Von Kai Rebmann
Man soll den Bock nicht zum Gärtner machen. An diese Weisheit mag manch einer gedacht haben, als er von den jüngsten Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gehört hat. Ausgerechnet einer der Architekten des vermeintlich „besten Deutschlands aller Zeiten“ sprach im Interview mit dem „Spiegel“ nicht nur über die Zukunftsängste seiner Landsleute – sondern präsentierte sogleich auch noch die aus seiner Sicht passenden Lösungen. Er fühle sich angesichts der Hoffnungslosigkeit und Zukunftsängste insbesondere bei den jüngeren Generationen an seine eigene Jugendzeit erinnert, so Habeck.
Als Beispiel für seine Gedankengänge führte der Grüne an, dass 20-Jährige heute überlegen würden, „ob sie überhaupt Kinder kriegen wollen“. Diese Debatte kenne er aus seiner Jugend. Nachdem sie 30 Jahre lang verschwunden gewesen sei, sei sie jetzt wieder da und das sei auch nur verständlich, denn „die Klimakrise ist Realität“. Andere Themen scheint es für den Bundeswirtschaftsminister, der die Bedeutung von Insolvenzen nicht kennt, nicht zu geben. Viele Bundesbürger wissen nicht mehr, wie sie die nächste Stromrechnung bezahlen sollen, und lernen die Angebotsflyer der Lebensmitteldiscounter auswendig. In nahezu jeder größeren deutschen Stadt gibt es inzwischen No-Go-Areas für Kinder und Frauen. Deutschland steht kurz vor dem Kriegseintritt in der Ukraine oder hat sich nach Ansicht nicht weniger Beobachter sogar schon zur Kriegspartei gemacht. Und Robert Habeck glaubt, das Klima sei nach wie vor die größte Sorge der Deutschen.
Klimawandel entpuppt sich als Luxusproblem
Das mag über viele Jahre hinweg auch tatsächlich so gewesen sein, zumindest wenn man entsprechenden Umfragen Glauben schenken will. Am 13. Oktober 2022 stellte die R+V Versicherung die repräsentative Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen 2022“ vor. Die Angst vor „Naturkatastrophen/Wetterextreme“ landete mit 49 Prozent abgeschlagen auf Platz sechs. Mit teilweise deutlichem Abstand wurden andere Sorgen häufiger genannt: „Steigende Lebenshaltungskosten“ (67 Prozent), „Wohnen in Deutschland unbezahlbar“ (58 Prozent), „Schlechtere Wirtschaftslage“ (57 Prozent), „Steuererhöhungen/Leistungskürzungen durch Corona“ (52 Prozent) sowie „Kosten für Steuerzahler durch EU-Schuldenkrise“ (51 Prozent).
Diese Umfrage zeigt vor allem eines: Die Sorge um den Klimawandel ist ein Luxusproblem privilegierter Gesellschaften. Wer gelernt hat, ein Leben im Überfluss und im sicheren Gefühl des Friedens als selbstverständlich hinzunehmen, der kann mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Welt spazieren und anderen vorschreiben, was sie zur Eindämmung des vermeintlich menschengemachten Klimawandels zu tun oder zu lassen haben. Es spricht wohl für sich, wenn es sich bei den führenden Köpfen von Organisationen wie „Fridays for Future“ oder der „Letzten Generation“ um wohlstandsverwahrloste Eliten handelt, die aller Voraussicht nach keine einzige Minute ihres Lebens mit körperlicher Arbeit verschwenden werden – ganz einfach, weil sie es sich leisten können.
Noch zu Beginn dieser Woche kündigte etwa Luisa Neubauer an, Ziel sei es, in Lützerath bis mindestens zum 28. Februar die Stellung zu halten. Danach beginnt die Vegetationszeit, in der laut Gesetzgeber keine Bäume mehr gefällt werden dürfen, was das Wegbaggern des schon längst verwaisten Ortsteils von Erkelenz für mindestens ein weiteres Jahr verunmöglicht hätte. Dumm nur: Schon wenige Stunden nach Einsatzbeginn hatte die Polizei das Gelände nahezu vollständig geräumt, der Widerstand hat sich demnach also in stark überschaubaren Grenzen gehalten. Ist da dem einen oder anderen doch noch bewusst geworden, dass er zu Hause eine Familie zu versorgen hat? Oder ist die Angst um den existenzsichernden Arbeitsplatz zu groß geworden?
Habecks Lösung: Umstieg auf Heizungen mit erneuerbaren Energien
Was also tun, wenn die junge Generation in Deutschland von Zukunftsängsten geplagt wird und heute 20-Jährige offenbar keine Kinder mehr bekommen wollen? Man könnte jetzt bei Lösungen für die oben genannten, ganz gegenwärtigen Probleme ansetzen. Nicht so Robert Habeck. Dem Bundeswirtschaftsminister zufolge müssen wir uns vor allem darum kümmern, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral wird. „Da haben die jungen Menschen, über die wir hier reden, vielleicht gerade eine Familie gegründet. Die werden mit den Folgen der Vergangenheit leben müssen“, beschreibt der Grüne die Prioritäten seiner Politik. Aus diesem Grund würden jetzt „Investitionen in eine klimaneutrale Energieversorgung, in Wasserstoffkraftwerke getätigt“, so Habeck. Sein Ministerium werde deshalb ein Gesetz vorlegen, das den Umstieg auf „Heizungen mit erneuerbaren Energien pusht“.
Solche Aussagen in Zeiten wie diesen sind geradezu entlarvend. Während viele Menschen schon jetzt nicht mehr wissen, von was sie ihre Miete bezahlen sollen, denkt der Bundeswirtschaftsminister darüber nach, wie er das Wohnen in Deutschland noch teurer machen kann. Die von Habeck so hoch gelobten „erneuerbaren Energien“ sind ein wesentlicher Grund dafür, dass deutsche Verbraucher die höchsten Strompreise in ganz Europa zu bezahlen haben. Die hiesigen Breitengrade sind schlicht und einfach nicht für eine solche Energiepolitik gemacht und an dieser Realität führt über kurz oder lang kein Weg vorbei.
Wenn Habeck also über die Zukunftsängste der Jugend nachdenkt, dann blendet er dabei eine für die Ideologie seiner Partei unbequeme Wahrheit aus: Auch viele 20-jährige wollen Kinder bekommen – aber diese eben nicht im „besten Deutschland aller Zeiten“ zur Welt bringen, wie eine INSA-Umfrage zeigt.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: ShuttserstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de