Die Behörden im Freistaat haben jetzt die Konkurrenz von Ministerpräsident Markus Söder und dessen CSU ins Visier genommen: Die AfD wird jetzt als Gesamtpartei vom Verfassungsschutz beobachtet.
„Das dient der Aufklärung, inwieweit in der AfD als Gesamtpartei Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen», sagte ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz in München laut dpa. Kritiker monieren, so ein Schritt würde den Inlandsgeheimdienst zu einem Instrument im politischen Wettbewerb machen. Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (CDU) etwa hatte im Gespräch mit mir 2019 erzählt, dass man von der Politik aus bei ihm angeregt habe, er solle die AfD beobachten lassen. Er habe diese mit dem Hinweis abgelehnt, dass der nicht der Konkurrenzschutz der Regierung sei.
Insofern ist die aktuelle Entwicklung bemerkenswert. Sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz, das unter Maaßen-Nachfolger Thomas Haldewang stramm auf Kurs der Regierung ist und Kritik an dieser als „Delegitimierung des Staates“ delegitimiert, als auch einzelne Länder-Behörden führten die AfD bereits vor der Entscheidung aus Bayern als Verdachtsfall. Dies schränkt die Arbeit der Partei und ihre Möglichkeiten deutlich ein. Etwa, weil Beamten Schwierigkeiten droht, wenn sie in einer Partei sind, die als „Verdachtsfall“ eingestuft wird.
Das Bayerische Landesamt beeilte sich denn auch mitzuteilen, die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion stünden nicht unter Beobachtung. Die Begründung: Die vom Bundesverfassungsgericht dafür definierten Anforderungen seien „bislang nicht erfüllt“.
Die bayerische AfD hat angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Entscheidung der Behörde einzulegen. Die Erfolgschancen sind offen: Eine Klage der Partei gegen das Bundesamt wegen der Einstufung als Beobachtungsfall wurde in erster Instanz zugunsten des Verfassungsschutzes entschieden, wie die dpa mitteilte. Allerdings hat die Partei Berufung eingelegt. Weiter schreibt die dpa: „Die Thüringer AfD wird vom dortigen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet. In Bayern waren bislang nur die Nachwuchsorganisation der AfD, die ‘Junge Alternative‘,, sowie etwaige Nachfolgeaktivitäten des offiziell aufgelösten rechtsnationalen ‘Flügels‘ beobachtet worden.“
Der Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes erklärte, dem Landesamt stünden nun „grundsätzlich alle gesetzlich vorgesehenen nachrichtendienstlichen Mittel zur Verfügung“. Also etwa Telefonüberwachung, Eindringen in Computer zur Überwachung derselben und dergleichen mehr. Wie unter diesen Bedingungen ein fairer politischer Wettbewerb möglich sein soll, sagte der Sprecher nicht. Er beschwichtigte dafür laut dpa: „Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die AfD noch nicht als erwiesen extremistisch eingestuft ist.“ Dies bedeutet also, dass nicht automatisch alle Maßnahmen erlaubt sind, so dpa.
„Es handelt sich hier eindeutig um eine politisch motivierte Beobachtung“, kommentierte der Landesvorsitzende Stephan Protschka den Entschluss laut dem Bericht. Die CSU versuche, „den Verfassungsschutz als eine Art Inlandsgeheimdienst gegen uns einzusetzen“. Es werde der CSU nicht gelingen, die AfD «mundtot zu machen».
Besonders pikant ist, dass die Entscheidung ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern erfolgt, bei der die CSU um ihre Macht zittern muss. Als kritischer Journalist bin ich allen Parteien gegenüber kritisch eingestellt. Auch viele Entwicklungen in der AfD beobachte ich mit Sorge. Etwa die Ohrfeigen für die gemäßigten Kräfte beim letzten Parteitag. Als Demokrat sträuben sich bei mir aber alle Nackenhaare, wenn ein Geheimdienst die Konkurrenz der Regierung allein aufgrund eines Verdachts mit nachrichtlichen Mitteln überwacht – gerade in Deutschland mit seiner Geschichte.
Entlarvend ist zudem, dass bei der zu Teilen immer noch linksradikalen Partei „Die Linke“ ganz offensichtlich andere Maßstäbe angelegt werden.
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Text: br