Doppelmoral im Quadrat: Steinmeier verurteilt Bauern-Aktion gegen Habeck Gute Proteste, schlechte Proteste?

Von Kai Rebmann

Der Bundespräsident ist qua Amt zur Neutralität verpflichtet. Kommentare oder gar konkrete Einschätzungen aus Bellevue zum politischen Tagesgeschehen hatten bis vor wenigen Jahren absoluten Seltenheitswert – ganz nach dem Motto: Das Staatsoberhaupt äußert sich nur, wenn es ausdrücklich gefragt wird!

Doch damit ist Schluss, seit dieses Amt von Frank-Walter Steinmeier bekleidet wird. Immer öfter gewinnt man den Eindruck, der einstige SPD-Spitzenkandidat habe es nie verwunden, dass es zur Kanzlerschaft für ihn nicht gereicht hat. Ganz so, als wolle er Versäumtes jetzt nachholen, mischt sich der amtierende Bundespräsident mehr in die Politik ein als alle seine Vorgänger zusammen.

Jetzt hat er es wieder getan. Keine 24 Stunden nach der laut Darstellung zahlreicher Mainstream-Medien recht radikalen Protestaktion wütender Bauern gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) meldete sich der „Spalter von Bellevue“ via „Bild“ zu Wort: „Zu sehen, wie ein Minister auf einer privaten Reise von einer aggressiven Menschenmenge eingeschüchtert wird und sich nach Bedrohungen in Sicherheit begeben musste, hat viele in unserem Land schockiert, auch mich. Das dürfen wir nicht hinnehmen.“

Wo waren solche Worte, als AfD-Politiker nicht „nur“ bedroht wurden, sondern tatsächlich angegriffen und krankenhausreif geschlagen wurden (siehe hier, hier oder hier)? Oder lag es da an der jeweiligen Täter-Opfer-Konstellation, dass sich Steinmeier nicht zu einer Verurteilung durchringen konnte? Sind Chrupalla, Weidel und Co in den Augen des Bundespräsidenten nicht viel mehr als Freiwild?

Plötzliche Debatte um ‚Protestkultur‘

Schockiert hat unser Staatsoberhaupt eigenen Angaben zufolge vor allem die Art und Weise des Protests. In Worten hört sich das so an: „Demonstrationen gehören zur Demokratie. Kritik an der Regierung ist legitim. Aufrufe zu Hass und Gewalt überschreiten jedoch die Grenze dessen, was gerechtfertigt ist. Wer so handelt, verletzt die Grundlagen unserer Demokratie und schadet damit seiner eigenen Sache.“

Auch hier mag man Steinmeier kaum widersprechen wollen. Nur: Wo waren diese Mahnungen, als es um die erkennbar kriminellen Aktionen der „Letzten Generation“ ging? Politiker, auch Steinmeier, brauchten Monate, um diese zu verurteilen – einige Volksvertreter können sich dazu bis heute nicht durchringen.

Jetzt dauerte es nur Stunden, ehe der Bundespräsident die Bauern zu den neuen bösen Buben der Nation erklärte – wohl nicht zuletzt auch mit sorgenvollem Blick auf die ab kommenden Montag angekündigte bundesweite Protestwelle der Landwirte. Die „Letzte Generation“ genoss da über Monate hinweg eine scheinbar nicht enden wollende Narrenfreiheit. Weil sie vorgaben, die „richtigen“ Interessen zu verfolgen?

Und wie war das mit der politischen Neutralität? Die Springer-Kollegen merken zwar zurecht noch an, dass es „sehr, sehr ungewöhnlich“ sei, dass sich ein Bundespräsident „spontan zu aktuellen politischen Vorfällen“ äußere, so wie es Steinmeier in diesem Fall einmal mehr getan hat. Die Verteidigung für die fortgesetzte Missachtung seines wohl wichtigsten Amtsgebots folgt jedoch auf dem Fuß: Es zeige, „wie besorgt Steinmeier nach dem Angriff um unsere Demokratie und das gesellschaftliche Klima ist“.

Jeder Hofberichterstatter wird an dieser Stelle vor Neid erblassen – ein um „unsere Demokratie und das gesellschaftliche Klima“ besorgter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. War es doch eben der „Spalter von Bellevue“, der in den Corona-Jahren keine Gelegenheit ausgelassen hat, einen Keil in genau die Gesellschaft zu treiben, um deren Wohlergehen er jetzt angeblich so sehr bangt.

Auf Ihre Mithilfe kommt es an!

Auf meiner Seite konnten Sie schon 2021 lesen, was damals noch als „Corona-Ketzerei“ galt – und heute selbst von den großen Medien eingestanden werden muss. Kritischer Journalismus ist wie ein Eisbrecher – er schlägt Schneisen in die Einheitsmeinung.

Dafür muss man einiges aushalten. Aber nur so bricht man das Eis. Langsam, aber sicher.

Diese Arbeit ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich!

Helfen Sie mit, sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern!

1000 Dank!

Per Kreditkarte, Apple Pay etc.

Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501

BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage

Meinе aktuellen Videos

Rodeln ohne Maske streng verboten – und ein Fall fürs Ordnungsamt. Rückblick auf den Corona-Wahnsinn:

Der geballte Corona-Wahnsinn in 10 Minuten – ein Rückblick auf eine irre Zeit zum Kopfschütteln

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: SC Image/Shutterstock

Mehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert