Datenschützer warnen vor geplanter Kennzeichenerfassung Ohne Richtervorbehalt

Von Elias Huber

Kontrolliert der Staat bald Dieselfahrverbote und andere Verkehrsverstöße mit Kameras, die Kennzeichen erfassen? Das Merkel-Kabinett hat jedenfalls am 20.01. einen Gesetzentwurf verabschiedet, laut dem die Strafverfolgungsbehörden Kfz-Kennzeichen bundesweit erfassen dürften. Die Behörden könnten Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erheben, wenn Anhaltspunkte für eine “Straftat von erheblicher Bedeutung” vorliegen. Und zwar “ohne das Wissen der betreffenden Personen”. Allerdings müssen die Behörden die Daten “sofort und spurenlos” löschen, wenn kein Treffer vorliege, steht in dem Gesetzentwurf. Bundesrat und Bundestag müssen dem Papier noch zustimmen.

Datenschützer übten deutliche Kritik. „Es ist zu erwarten, dass die geplante bundesweite Erlaubnis vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand hat“, sagte etwa Rena Tangens, Vorstandsmitglied von Digitalcourage, laut einer Mitteilung des Datenschutz-Vereins. Schon im Jahr 2008 habe das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass es enge Grenzen für die Verhältnismäßigkeit der Kennzeichenüberwachung gebe. Der Gesetzentwurf lasse aber vieles vage, zum Beispiel solle die Erfassung “vorübergehend” und “örtlich begrenzt” beim Verdacht auf “erhebliche Straftaten” erlaubt sein. “Das ist zu viel Ermessensspielraum”, kritisierte Tangens.

Weiter sagte die Datenschützerin: “Einen Richtervorbehalt soll es offenbar nicht geben. Eine schriftliche Anordnung der Staatsanwaltschaft soll ausreichen – bei ‚Gefahr im Verzug‘ darf die Anordnung sogar mündlich und durch ‚die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft‘ ergehen.” Im Zweifel könne sich die Polizei also selbst zur Kennzeichenerfassung berechtigen, empörte sich die Datenschützerin.

Auch Frank Rosengart lehnte der Mitteilung zufolge die Regierungspläne ab. “Das steht in keinem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Grundrechte durch Kennzeichenerfassung”, sagte das Mitglied des Hackervereins Chaos Computer Club. In Brandenburg, wo Kennzeichenerfassung erlaubt ist, sei die polizeiliche Praxis trotz strenger Vorgaben durch den Gesetzgeber völlig aus dem Ruder gelaufen. “Leider haben dort sämtliche Kontrollmechanismen versagt, so dass über viele Jahre eine grundrechtswidrige Datensammlung auf Vorrat stattgefunden hat”, sagte Rosengart. Die von der Bundesregierung geplante Regelung werde “den Missbrauch noch leichter machen”, fürchtete er.

Laut der Auto Zeitung erfassten bis zum Jahr 2019 Bayern, Hessen und Baden-Württemberg Kfz-Kennzeichen. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht die jeweiligen Landespolizeigesetze als zu weitgehend und somit verfassungswidrig erklärt. Die neue Regelung würde es den Sicherheitsbehörden erstmals erlauben, Kennzeichen bundesweit zu überwachen.

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Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main.
Bild: Lawrence Glass/Shutterstock
Text: Gast

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