Ausnahmezustand auf allen Ebenen: Musk vergleicht Premier Trudeau mit Hitler Während ein Bank Run droht, entwürdigt der kanadische Regierungschef eine jüdische Parlamentarierin

Von Daniel Weinmann

Justin Trudeau macht ernst. Zwei Tage nachdem der „Star der Linken“ den Notstand ausgerufen hatte (Reitschuster.de berichtete), haben am Freitag hunderte schwerbewaffnete Polizisten in Ottawa damit begonnen, die Demonstranten zurückzudrängen und Straßen freizuräumen. Schwere Abschleppwagen mit abgedeckten Nummernschildern und Firmenlogos transportierten die ersten Trucks ab. Chris Barber, einer der Hauptorganisatoren des Friedenskonvois, wurde bereits tags zuvor verhaftet.

Jede Person, die sich am Ort einer illegalen Demonstration aufhält, könne festgenommen werden, erklärten die Ordnungshüter auf Twitter und drohten mit „schweren Strafen, wenn Sie nicht sofort weitere ungesetzliche Aktivitäten einstellen und Ihr Fahrzeug und/oder Eigentum entfernen“. Der Agentur AFP zufolge kamen viele Trucker dem Aufruf nach und fuhren ihre Lkw weg.

Der Abzug ist Wasser auf die Mühlen der Mainstream-Presse, die die Demonstranten vorzugsweise so diffamiert: „Es wird immer deutlicher, dass es sich beim „Freedom Convoy“ nicht nur um Corona-müde Lastwagenfahrer handelt, sondern um eine gut organisierte und finanzstarke Bewegung, die radikalere Ziele verfolgt.“ (Quelle: „Neue Zürcher Zeitung“)

Der streitbare Tesla-Gründer Elon Musk sieht dies offensichtlich anders und veröffentlichte am Donnerstag auf Twitter ein Foto von Adolf Hitler, das mit dem Text „Hört auf, mich mit Justin Trudeau zu vergleichen“ versehen war. Der Eintrag wurde später wieder gelöscht.

Blankoscheck für Bestrafung Andersdenkender

Nur einen Tag vor dem Vergleich mit dem Diktator entgleiste Trudeau höchstselbst in einer Parlamentsdebatte gegenüber der jüdischen Abgeordneten Melissa Lantsman. Der Mann, der als Regierungschef ganz genau wissen sollte, was man sagen darf und was nicht, diffamierte die Politikerin und ihre konservative Partei als „Leute, die fürs Schwenken von Hakenkreuzen stehen“.

Dabei hatte die 37-Jährige nur gewagt, den zunehmend autokratischen Trudeau am Mittwoch im Parlament wegen der Anwendung des drakonischen Notstandsgesetzes zur Niederschlagung der Proteste des Freiheitskonvois gegen Impfstoffmandate zu kritisieren. Zur völlig übersteigerten Hybris Trudeaus passt, dass er die Nazivergleiche bislang auch auf mehrere Aufforderungen hin nicht zurückgenommen hat. Er zog es vor zu schweigen.

Es war nicht sein erster Vergleich mit Hitlers Schergen. Schon zuvor hatte er Demonstranten als Nazi-Sympathisanten dargestellt. Führende israelische Ärzte und Forscher drückten daraufhin in einem offenen Brief ihre Besorgnis aus.

Trudeau hat den Zeitpunkt verpasst, offensiv und persönlich auf die Menschen zuzugehen und mit ihnen zu sprechen. Stattdessen stellte er seinem Kabinett einen Blankoscheck für ein hartes Vorgehen gegen Regierungskritiker jeglicher Couleur aus: Auf seine Anordnung hin können aufgrund der Massenproteste der Trucker nicht nur die Konten und Vermögen der Protestler eingefroren und gesperrt werden. Künftig soll diese Methode auch allgemein auf der Regierung unliebsame Andersdenkende ausgeweitet werden.

Orchestrierter Bank Run als Retourkutsche?

Die Trucker und ihre Sympathisanten versuchen nun Berichten zufolge, den rigiden Maßnahmen der Trudeau-Administration nach diesem Motto die Schlagkraft zu nehmen: Wenn ihr uns die Konten sperrt, dann heben wir alle unser Geld ab und beschwören einen orchestrierten Bank Run. Kanadischen Google-Daten zufolge nahm die Anzahl der Suchen nach dem Suchbegriff „Bank Run“ in den vergangenen Tagen exponentiell zu.

Zugleich häufen sich kurzzeitige Systemausfälle bei den Banken in bedrohlichem Maße. Am Donnerstag boten gleich mehrere große kanadische Finanzinstitute zeitweise keinen Zugang mehr zu Online- und mobilen Bankdienstleistungen. Zu den Geldhäusern, die von diesen Problemen betroffen waren, gehören die Royal Bank of Canada, BMO (Bank of Montreal), Scotiabank und die Canadian Imperial Bank of Commerce.

Die Frage, ob Trudeau auch so hart vorgehen würde, wenn die Proteste seiner politischen Auffassung entsprechen würden, lässt sich mit einem Blick zurück beantworten: Als vor zwei Jahren Bauern in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi Straßen blockierten, um gegen neue Landwirtschaftsgesetze zu demonstrieren, zeigte er sich solidarisch: „Kanada wird immer da sein, um das Recht auf friedlichen Protest zu verteidigen.“

 


Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock/EricBery
Text: dw

mehr von Daniel Weinmann auf reitschuster.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert