Sehen Sie hierzu auch mein Video von der Bundespressekonferenz.
Die Dreistigkeit, mit der die Bundesregierung der Öffentlichkeit Auskunft zu ihren Beweggründen und Grundlagen für die schwersten Grundrechtseinschnitte seit Bestehen der Republik verweigert, wird immer heftiger. Heute habe ich in der Bundespressekonferenz zwei Fragen zu zwei Schlüsselmomenten des Lockdowns und der geplanten Verschärfungen gestellt. Die Antworten machen mich sprachlos. Und es macht mich sprachlos, dass sich offenbar eine Mehrheit der Bevölkerung mit solch einer Auskunftsverweigerung zufriedengibt. Man kann zu den Maßnahmen und zur Corona-Politik stehen, wie man will. Doch unter Demokraten sollte es ein Konsens sein, dass sich Regierungen für massive Einschnitte in die Grundrechte rechtfertigen und einer kritischen Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen müssen. Die Art und Weise, wie dies nicht getan wird, ist in meinem Augen eine Ohrfeige für jeden mündigen Bürger. Dass Regierungen keine Antworten haben, kommt überall und immer vor. Dass sie nicht zumindest den Versuch unternehmen, so zu tun, als würden sie nach Antworten suchen, ist in unserer Demokratie eine Neuerscheinung. So behandelt man kleine Kinder, aber nicht mündige Bürger. Soweit mein subjektiver Eindruck. Damit Sie sich selbst ein Bild machen können (denn vielleicht irre ich mich ja oder reagiere über), dokumentiere ich hier meine Fragen auf der heutigen Bundespressekonferenz an die Sprecherinnen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und deren Antworten. Ich freue mich auf Ihre Einschätzung!
WHO
FRAGE REITSCHUSTER: Frau Fietz, Frau Nauber – David Nabarro, Sonderberichterstatter der WHO, hat im Oktober gesagt: Wir bei der Weltgesundheitsorganisation befürworten Lockdowns nicht als Hauptmittel. Sie seien nur gerechtfertigt, „um Zeit zu gewinnen, um umzuorganisieren, sich neu aufzustellen, die eigenen Ressourcen neu auszutarieren und um medizinisches Personal zu schützen, das erschöpft ist.“ Welcher von diesen drei Punkten trifft als Begründung für die jetzige Verlängerung des Lockdowns zu? Danke.
STAATSSEKRETÄRIN FIETZ: Herr Reitschuster, wir haben hier über dieses Zitat schon mehrfach gesprochen. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen neuere Erkenntnisse zuliefern kann. Sie müssen dieses Zitat im Gesamtzusammenhang sehen. Einzelne Zitate aus der öffentlichen Diskussion kommentieren wir auch nicht.
VORS. FELDHOFF: Frau Nauber, haben Sie noch Ergänzungen?
NAUBER: Nein.
ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Ich frage zum wiederholten Male, weil ich keine Antwort bekomme. Die Bundesregierung muss doch sagen können, welcher von den drei Punkten, die die WHO für einen Lockdown als sinnvoll erachtet, begründet ist. Kann die Bundesregierung das nicht beantworten?
STAATSSEKRETÄRIN FIETZ: Ich kann dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzufügen.
Ausgangssperren
FRAGE REITSCHUSTER: Ich hätte noch eine Frage an Frau Fietz und Frau Nauber: Die Beschlussvorlage der Bundesregierung sieht ja eine nächtliche Ausgangssperre vor. Nun hat am Sonntag der Stanford-Professor Ioannidis genau davor gewarnt. Kurzes Zitat:
In der begrenzten Zeit sind dann noch mehr Leute gleichzeitig im öffentlichen Raum unterwegs. Sie stecken sich so vermehrt an und sitzen anschließend vermehrt in geschlossenen Räumen zusammen.
Wie stehen Sie zu dieser Kritik? Was ist Ihre wissenschaftliche Grundlage für die Ausgangssperren, die Sie möchten?
STAATSSEKRETÄRIN FIETZ: Ich kann da nur wiederholen, was wir schon öfter gesagt haben. Wie üblich nehmen wir hier nicht Stellung zu einzelnen Untersuchungen oder Studien einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Aber ich wiederhole auch gern, dass die Bundesregierung insgesamt den wissenschaftlichen Diskurs und veröffentlichte Studien sowohl wahr als auch ernst nimmt, und zwar seit Beginn der Pandemie.
NAUBER: Ich kann dem nichts hinzufügen.
FRAGE REITSCHUSTER: Eine nächtliche Ausgangssperre ist ja doch ein weitreichender Eingriff in Grundrechte. Sie müssen doch wissenschaftliche Erkenntnisse haben, wie Sie diesen Eingriff in die Grundrechte rechtfertigen. Können Sie diese nennen?
STAATSSEKRETÄRIN FIETZ: Zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass es Ausgangssperren dieser Art in vielen Ländern Europas und der Welt gibt. Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass darüber heute Nachmittag beraten wird und ich diesen Beratungen nicht vorgreifen will.
Sehen Sie hierzu auch mein Video von der Bundespressekonferenz.
[themoneytizer id=“57085-3″]
Bild: Boris Reitschuster
Text: br