Entscheidung über die Ausgestaltung der Maskenpflicht den Ländern überlassen. Weshalb Corona in Flugzeugen weniger ansteckend sein soll als in einem Fernzug der Deutschen Bahn ist dabei aber nur eine von vielen Rätseln, die beim Handeln dieser Bundesregierung an Willkür erinnern.
RKI: FFP2-Masken begünstigen Gesichtsdermatitis und Atembeschwerden
Hersteller und Berufsverbände weisen schon länger darauf hin, dass FFP2-Masken nicht über einen längeren Zeitraum hinweg ohne ausreichende Erholungszeiten getragen werden dürfen. Die Befürworter der Maskenpflicht verweisen hingegen immer wieder auf Studien, die nicht nur die vermeintliche Unbedenklichkeit des Mund-Nasen-Schutzes belegen sollen, sondern auch den angeblichen Schutz vor einer Verbreitung des Virus. Widerspruch kommt jetzt aus einer Richtung, aus der dies nicht unbedingt zu erwarten war. Ausgerechnet das jeder Schwurbelei absolut unverdächtige Robert-Koch-Institut (RKI) informiert über gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen der FFP2-Masken. Und diese Informationen aus wahrlich berufenem Munde haben es in sich. Anstatt über eine Maskenpflicht zu diskutieren, müsste sich die Debatte vielmehr um ein Maskenverbot für die breite Masse drehen.
Aber der Reihe nach. In den FAQ zum „Coronavirus SARS-CoV-2“ wird auf den Seiten des RKI (Stand: 29.08.2022) unter anderem folgende Frage gestellt: „Was ist beim Tragen von medizinischen Masken zur Infektionsprävention von COVID-19 in der Öffentlichkeit zu beachten?“ Als „medizinische Maske“ gilt beim RKI „entweder ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS, OP-Maske) oder eine FFP2-Atemschutzmaske (bzw. KN95 oder N95-Maske).“ Nachdem die Frage der Definition geklärt ist, widmet sich das RKI speziell den FFP2-Masken. Zur Frage, was aus wissenschaftlichen Untersuchungen über die gesundheitlichen Auswirkungen von FFP2-Masken bekannt ist, schreibt das RKI: „FFP2-Masken kamen bisher zweckbestimmt und zielgerichtet im Rahmen des Arbeitsschutzes zum Einsatz. Daher wurden außerhalb des Gesundheitswesens noch keine Untersuchungen zu den gesundheitlichen, gegebenenfalls auch langfristigen Auswirkungen ihrer Anwendung (z.B. bei Risikogruppen oder Kindern) durchgeführt. In Untersuchungen mit Gesundheitspersonal wurden Nebenwirkungen wie z.B. Atembeschwerden oder Gesichtsdermatitis infolge des abschließenden Dichtsitzes beschrieben.“
Die nächste Frage, die das RKI beleuchtet, lautet: „Was muss bei dem Einsatz von FFP2-Masken bei Laien beachtet werden?“ Hierauf gibt die dem Gesundheitsministerium unterstellte Behörde eine nicht wirklich überraschende Antwort, die sich allem Anschein aber noch nicht bis zu Karl Lauterbach, dem obersten Dienstherrn, herumgesprochen hat. „Bei der Anwendung von FFP2-Masken durch Laien im Alltag muss grundsätzlich die individuelle gesundheitliche Eignung geprüft und sichergestellt werden. Ferner ist bei der Auswahl darauf zu achten, dass die Maske zur Gesichtsform und -größe passt und korrekt und enganliegend sitzt (z.B. ist ein Dichtsitz bei Bartträgern oft nicht möglich). Eine gezielte Unterweisung kann die korrekte Handhabung unterstützen“, so das RKI.
Bundesregierung betreibt rechtswidrige Umkehr der Beweislast
Die größten Bedenken äußert das RKI schließlich für Fälle, in denen Menschen mit bestimmten Risikofaktoren mit FFP2-Masken hantieren bzw. dazu gezwungen werden. Hierzu wird wie folgt informiert: „Beim Einsatz von FFP2-Masken bei Personen mit z.B. eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen sind negative gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen. Das Tragen von FFP2-Masken durch Personen, die diesen Gruppen angehören, sollte möglichst ärztlich begleitet werden.“
Wir fassen also zusammen: Das RKI fordert bei Laien generell eine Überprüfung auf die „individuelle gesundheitliche Eignung“ eines jeden potenziellen FFP2-Maskenträgers. Als Laie gilt in diesem Zusammenhang jeder, der nicht beruflich oder regelmäßig in der Freizeit mit diesen Masken zu tun hat. Ferner wird darauf hingewiesen, dass das Tragen von FFP2-Masken bei Menschen mit Vorerkrankungen „ärztlich begleitet werden“ sollte. Es wäre jetzt natürlich interessant zu wissen, bei wie vielen Menschen – ob diese ihre FFP2-Maske nun freiwillig tragen oder dazu gezwungen werden – die oben beschriebene Eignung durch einen Arzt festgestellt wurde. Man kann sich die Antwort aber in etwa ausmalen. Stattdessen wird durch die Bundesregierung eine Umkehr der vom Gesetzgeber eigentlich vorgesehenen Beweislast betrieben – wer keine Maske tragen will oder kann, muss ein ärztliches Attest vorlegen.
Und tatsächlich gibt es bereits eine standardisierte Überprüfung der „individuellen gesundheitlichen Eignung“, wie sie vom RKI ausdrücklich angemahnt wird. Der Gesetzgeber kennt diese in Gestalt der „Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung G26“. Laut Teil 4 Absatz 2 Nr. 2 ArbMedVV muss Trägern von „Atemschutzgeräten der Gruppe 1“ (Gerätegewicht bis 3 kg, Atemwiderstand bis 5mbar), zu denen unter anderem FFP2-Masken gehören, eine solche Vorsorgeuntersuchung angeboten werden. Gängige Modelle von FFP2-Masken haben einen Atemwiderstand von etwa 2,4 mbar. Für Träger von Atemschutzgeräten der Gruppen 2 und 3, die mehr als 3 kg wiegen und/oder einen höheren Atemwiderstand aufweisen, ist die G26-Untersuchung sogar verpflichtend vorgeschrieben. „Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind anzubieten (Angebotsuntersuchung) bei Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 1 (G 26.1) erfordern (ArbMedVV) bzw. zu veranlassen (BGV/GUV-V A4)“, bestätigt die Fachärztin Anna Szirniks auf ihrer Homepage.
Wenn die Bundesregierung Millionen von Deutschen hinter die FFP2-Maske zwingt, es dabei aber versäumt, ihren Bürgern eine Überprüfung der „individuellen gesundheitlichen Eignung“ anzubieten, dann handelt sie zumindest verantwortungslos, unter Umständen aber sogar gesetzeswidrig.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: ShutterstockText: kr
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