Ermittlungen stützen Aussagen von AfD-Politiker nach Überfall Verleumder und Spötter offenbar Lügen gestraft

Von Kai Rebmann

Dass Parteitage und Wahlkampfauftritte für Politiker und Anhänger der AfD mancherorts einem Spießrutenlauf gleichen, ist inzwischen schon zur traurigen Normalität geworden. Jüngstes Beispiel hierfür ist der mutmaßliche Anschlag auf Tino Chrupalla in Ingolstadt, in dessen Folge der Co-Parteichef über Nacht intensivmedizinisch behandelt und überwacht werden musste.

Eine neue Qualität ist aber spätestens dann erreicht, wenn AfD-Politiker sich auch in ihrem privaten Umfeld nicht mehr sicher fühlen können. So wurde Andreas Jurca, Kandidat seiner Partei für die Landtagswahl in Bayern, Mitte August auf dem Weg nach Hause auf offener Straße krankenhausreif geprügelt. In dieser Woche wurde dann bekannt, dass Co-Chefin Alice Weidel nach Drohungen gegen sie und ihre Familie an einen „sicheren Ort“ gebracht werden mussten.

Ja, derartige Vorfälle sind ein Armutszeugnis für jede funktionierende Demokratie, die im „besten Deutschland aller Zeiten“ unermüdlich beschworen wird. Fakt ist aber auch, dass die AfD bei der Kommunikation dieser durch nichts zu rechtfertigenden Vorfälle bisweilen eine recht unglückliche Figur abgibt.

Fall Andreas Jurca

Der Fraktionschef der Augsburger AfD wurde auf dem Nachhauseweg von einer Grillparty übel zugerichtet und hat die Täter gegenüber der Presse und Polizei daraufhin unter anderem als „Südländer“ beschrieben. Praktisch sofort wurde Jurca der Lüge bezichtigt und mit einer Kneipenschlägerei in Verbindung gebracht.

Nachdem in der Folge noch weitere vermeintliche Widersprüche aufgetaucht waren, etwa das Verletzungsbild, begannen selbst AfD-nahe Medien an der Darstellung Jurcas und seiner Begleiter zu zweifeln, um es vorsichtig auszudrücken. Offensichtliches Ziel der medialen Kampagne: das Opfer eines Überfalls sollte zum Täter gemacht werden.

Mit knapp zweimonatiger Verspätung werden die Aussagen von Andreas Jurca jetzt aber gestützt. Polizei und Staatsanwaltschaft in Augsburg teilten der Öffentlichkeit in den vergangenen Tagen – wenn auch nur scheibchenweise – neue Details zu den mutmaßlichen Tätern mit. So seien ein 19- und ein 21-jähriger Verdächtiger ermittelt und deren Wohnungen durchsucht worden. Bei den Männern soll es sich um deutsche Staatsbürger handeln.

Erst am gestrigen Freitag schob die Polizei die in diesem Zusammenhang nicht unwichtige Information nach, dass der 21-jährige Verdächtige auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt. Ob auch der zweite mutmaßliche Angreifer einen Migrationshintergrund hat, wollten die Ermittler aber nicht preisgeben. Jedoch wird dadurch Jurcas Aussage, in der er die Täter als „Südländer“ beschrieben hatte, noch einmal untermauert.

Gleichzeitig stellte das Polizeipräsidium Schwaben-Nord klar, dass in dem Fall nicht (mehr) gegen Andreas Jurca ermittelt werde. Auch dieser Hinweis ist wichtig, nachdem ein Rentner aus dem fernen Saarland im August noch Strafanzeige gegen den AfD-Politiker gestellt hatte.

Zu dieser aktuellen Entwicklung befragt, wollte sich der AfD-Politiker auf reitschuster.de-Anfrage aber nicht näher äußern. Das ist einerseits zwar eher kontraproduktiv, andererseits aber vielleicht auch eine verständliche Reaktion nach den zuletzt gemachten Erfahrungen mit verschiedenen Medien. Auch die Staatsanwaltschaft Augsburg war für eine Anfrage zum derzeitigen Stand der Ermittlungen bislang nicht zu erreichen.

