Von Kai Rebmann
Lachen ist gesund, weiß der Volksmund. Doch ein Lachen an der falschen Stelle und zur falschen Zeit kann im Zweifelsfall auch den Einzug ins Kanzleramt kosten, weiß man bei der CDU. Mancher Gebührenzahler mag sich am vergangenen Sonntag an die denkwürdigen Bilder aus dem Ahrtal erinnert gefühlt haben, die der politischen Karriere von Armin Laschet einen herben Dämpfer versetzt haben. Der damalige Kanzlerkandidat der Union war dabei erwischt worden, wie er während einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Bildhintergrund mit Kollegen herumalberte. Dieser vergleichsweise eher harmlose Lapsus wurde von den Medien zum Skandal aufgebauscht, was wesentlich zum Wahlsieg der SPD und ihres Kandidaten Olaf Scholz beigetragen haben dürfte – mit all seinen verheerenden Folgen.
Ob es um Deutschland mit einer CDU-geführten Bundesregierung heute wesentlich besser stehen würde, sei dahingestellt. Sicher ist dagegen, dass das mediale Framing zugunsten der Ampelkoalition nicht nur anhält, sondern immer seltsamere Blüten treibt. Nicht zuletzt die eigentlich zur Neutralität verpflichteten Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geben in diesem Zusammenhang ein denkbar schlechtes Bild ab. Jüngstes Beispiel hierfür ist der „Bericht aus Berlin“ vom vergangenen Sonntag. In geradezu absurderweise griff die Redaktion des ARD-Magazins in das politische Tauziehen um das umstrittene Bürgergeld ein. Die Vorstufe zum bedingungslosen Grundeinkommen war in der vergangenen Woche mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen beschlossen, danach im Bundesrat aber gestoppt worden.
ARD-Redaktion schneidet Beitrag zurecht
Im „Bericht aus Berlin“ wurde ein Beitrag gesendet, in dem es um die dazugehörige Debatte im Deutschen Bundestag vom 10. November ging. Britta Haßelmann (Grüne) warb in ihrer Rede für das Bürgergeld und warf Friedrich Merz dabei vor, die Lebensrealität von alleinerziehenden Müttern und anderen sozial benachteiligten Gruppen zu verkennen. Garniert wurden die Ausführungen der Fraktionschefin der Öko-Partei seitens der ARD-Redaktion mit zwei Einblendungen, die bei jedem arglosen Zwangsabonnenten nur Zustimmung zu Haßelmanns Worten auslösen können. Das erste Bild zeigt Friedrich Merz und dessen Parteifreund Thorsten Frei, wie sie sich vor Lachen biegen, während die Rednerin über die sozialen Ängste der Deutschen spricht. Zumindest entsteht dieser Eindruck. Aber: Der Einspieler ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Die Sequenz zeigte die Reaktion der beiden CDU-Politiker auf Haßelmanns Vorwurf in Richtung des Oppositionsführers, dieser würde „Sozialneid ohne Ende“ schüren, heute im Bundestag aber „kneifen“.
Auf dem zweiten Bild, das kurz darauf eingespielt wurde, ist Friedrich Merz zusammen mit seiner Ehefrau im Cockpit seines Privatjets zu sehen. Die Aufnahmen entstanden bei der Anreise des Paares zur umstrittenen Lindner-Hochzeit auf Sylt. Der CDU-Chef wird weder der erste noch der letzte Politiker sein, der einen Privatjet besitzt und diesen ab und an auch mal benutzt. Bei den Grünen hat das Framing der ARD seine Wirkung nicht verfehlt, flugs wurde dem politischen Gegner „soziale Kälte“ unterstellt.
Es ist eine Sache, wenn Bilder oder Videos falsch interpretiert werden – das kann bei aller Sorgfalt schon einmal passieren, kaum jemand wüsste das besser als der Autor dieser Zeilen. Etwas ganz anderes ist es jedoch, wenn Beiträge so bearbeitet werden, dass sie beim Konsumenten, in diesem Fall beim Gebührenzahler, eine bestimmte und vor allem gewünschte Wirkung erzielen. Insbesondere die vermeintliche Reaktion der beiden CDU-Politiker auf Haßelmanns zusammengehaspelte Ausführungen („Ob er zur Party mit dem Privatjet oder mit dem Auto oder dem Zug fliegt“) muss wohl als bewusste Irreführung gewertet werden. Und zur vorgegaukelten Empörung der Grünen über Vielflieger Merz muss man unweigerlich an folgenden Vergleich denken: „Was haben eine Flugreise und ein Theaterbesuch gemeinsam?“ In beiden Fällen ist es am wahrscheinlichsten, dass auf dem Platz neben, vor oder hinter Ihnen ein Grüner sitzt …
Vergleiche mit der ‚Aktuellen Kamera‘
Einige Unionspolitiker fühlten sich an DDR-Zeiten erinnert und zogen unter anderem in der „Bild“ Vergleiche mit der „Aktuellen Kamera“. Auch Thorsten Frei, eines der beiden Framing-Opfer der ARD, fand deutliche Worte: „Durch den unpassenden und unseriösen Zusammenschnitt von Fotos und Filmausschnitten trägt Journalismus nicht zur Aufklärung bei, sondern fördert die Polarisierung der Gesellschaft!“ Und Baha Jamous, Ex-Geschäftsführer der Mittelstandsunion Sachsen, wollte zunächst glauben, nicht richtig gesehen zu haben. Via Twitter fragte der CDU-Mann: „Haben die gerade bei ‚Bericht aus Berlin‘ während des Ausschnitts aus der unsäglichen Rede von Haßelmann ein Bild von Merz im Privatflieger eingebaut? Was zur Hölle soll das Framing?“
Inzwischen musste die ARD die Schummelei einräumen und zugeben, im betreffenden Beitrag ein „falsches Bild eingesetzt“ zu haben. Man bitte um Entschuldigung, werde das Bild im Beitrag korrigieren und neu in die Mediathek hochladen, wie der ÖRR-Sender mitteilte.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Juergen Nowak/ShuttserstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de