Von Kai Rebmann
Der „Partygate“-Skandal war für den britischen Ex-Premier Boris Johnson wohl der Anfang von dessen politischem Ende. Was damals schon eine unfassbare Verhöhnung der Bürger war, erreicht jetzt eine ganz neue Dimension. Denn jetzt ist klar: Während es die Eliten in der Downing Street zünftig krachen ließen und gleichzeitig ihre Landsleute über Monate hinweg zu Hause einsperrten, lagen die Warnungen vor den verheerenden Folgen dieser Lockdown-Politik – vor allem für Kinder und Jugendliche – längst auf dem Tisch.
Wie der „Telegraph“ aktuell berichtet, wurde das Bildungsministerium im November 2020 mit Hinweisen konfrontiert, wonach „viel mehr Kinder durch Selbstmord sterben werden als durch Covid-19″. Demnach spielten während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 in 12 von 25 Suizid-Fällen bei unter 18-jährigen „covid-19-bezogene Faktoren“ eine wesentliche Rolle. Als solche Faktoren werden dabei die Maßnahmen und insbesondere die Schulschließungen bezeichnet, die angeblich dazu beitragen sollten, die Verbreitung des Virus zu verhindern.
Diese Warnung wurde der Regierung von Experten der Independent Scientific Pandemic Influenza Group on Behaviors in einem Informationspapier übermittelt, welches im November 2020 im Rahmen einer Sitzung der Scientific Advisory Group for Emergencies (SAGE) vorgestellt wurde. Dem „Telegraph“ zufolge nahmen an diesem Treffen neben den Regierungsberatern der SAGE noch „mindestens zehn hochrangige Beamte des Bildungsministeriums, des Kabinettsbüros, des Innenministeriums und anderer Abteilungen“ teil.
Elterninitiative verlangt Antworten
Im Jahr 2020 starben in England insgesamt 161 Kinder und Jugendliche bzw. junge Erwachsene im Alter zwischen 10 und 19 Jahren durch Selbstmord. Dem stehen 34 dokumentierte Fälle gegenüber, in denen Angehörige dieser Altersgruppe im Zusammenhang mit Covid-19 (an/mit) gestorben sind.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass „nur“ knapp die Hälfte aller Suizide auf „Covid-19-bezogene Faktoren“ zurückzuführen ist, wie es die oben genannten Zahlen aus dem ersten Lockdown nahelegen, und bei allen 34 „Corona-Toten“ das Virus auch die tatsächliche Ursache für deren Ableben war, ergibt sich hieraus ein krasses Missverhältnis.
Trotz dieser Warnungen, die in weiten Teilen auf Daten und Erfahrungen beruhten, die während der ersten Lockdown-Phase gewonnen worden waren, ordnete die Regierung im Frühjahr 2021 die nächsten Schulschließungen an.
Es kommt aber noch schlechter: Die Elterninitiative „UsForThem“ bezeichnet das Meeting im November 2020 als eine von insgesamt neun Gelegenheiten, bei denen es die Regierung verpasst habe, ihre Lockdown-Politik zu beenden und den damit verbundenen Schaden abzuwenden. Die Eltern fordern nun, das Informationspapier, das dem Bildungsministerium im November 2020 vorgelegt worden war, als Beweismittel in die Aufarbeitung der Corona-Politik einfließen zu lassen.
Ursprüngliche Pandemiepläne blieben in der Schublade
Wie in den meisten anderen Ländern, so spielten Lockdowns und Schulschließungen auch in den britischen Planspielen zur Abwehr einer Pandemie bis Anfang 2020 keine Rolle. Ganz im Gegenteil: Flächendeckende und langanhaltende Schulschließungen seien um jeden Preis zu vermeiden, hatte es darin noch geheißen. Warum diese Pläne in London und anderswo aber dennoch in der Schublade blieben, wird wohl für immer das Geheimnis der dafür Verantwortlichen bleiben.
Und auch die SAGE-Experten hatten ihre Regierung bereits im März 2020 darüber unterrichtet, dass die Auswirkungen von Schulschließungen auf die Eindämmung und Übertragung des Virus mit einiger Wahrscheinlichkeit als „sehr begrenzt“ zu beurteilen sei. Weiter wurde in dieser Empfehlung klargestellt, dass Schulen – sollte man sich dennoch für diesen Schritt entscheiden – „über einen längeren Zeitraum geschlossen bleiben müssten“, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen.
Diese und weitere Einschätzungen, die für die Entscheidungsfindung pro oder contra Lockdown von ganz erheblicher Bedeutung hätten sein müssen, wurden vor dem Auge der Öffentlichkeit jedoch verborgen gehalten.
Ganze Generation im Bildungsnotstand
Auch Anne Longfield, Vorsitzende der „Commission on Young Lives“ und ehemalige Kinderschutz-Beauftragte Englands, lässt die Corona-Politik fassungslos zurück: „Trotz vieler gegenteiliger Warnungen und Beteuerungen wurden die Interessen von Kindern von der Regierung während der gesamten Covid-Krise in großem Umfang vernachlässigt und die Schulen blieben geschlossen.“ Die Auswirkungen dieser Isolation auf die psychische Gesundheit der Kinder seien fortwährend ignoriert worden, so die Expertin.
Doch Longfield hat noch nicht fertig und legt nach: „Die Folgen dieser Entscheidungen zeigen sich in einer Generation von Kindern mit massiven Bildungslücken und Schwächen in der sozialen Kompetenz. Sie leiden unter so großen chronischen Ängsten, dass sie nicht (mehr) in der Lage sind, in die Schule zu gehen oder soziale Kontakte zu Freunden zu knüpfen.“
Den konservativen Abgeordneten Danny Kruger treibt stattdessen die Frage um, weshalb die Regierung in London fremdgesteuert wirkte: „Wir brauchen dringend Antworten darauf, weshalb das UK von seinem Pandemieplan abwich und die Schulen ohne klaren Plan geschlossen hat – und warum wir später, als der Schaden bekannt und (auch) von unseren renommierten Wissenschaftlern und Pädagogen anerkannt war, die Schulen erneut schlossen.“
Und weiter: „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Parlament sowohl über die Informationen als auch die Instrumente verfügt, Entscheidungen zu überprüfen und anzufechten – was hier aber offenbar nicht der Fall gewesen ist. Und es sind unsere Kinder, die darunter zu leiden hatten.“
Fazit: Maßnahmen wie Lockdowns und Schulschließungen haben nicht nur in Großbritannien eine ganze Generation in den Bildungsnotstand versetzt. Da erscheint es fast schon wie ein Schuldeingeständnis, wenn ein Regierungssprecher jetzt erklärt, man werde 5 Milliarden Pfund in „ehrgeizige Initiativen zur Wiederherstellung der Bildung“ bei jungen Menschen sowie weitere 2,3 Milliarden Pfund in „psychiatrische Dienste“ stecken.
Wohlgemerkt: Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen! Der jetzt an den Tag gelegte Aktionismus der Regierungen in London, Berlin und anderen Hauptstädten dieser Welt erinnert ein wenig an den Feuerwehrmann, der den Brand selbst gelegt hat, um sich danach als großer Held feiern zu lassen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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