Es klingt wie eine absurde Verschwörungstheorie, doch es ist die neue Realität. Aktuell zumindest schon in fast einem Dutzend Städten, darunter Köln. Seit Ende November fährt ein Spezialfahrzeug durch die Rhein-Metropole – im Auftrag des dortigen Energieversorgers Rheinenergie. Die Kameras in dem Wagen machen thermografische Aufnahmen von den Häuserfassaden, an denen sie vorbeikommen. Stellen, an denen Wärme entweicht, sind dann rot auf den Fotos zu sehen.
„Ziel ist es, den energetischen Zustand der Fassaden und mögliche Energiesparpotenziale zu ermitteln“, heißt es bei Rheinenergie, wie die „Welt“ in einem Artikel hinter einer Bezahlschranke berichtet: „Aus den erfassten Daten soll zum einen eine ‘Wärmelandkarte‘ entstehen, die zur Veröffentlichung gedacht ist. Zum anderen werden Erkenntnisse über Wärmelücken einzelner Gebäude als Beratungsleistung an die Eigentümer verkauft.“
Mit anderen Worten: Massenweise Energiedaten privater Immobilien sollen öffentlich und für jeden einsehbar gemacht werden. „Verbraucherschützer und Eigentümerverbände lehnen eine solche ungefragte flächendeckende Erfassung ab“, schreibt die „Welt“ – und zitiert Kai Warnecke, Präsident von „Haus & Grund“: „Derartige Wärmelandkarten zu erstellen und zu veröffentlichen ist aus unserer Sicht unzulässig“. Die Karten seien geeignet, die jeweiligen Eigentümer „an den Pranger zu stellen, ohne die Hintergründe zu benennen“.
„Ohne die Zusammenhänge vor Ort zu kennen, sei die Aussagekraft der bildlichen Erfassung von Wärmeverlusten jedoch begrenzt, Fehlschlüsse seien wahrscheinlich“, so Warnecke zur „Welt“: „Was ist, wenn ein Haus zum Beispiel vorübergehend nicht bewohnt ist oder Wärmeverluste angezeigt werden, diese Wärme aber aus erneuerbaren Energien erzeugt wird?“
„Manche Kritiker warnen gar vor einer Art ‘Klimapolizei'“, schreibt die „Welt“ – so hat sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Für die kritischen Leser den bösen Begriff erwähnt – aber ihn sofort abgeschwächt, um sich nicht allzu unbeliebt zu machen.
Auch für Mannheim gibt es auch dem Bericht zufolge bereits eine flächendeckende Wärmelandkarte, die im Internet veröffentlicht ist – auf der Seite von „Climap“. Neben neun weiteren Städten (anzusehen hier). Ein Sprecher von „Climap“ weist gegenüber der „Welt“ die Bedenken gegen das Modell zurück: „Datenschutzrelevante Fragen wurden bereits in einer frühen Projektphase gestellt und rechtlich geprüft. Die Prozesse sind datenschutzkonform gestaltet.“
Besänftigung von Kritikern
Weder Gesichter noch Nummernschilder seien auf den Wärmebildern erkennbar, beteuert der Climap-Sprecher. „Auch Rheinenergie müht sich, die Kritiker zu besänftigen“, wie das Blatt schreibt: „Es sei nicht vorgesehen, Aufnahmen einzelner Gebäude zu veröffentlichen. Eigentümer, die einer Darstellung ihrer Immobilie oder der Nutzung der Daten für eine Wärmelandkarte widersprechen wollten, könnten eine entsprechende E-Mail an den Versorger schicken, betont das Unternehmen.“
Auf der „Wärmelandkarte“ von Mannheim, die „Climap“ im Internet öffentlich gemacht hat, sind zumindest auf den ersten Blick keine solchen Ausblendungen zu erkennen. Das liegt aber wohl daran, dass nur die zusammengefassten Daten mehrerer Gebäude angezeigt werden – was zumindest einer gewissen Anonymisierung gleichkommt. Der Betrachter erhält nur einen allgemeinen Eindruck von einem Straßenteil, aber eben keine „gebäudescharfen“ Bilder.
Dabei sind technisch der Detailgenauigkeit und damit auch der Überwachung kaum Grenzen gesetzt. Ob warme Luft aus undichten Jalousienkästen entweicht, kann ebenso fixiert werden wie eine schlechte Isolierung der Fenster. Wenn auch nicht aus dem vorbeifahrenden Auto heraus, sondern über „hochgenaue Thermografiekameras auf unterschiedlichen Trägersystemen“ – bis hin zu solchen, die auf einem Flugzeug montiert sind.
Während etwa Google Maps inzwischen öffentlich ankündigt, wenn seine Autos für die Straßenaufnahmen unterwegs sind, konnte sich Rheinenergie laut „Welt“ zu so viel Transparenz nicht durchringen. Die offizielle Begründung dem Bericht zufolge: Für die Aufnahme von Wärmebildern seien bestimmte Wetterkonstellationen notwendig. Diese ließen sich nicht planen, sodass kein konkreter Zeitpunkt für die Befahrungen angegeben werden könne.
Ab nächstem Jahr können Interessierte die exakten Daten für ein Gebäude kaufen; in Mannheim ist das bereits heute möglich, für 59,50 Euro. „Stadtwerke, die bei dem Verfahren einsteigen, erhoffen sich neben diesem Zusatzgeschäft offenbar, ihre Kundenbindung und ihren Ruf als Klimaschützer zu verbessern“, schreibt die „Welt“.
Die große Frage ist: Bleibt die Wärme-Kontrolle freiwillig und unverbindlich? Und wird es dabei bleiben, dass keine „gebäudescharfen“ Bilder veröffentlicht werden? Unsere gemeinhin als Ampel bekannte „Klima-Koalition“ regiert schon heute durch bis in den Heizkeller der Bürger. Banken wie die besonders woke Ing-Diba haben schon angekündigt, sich von Kunden mit hoher CO₂-Erzeugung zu trennen. Ist es da eine abwegige Befürchtung, dass auch die neue Technologie dazu genutzt werden könnte, um noch weiter in den privatesten Bereich der Menschen einzudringen – in ihre eigenen vier Wände?
Die Geschichte zeigt leider: Wenn technisch die Möglichkeiten zur Überwachung geschaffen werden, ist ihr Einsatz und ihr Missbrauch meistens nicht mehr fern.
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