Von Klaus Kelle
BERLIN – Der Medienkonzern Axel Springer hat mit sofortiger Wirkung »BILD«-Chefredakteur Julian Reichelt von seinen Aufgaben entbunden. Das teilte das Unternehmen am Montag in Berlin mit.
Neuer Vorsitzender der »BILD«-Chefredaktion wird Johannes Boie. Der 37-Jährige ist derzeit Chefredakteur der zu Springer gehörenden Zeitung »Welt am Sonntag«.
Springer begründet das Ende der Zusammenarbeit mit Reichelt an der Spitze von Deutschlands größter Boulevardzeitung so: „Als Folge von Presserecherchen hatte das Unternehmen in den letzten Tagen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten von Julian Reichelt gewonnen. Diesen Informationen ist das Unternehmen nachgegangen. Dabei hat der Vorstand erfahren, dass Julian Reichelt auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt hat.“
Internes Verfahren im Frühjahr
Im Frühjahr hatte Springer das interne Verfahren angestoßen. Medien hatten über Vorwürfe zu Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen berichtet. Der Konzern prüfte dann in einem internen Verfahren Vorwürfe und kam zu dem Ergebnis, dass Reichelt seinen Posten behalten sollte. Nach einer befristeten Freistellung kehrte Reichelt zunächst wieder zu Deutschlands größter Boulevardzeitung zurück.
Na da werden heute aber Sektkorken im Kanzleramt und in den Zentralen von SPD und Grünen knallen. Weil ich die Details der Vorwürfe nicht kenne maße ich mir kein Urteil an. Mein erster Gedanke war aber: wieder eine Zersetzungsaktion gegen Regierungskritiker erfolgreich.#Reichelt pic.twitter.com/76TcYsnoDd
— Boris Reitschuster (@reitschuster) October 18, 2021
Langer Bericht der »New York Times«
Die »New York Times« hatte nun am Wochenende einen langen Bericht über den Medienkonzern Axel Springer auch mit Blick auf die Pläne zur Übernahme der US-Mediengruppe Politico veröffentlicht. In dem Artikel ging es auch um «Bild»-Chefredakteur Reichelt und die im Frühjahr erstmals öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfe gegen ihn. Die Zeitung verwies auch auf bislang nicht veröffentlichte monatelange Recherchen eines Investigativ-Teams der Ippen-Mediengruppe.
Springer-Chef Mathias Döpfner sagte am Montag: „Julian Reichelt hat BILD journalistisch hervorragend entwickelt und mit BILD LIVE die Marke zukunftsfähig gemacht. Wir hätten den mit der Redaktion und dem Verlag eingeschlagenen Weg der kulturellen Erneuerung bei BILD gemeinsam mit Julian Reichelt gerne fortgesetzt. Dies ist nun nicht mehr möglich.“
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Heute leitet der Christdemokrat die Internet-Zeitung „The Germanz“. Dieser Beitrag ist zuerst dort erschienen.
Text: Gast