Fall Tino Chrupalla

Das vielleicht krasseste Beispiel für das offensichtliche Kommunikationsproblem bei der AfD, wenn es um Angriffe auf deren Spitzenpolitiker geht, lieferte zuletzt Petr Bystron. Der Bundestagsabgeordnete sprach in einer Video-Botschaft zum Gesundheitszustand von Tino Chrupalla davon, dass die Lage „ernster als gedacht“ und der AfD-Chef „nicht ansprechbar“ sei.

Nachdem sich das als falsch herausgestellt hatte, erklärte Bystron, dass „nicht ansprechbar“ für ihn und alle anderen bedeute, wenn jemand nicht auf Anrufe und SMS reagiere. Die richtige Formulierung hätte hier freilich „nicht erreichbar“ lauten müssen.

So aber gibt die AfD dem Affen Zucker, der nur darauf wartet, derartige Pannen gegen die Partei auszuspielen. Dieser Elfmeter ohne Torwart wird von den Mainstream-Medien natürlich umgehend verwandelt und der gesamte Vorfall als Inszenierung dargestellt.

Fall Alice Weidel

Ganz ähnlich verhält es sich mit Parteichefin Alice Weidel. Die durch die AfD verbreitete Meldung, Weidel habe einen Wahlkampfauftritt in Bayern absagen müssen, nachdem es Drohungen gegen sie und ihre Familie gegeben habe, klingt das für sich genommen nicht unplausibel. Wie gesagt, so etwas ist für führende AfD-Politiker inzwischen leider Alltag.

Wenn dann aber etwas nebulös davon die Rede ist, dass Weidel und ihre Familie „an einen sicheren Ort“ gebracht worden sind, und die Parteichefin einen Tag später dann in einem Restaurant auf Mallorca gesichtet wird, wirft das natürlich Fragen auf.

Grundsätzlich kann natürlich auch Mallorca ein „sicherer Ort“ sein. Im Zusammenhang mit einer Bedrohungslage wird sich der durchschnittlich informierte Bürger jedoch etwas anderes vorstellen als eine insbesondere auch bei Deutschen sehr beliebte und auch um diese Jahreszeit noch gut besuchte Ferieninsel im Mittelmeer.

Die AfD scheint also gut beraten, ihre Kommunikationsstrategie bei derartigen Vorfällen für die Zukunft zu überdenken – sagen, was ist, und nebulöse bzw. beliebig interpretierbare Formulierungen möglichst weglassen.

Klar ist doch, dass die Mainstream-Medien nur darauf warten, dass ein noch so geringfügiges Detail als unwahr entlarvt werden kann. Ähnlich wie bei kritischen Journalisten wird eben auch bei Verlautbarungen der AfD von selbsternannten Faktencheckern jedes Wort auf die Goldwaage gelegt.

Unter Beschuss – aber umso wichtiger ist Ihre Unterstützung!  

„Verschwörungsideologe“, „Nazi“ oder „rechter Hetzer“: Als kritischer Journalist muss man sich heute ständig mit Schmutz bewerfen lassen. Besonders aktive dabei: die öffentlich-rechtlichen Sender. Der ARD-Chef-Faktenfinder Gensing verklagte mich schon 2019, der Böhmermann-Sender ZDF verleumdete mich erst kürzlich als „Verbreiter von Verschwörungserzählungen“ – ohne einen einzigen Beleg zu benennen, und in einem Beitrag voller Lügen. Springer-Journalist Gabor Steingardt verleumdete mich im „Focus“, für den ich 16 Jahre lang arbeitete, als „Mitglied einer Armee von Zinn­soldaten“ und einer „medialen Kampf­maschine“ der AfD. Auf Initiative des „Westdeutschen Rundfunks“ wurde ich sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Wehrt man sich juristisch, bleibt man auf den Kosten in der Regel selbst sitzen. Umso wichtiger ist Ihre Unterstützung. Auch moralisch. Sie spornt an, weiter zu machen, und nicht aufzugeben. Ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie mir mit Ihrem Beitrag meine Arbeit ermöglichen – ohne Zwangsgebühren und Steuergelder.
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Screenshot Youtube-Video BR

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