Yusuke Narita, Assistenzprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der bekannten US-Universität Yale, hat einen sehr eigenwilligen Vorschlag im Umgang mit der Überalterung der Gesellschaft gemacht. Die einzige Lösung sei ziemlich klar: „Massenselbstmord und Massen-‘Seppuku‘ der älteren Menschen?“ Der Begriff „Seppuku“ steht für einen rituellen Selbstmord der Samurai. Er wurde im 19. Jahrhundert verboten. Narita machte seine Aussage Ende 2021 in einer Online-Nachrichtensendung; doch erst jetzt wurde sie in den Medien aufgegriffen und sorgte für Schlagzeilen. Narita, der allein auf Twitter mehr als 570.000 Follower hat und in Japan recht bekannt ist, ruderte zurück. Er sei missverstanden worden, beteuerte er.
Nicht ganz so menschenverachtend wie die Idee des Assistenzprofessors aus Japan, aber immer noch unglaublich ist der Vorschlag von Jugendpolitiker Jörg Tremmel, dem Vorstandssprecher der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. Er fordert, dass Rentner auf Geld verzichten müssen. Seine Organisation versteht sich als Lobby für junge Bürger.
„Das jetzige Rentensystem ist nicht generationengerecht. Es ist nicht sozialgerecht, und es ist nicht transparent“, womit er völlig recht hat. Auch die Schieflage des Systems ist durchaus ein Fakt. Schon Ende 2021 standen laut Statista einem Altersrentner 1,8 Beitragszahler gegenüber: Anfang der 1960er Jahre war das Verhältnis noch solider: hier kamen auf einen Altersrentner sechs aktiv versicherte Erwerbspersonen. Laut IW Köln werden im Jahr 2030 auf einen Rentner nur noch 1,5 Beitragszahler kommen. Im Jahr 2050 könnten es sogar nur noch 1,3 Beitragszahler sein.
Massiver Bundeszuschuss
Das Missverhältnis geht auf einen Strukturfehler in der deutschen Altersvorsorge zurück – die anders als in vielen anderen Ländern nur auf Umlage zwischen den Generationen und nicht auf einem Kapitalstock beruht. Durch sinkende Geburtenraten und steigende Lebenserwartungen ist dieses System aus den Fugen geraten. Das Missverhältnis muss schon jetzt durch einen „Bundeszuschuss“ von über 100 Milliarden pro Jahr ausgeglichen werden – auf Kosten der Steuerzahler. Tendenz: stark steigend.
Die Regierung Schröder hatte den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt. Der sah vor, dass Veränderungen im Mengenverhältnis von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern ausgeglichen wurden. Mit anderen Worten: „Steigt die Zahl der Rentner rascher als die Zahl der Beitragszahler, wirkt sich der Anpassungsmechanismus dämpfend bei einer Rentenerhöhung aus“, wie Tremmel in einem Interview mit dem „Focus“ ausführt. 2018 hat die Große Koalition unter der großen Vorsitzenden bzw. großen Aussitzerin Angela Merkel diesen Nachhaltigkeitsfaktor 2018 wieder ausgesetzt. Laut Kritikern, um sich bei älteren Wählern beliebt zu machen.
‘Anteil der Ruhestandsjahre steigt‘
„Seitdem erleben wir immer mehr Intransparenz. Man will verschleiern, wie die Kosten am Ende auf verschiedene Generationen aufgeteilt werden. Deshalb unsere Forderungen nach Wiedereinführung des Nachhaltigkeitsfaktors“, fordert Tremmel: „Und man müsste die Lebensarbeitszeit an die steigende Lebenserwartung koppeln.“ Heute entfalle ein „größerer Teil unseres Gesamtlebens in die Ruhestandsphase“, so Tremmel: „Früher waren das 14 Prozent der Lebenszeit, heute schon 21 Prozent.“ Mit anderen Worten: „Der Anteil der Arbeitsjahre am gesamten Leben sinkt, der Anteil der Ruhestandsjahre steigt.“
Mit der Rente mit 63, die unter Andrea Nahles 2014 in der Großen Koalition eingeführt wurde, habe sich das Verhältnis zwischen Arbeitsjahren und Lebenszeit noch weiter verschoben. Tremmel will die Lebensarbeitszeit an einen statistischen Indikator koppen. Weil es dann, so findet er, „nicht immer diese unsäglichen Debatten gäbe: ‚Sollen wir jetzt alle bis 67, bis 68, bis 69 arbeiten?‘“
Ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender Freund in reifen Jahren schickte mir den Vorschlag von Tremmel unter Hinweis auf die Suizid-Ideen des Japaners Narita mit folgendem sarkastischen Kommentar: „Entsetzlich! Als nächsten Vorschlag erwarte ich: Euthanasie aller über 75“. Das ist emotional und schießt ohne jeden Zweifel weit über das Ziel hinaus.
Sichere Rente?
Dass unser Rentensystem nicht zukunftsfähig ist und einer Reform bedarf, kann niemand bestreiten. Der alte Spruch des früheren Sozialministers Norbert Blüm von der CDU – „eins ist sicher – die Rente“ – wirkt heute geradezu wie Hohn.
Doch Fakt ist auch: Heute beziehen im Wesentlichen die Generationen Rente, die unser Land nach dem Krieg in sehr harter Arbeit und mit unglaublichem Fleiß wieder aufgebaut haben, wie etwa meine Eltern. Von „Work-Life-Balance“, also einer Balance zwischen Leben und Arbeiten, war damals nicht in kühnsten Träumen die Rede. Diese Rentner von heute haben ihr Leben lang brav in die Rentenkasse eingezahlt und sich auf die Zusagen verlassen.
Diese jetzt zu brechen, wie es Tremmel fordert, käme einem massiven Vertrauensbruch gleich, einer Ohrfeige für diese Menschen, die in bestem Treu und Glauben ihr Leben lang Unsummen an die Rentenkasse einzahlten. So dringend das System reformiert werden muss – dies darf nicht, wie Tremmel es vorschlägt, in Form eines Vertrauensbruchs und eines Betrugs an den Rentnern von heute geschehen.
Ich bin kein Politiker und deswegen keine Vorschläge schuldig. Doch in meinen Augen kommt die Idee, die Rente für die Rentner von morgen – nicht die für heute – stufenweise so umzugestalten, dass sie erstens kapitalgedeckt ist. Und dass zweitens mehr auf individuelle Vorsorge gesetzt wird: Der Staat also nur noch eine Mindestdeckung als Pflicht übernimmt, die die Existenz sichert – und der einzelne die Freiheit hat, selbst zu entscheiden, ob er lieber im Alter mehr haben will oder in jungen Jahren. Ich weiß, so viel Eigenverantwortung ist für viele in Deutschland ein Tabu. Ich halte es aber für notwendig, sie zumindest in Erwägung zu ziehen.
Ausschreibung zur Fahndung durch die Polizei, Kontenkündigungen, Ausschluss aus der Bundespressekonferenz: Wer in Deutschland kritisch berichtet, sieht sich Psychoterror ausgesetzt. Und braucht für den Spott der rot-grünen Kultur-Krieger nicht zu sorgen. Ich mache trotzdem weiter. Auch, weil ich glaube, dass ich Ihnen das schuldig bin. Entscheidend fürs Weitermachen ist Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, trotz der ganzen Schikanen weiterzumachen! Ganz, ganz herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung, und sei es nur eine symbolische!
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
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Der „Great Reset“ – was wirklich dahinter steckt und warum der „große Umbau“ so brandgefährlich ist: