Baerbock senkt Hürden für Eintritt in den Diplomaten-Dienst Prinzip der Bestenauslese massiv aufgeweicht

Von Kai Rebmann

Annalena Baerbock (Grüne) braucht neue Mitarbeiter. Das Haus der Bundesaußenministerin schreibt dazu auf seiner Homepage: „Für den Einstellungstermin im Juli 2023 sucht das Auswärtige Amt 50 – 80 Attaché(e)s als Beamtinnen und Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für den höheren Auswärtigen Dienst.“ Das mehrstufige Auswahlverfahren der aktuellen Bewerber beginnt in der kommenden Woche und soll laut Planung des Ministeriums bis Ende Januar 2023 zum Abschluss gebracht werden. Im Gegensatz zu früheren Jahren hat das Auswärtige Amt zwei wichtige Hürden aus dem Weg geräumt. Offensichtlich auf Wunsch von Baerbock wurden die bisher üblichen psychologischen Tests sowie Fragen zur Allgemeinbildung gestrichen.

Das Portal karrieresprung.de informiert über den psychologischen Eignungstest wie folgt: „Der Test wird von der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen e.V. (dgp), einer Personalberatungsgesellschaft, die das Auswärtige Amt schon seit vielen Jahren bei Auswahlverfahren berät, durchgeführt. Er besteht aus Aufgaben aus dem Bereich des logischen Denkens, Konzentrationsaufgaben, sowie Tests zur Merkfähigkeit.“ In der Stellenausschreibung des Auswärtigen Amts heißt es dagegen ausdrücklich: „Einen psychologischen Eignungstest führen wir in diesem Jahr nicht durch.“ Eher stillschweigend werden die Bewerber auch darüber informiert, dass der bisher obligatorische Test zur Allgemeinbildung ebenfalls weggefallen ist. Neben den Sprachkenntnissen der angehenden Diplomaten interessiert sich das Haus von Annalena Baerbock nur noch für deren „Kenntnisse in Völker-, Europa- und Staatsrecht, Wirtschaft sowie Politik und Geschichte.“

Annalena Baerbock verantwortet den Ablauf des Auswahlverfahrens für die deutschen Diplomaten von morgen in diesem Jahr zum ersten Mal. Die Frage, warum ab sofort auf so grundlegende Kriterien wie Allgemeinbildung und die psychologische Eignung der Bewerber verzichtet wird, bleibt in der offiziellen Stellenausschreibung aber offen.

Zu hohe Durchfallquote bei Frauen?

Die nicht mehr ganz so neue Außenministerin hat seit ihrem Amtsantritt im Dezember 2021 mehrfach betont, dass sie für eine „feministischere Außenpolitik“ stehen wolle. Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als dass bei der Besetzung von offenen Posten im Zweifel das Geschlecht entscheidet, nicht mehr die einschlägige Qualifikation der Bewerber. Irgendwie ist das nur konsequent, zumal Baerbock es selbst einer ähnlichen Regelung zu verdanken hat, dass sie überhaupt Außenministerin werden konnte. Die ‚Bild‘ zitierte im Zusammenhang mit der Streichung der Tests über die Allgemeinbildung und psychologische Eignung einen mit dem Vorgang vertrauten Insider aus dem Auswärtigen Amt wie folgt: „Der psychologische Test wurde gestrichen, weil da besonders viele weibliche Kandidaten durchgefallen sind.“

Andere Stimmen wiederum argwöhnen, dass Annalena Baerbock sich einer Art ideologischer Säuberung im Auswärtigen Amt verschrieben haben soll. Mangelnde fachliche und/oder persönliche Qualifikation soll demnach durch die richtige Weltanschauung ausgeglichen werden können. CSU-Außenexperte Florian Hahn warf Baerbock daher „grüne Vetternwirtschaft“ vor und warnte vor einer Aufweichung des Anforderungsprofils für die Attachés. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, riet Baerbock, „ihre vermeintlich feministische Außenpolitik nicht ins Lächerliche zu ziehen.“ Der Bundestagsabgeordnete Knut Abraham (CDU) war für die Bundesrepublik mehrere Jahre als Generalkonsul in Washington tätig und sagte: „Wir müssen ganz genau aufpassen, dass hier nicht die Axt angelegt wird an die hohe Qualität der Diplomaten-Auswahl. Begabung, Fakten und Fachkenntnisse müssen die harten Kriterien bleiben.“

Berufseinsteiger verdienen bis zu 5.000 Euro

Von der Uni direkt zu einem Einstiegsgehalt von bis zu 5.000 Euro (Grundgehalt plus Auslandszulage) und dafür kaum einen Finger krumm machen? Das Auswärtige Amt lässt grüne Träume wahr werden und lockt seine Attachés mit einer Besoldung der Gruppe A13 vom ersten Tag an. Das eingangs erwähnte Portal beschreibt den Berufsalltag eines Attachés wie folgt: „Wer den Eignungstest besteht, durchläuft beim Auswärtigen Amt einen 14-monatigen Vorbereitungsdienst. Der Vorbereitungsdienst endet mit einer schriftlichen und mündlichen Laufbahnprüfung. Er besteht aus praktischen und theoretischen Abschnitten zu den folgenden Themengebieten: Volkswirtschaftslehre (4 Wochen), Geschichte und internationale Politik (6 Wochen), Völkerrecht (4 Wochen), Rechts- und Konsularwesen (8 Wochen).“ Darüber hinaus erwarten die angehenden Diplomaten Rhetorikkurse, Planspiele zur Verhandlungstechnik, Personalführungs-, Krisen- und Medienseminare sowie Intensivkurse in Englisch, Französisch und einer weiteren Sprache nach Wahl des Attachés.

Gerade in einer Welt, in der bisher zementiert geglaubte Ordnungen wieder aus den Fugen zu geraten scheinen, sollten die Botschaften ihren diplomatischen Nachwuchs nach dem über Jahrzehnte hinweg in allen Bereichen der Politik bewährten Verfahren der Bestenauslese auswählen. Während sich politische Ziele und Ausrichtungen eines Staates im Falle der Bundesrepublik Deutschland alle vier Jahre ändern können, ist eine Diplomatenkarriere oft auf mehrere Jahrzehnte ausgelegt. Einen guten Diplomaten zeichnet es deshalb aus, dass er in der Lage ist, gegenüber Dritten gerade solche politischen Positionen glaubhaft zu vertreten, hinter denen er persönlich nicht unbedingt steht. Die Interessen des Arbeitgebers, in diesem Fall die Bundesrepublik Deutschland, haben für jeden Diplomaten weit über den eigenen Interessen zu stehen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock
Text: kr

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