Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Die mögliche Aufstellung des früheren Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen in Thüringen als Bundestagskandidat der CDU schlägt in Deutschland hohe Wellen. In den sozialen Netzwerken liefern sich Maaßen-Befürworter und Merkel-Fans knallharte Streitgespräche und beweisen damit eindrucksvoll, wie sehr dieser Mann als Gegenmodell zu Angela Merkel und ihrer inhaltlich und personell ausgebluteten CDU polarisiert und das Interesse zumindest der bürgerlichen Öffentlichkeit weckt. Sylvia Pantel ist eine von zwei Sprechern des konservativen “Berliner Kreises” in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Hier ihre Ansichten zur Kandidatur Maaßens und zu den möglichen Folgen für die CDU.
Frau Pantel, wenn ein CDU-Kreisverband im Süden Thüringens Hans-Georg Maaßen als Bundestagskandidaten aufstellt, ist das dann positiv für Ihre Partei oder sorgt das nur für neuen Streit?
Zum Glück haben wir demokratische Strukturen in Deutschland, und die Aufstellungsversammlung eines Bundestagskandidaten ist ein demokratischer Akt. Maaßens Kandidatur als Angebot an die Delegierten und Mitglieder wird unserem Anspruch gerecht, auch in Zukunft eine Volkspartei zu bleiben.
Wenn Maaßen in Thüringen CDU-Kandidat wird, ist das dann ein regionales Ereignis, oder ist das wichtig für die Gesamtpartei?
Zumindest wäre es in dieser Situation ein starkes Zeichen an die Gesamtpartei, wenn wir den Kanzlerkandidaten von allen 420.000 Mitgliedern nominieren ließen. Im Moment stehen beide genannten Kandidaten in der öffentlichen Kritik und niemand weiß, ob sie wirklich große Wählergruppen in Deutschland hinter sich versammeln können. Ich bin dafür, die Kandidatenliste für einen Mitgliederentscheid noch einmal zu öffnen auch für andere Köpfe. Für Ralph Brinkhaus zum Beispiel oder auch für den an der Basis sehr beliebten Friedrich Merz.
Nach dem Bundesparteitag der CDU im Januar, wo sich die Mehrheit der Delegierten gegen Friedrich Merz als Vorsitzenden entschieden haben, war das Thema Volkspartei für viele der enttäuschten unterlegenen Anhänger abgehakt. Warum ist es eigentlich so schwer, dass die CDU ihre konservativen Leute mit einbindet, so wie das über Jahrzehnte funktionierte zum Wohl der Partei, aber auch des Landes?
Die Entscheidung auf unserem Bundesparteitag war sehr knapp. Die Delegierten sind erkennbar nicht der Stimmungslage der Mehrheit unserer Mitglieder gefolgt. Und die Versprechen, Friedrich Merz zukünftig einzubinden, wurden nicht gehalten. Auch das spiegelt sich in den schlechten Umfrageergebnissen wider, dass man den konservativen Parteiflügel anscheinend gar nicht einbinden will.
Sie sprechen es an, die CDU nähert sich in den Umfragen den 25 Prozent, Tendenz fallend. Liest man in Berlin keine Umfragen mehr?
Klar, wir kennen die schlechtesten Umfragewerte der CDU überhaupt nur zu gut. Viele von uns Abgeordneten wissen, dass es für sie sehr eng werden kann bei der nächsten Bundestagswahl. Und wir wissen auch, dass eine Wahlniederlage dramatische Folgen für Deutschland bedeuten könnte. Deshalb haben wir im September natürlich eine Richtungswahl.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist auch auf seinem Blog „Denken erwünscht“ erschienen.
Text: Gast