Von Kai Rebmann
Der von „allen demokratischen Parteien“ ausgerufene Feldzug gegen die AfD sowie deren Mitglieder und Wähler treibt immer seltsamere Blüten. Nach der Kriminalisierung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Prügelattacke auf Andreas Jurca, deren Hintergründe allerdings noch nicht vollständig aufgeklärt sind, sorgt jetzt ein Fall aus Hechingen (Baden-Württemberg) für Aufsehen.
Dort sitzt Johannes Simon für die AfD im Stadtrat. Vom Ruhestand will der Lokalpolitiker aber trotz seiner bald 73 Jahre noch nichts wissen. Hauptberuflich betreibt Simon deshalb noch ein Reisebüro und will dies eigenen Angaben zufolge auch noch „zwei bis drei Jahre“ tun. Vor wenigen Tagen fand der Senior nun eine Abmahnung von Tui in seinem Briefkasten.
Was war geschehen? Simon soll sein Reisebüro für „politische Äußerungen in unserem Verkaufsumfeld“ missbraucht haben, so der Vorwurf aus Hannover. Und auch mehrere Zeitungen scheinen den Sachverhalt durch ihre Berichterstattung zu bestätigen. So schreibt etwa der „Schwarzwälder Bote“, dass das Reisebüro im Zollernalbkreis „durch Werbung für die AfD aufgefallen“ sei.
David gegen Goliath
Nun mag es selten eine gute Idee sein, die private politische Gesinnung – ganz gleich, welcher Couleur – und Geschäftliches miteinander zu vermengen. Doch hat Johannes Simon das überhaupt aktiv getan? Und wenn ja, rechtfertigt das die außerordentliche Aufkündigung einer Geschäftsbeziehung, wie sie Tui offenbar anstrebt?
Die Lokalpresse beschreibt das Vergehen des Reisekaufmanns so: Vor dessen Büro sei „lange ein AfD-Infostand mit Sonnenschirm in AfD-Blau und mit dem Logo der rechtspopulistischen Partei“ aufgebaut gewesen. Dieser sei zudem jeweils montags Ausgangspunkt für „eine Gruppe von AfD-Sympathisanten“ gewesen, um mit Deutschland-Fahnen durch Hechingen zu ziehen und die „Unzufriedenheit mit der Politik der Bundesregierung“ zum Ausdruck zu bringen.
Wir erinnern uns: Auch an den Montags-Spaziergängen gegen die Corona-Maßnahmen sollen laut Darstellung in den Medien überwiegend bis ausschließlich Querdenker und/oder Bürger aus dem „rechten Spektrum“ teilgenommen haben. Aus der Ferne ist es daher schwierig zu beurteilen, wie sich diese vermeintliche „Gruppe von AfD-Sympathisanten“ tatsächlich zusammensetzt und wer da mitläuft oder auch nicht mitläuft.
Tui will Johannes Simon jedenfalls lieber gestern als heute loswerden, was der weltgrößte Touristik-Konzern gegenüber der Zeitung auch unumwunden zugibt. Ziel sei die Kündigung der Geschäftsbeziehung, weshalb man „die vertragliche Situation juristisch prüfen“ lasse. Und das, obwohl der Reisekaufmann den AfD-Infostand unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung abgebaut hatte.
‚Es gibt auch noch andere Reiseveranstalter‘
Man tausche den AfD-Infostand gegen den einer beliebigen anderen „demokratischen Partei“ aus, nehme als Anliegen der montäglichen Demonstranten beispielsweise den Klimawandel und stelle sich dann die Frage: Wäre die Reaktion aus Hannover ähnlich drakonisch ausgefallen?
Johannes Simon scheint sich vom ersten Schock inzwischen erholt zu haben und will weitermachen – notfalls auch ohne Tui. Das sei zwar ein „guter Veranstalter“, Reisen könne er aber auch so verkaufen. Außerdem gebe es auch noch andere Veranstalter, mit denen er künftig zusammenarbeiten könne.
Bei Tui freut man sich nach Konzernangaben unterdessen über einen ersten Teilerfolg. Wie ein Sprecher mitteilte, müsse das Reisebüro in Hechingen das Logo des Veranstalters „bald“ abnehmen. Das war dem Veranstalter offenbar besonders wichtig, da es – so die Einschätzung der Kollegen – aufgrund der Farben „leichte Ähnlichkeiten“ mit dem AfD-Logo aufweise.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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