Berliner Rettungsleitstelle wird zum Millionengrab Völlig veraltete Technik bei Polizei und Feuerwehr

Von reitschuster.de

Es gibt Dinge im Leben, die wollen einfach nicht zusammenpassen. Ein Beispiel für eine solche völlig widernatürliche Kombination ist das Planen von Großprojekten und Berlin. Mit der Serie von Pleiten, Pech und Pannen rund um den Flughafen BER hat sich die Hauptstadt nicht nur in Deutschland bis auf die Knochen blamiert. Böse Zungen begannen daraufhin zu fragen, was die Berliner Projektplaner eigentlich beruflich machen. Der nach Ex-Kanzler Willy Brandt benannte Airport konnte erst im Oktober 2020 mit neunjähriger Verspätung seiner Bestimmung übergeben werden. Anstatt der ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von 825 Millionen Euro kostete der Flughafen den Steuerzahler am Ende mehr als sieben Milliarden Euro, also rund das Neunfache. Wer allerdings geglaubt hat, dass die Planer in der Hauptstadt ihre Lehren aus diesem Skandal gezogen haben, der sieht sich leider getäuscht.

Jetzt hat sich in Berlin das nächste Millionengrab aufgetan. Die Fehlplanungen sind aus finanzieller Sicht zwar nicht ganz so dramatisch wie beim Flughafen, könnten dafür im schlimmsten Fall aber Menschenleben kosten. Konkret geht es um Planung und Bau der „Kooperativen Leitstelle“ für Polizei und Feuerwehr in Berlin. Das Projekt wurde im Jahr 2016 vom Senat abgesegnet und sollte eigentlich im Jahr 2021 zum Abschluss gebracht werden. Geplante Kosten: 84 Millionen Euro.

Inzwischen neigt sich bereits das Jahr 2022 seinem Ende zu, von der gemeinsamen Leitstelle für die Rettungsdienste ist jedoch weit und breit noch nichts zu sehen. Noch nicht einmal die Bagger sind bis dato angerollt. Dafür informiert die Senatsverwaltung aber immerhin über den aktuellen Stand der Planung. Wie unter anderem die „Berliner Zeitung“ berichtet, soll das Projekt jetzt bis zum Jahr 2029 abgeschlossen sein – dann aber wirklich – und 250 Millionen Euro kosten, also gerade einmal das Dreifache der ursprünglichen Kalkulation.

Stark gestiegener Baupreisindex soll schuld sein

Man kommt nicht umhin, sich zu fragen, auf welcher Grundlage derartige Großprojekte in Berlin geplant werden. So ganz genau weiß das offenbar nicht einmal die Senatsverwaltung selbst. Es lässt tief blicken, wenn eine Sprecherin auf Anfrage der „Berliner Zeitung“ erklärt, dass nun „erstmalig eine detaillierte Planungsunterlage“ vorliege, auf deren Basis sich die Kosten konkret kalkulieren lassen. Mit anderen Worten: Die ursprünglich angenommenen 84 Millionen scheinen mehr oder weniger aus der Luft gegriffen oder ausgewürfelt worden zu sein. „Die planerische Ausarbeitung der hochkomplexen Anforderungen dieses besonderen Projekts mit mehreren Teilprojekten an zwei Standorten erfolgte – wie bei jedem Bauprojekt – schrittweise mit steigendem Detaillierungsgrad“, versucht sich die Sprecherin abermals an einer Erklärung. Und natürlich darf auch der Hinweis auf den „stark gestiegenen Baupreisindex“ nicht fehlen, um die eigene Fehlplanung unter den Teppich zu kehren.

Bei den beiden angesprochenen Standorten handelt es sich um einen Neubau bei der Polizei an der Gallwitzallee in Lankwitz sowie einen Anbau bei der Feuerwehr am Nikolaus-Groß-Weg in Charlottenburg. Die grundsätzliche Notwendigkeit dieses Projekts steht außer Frage, da die gegenwärtigen Zustände mit „beklagenswert“ eher noch wohlwollend beschrieben werden. „Bei der Polizei regnet es sogar durch“, wie es in dem Bericht heißt. Zudem erinnert die in den Leitstellen verwendete Technik an eine Zeit, in der Berlin noch eine geteilte Stadt war: „Wie in den 1980er-Jahren besteht nur eine schmale ‚Einwegverbindung‘ aus dem Computersystem der Feuerwehr zur Polizei. Der Großteil der Kommunikation zwischen den Leitstellen wird per Telefon abgewickelt. Das ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Die Leitstellentechnik von Polizei und Feuerwehr ist veraltet, Wartungsverträge für Geräte und Software laufen demnächst aus.“ Man darf wohl schon froh sein, dass die Rettungsdienste in der Hauptstadt nicht via Dosentelefon kommunizieren oder Brieftauben hin- und herschicken müssen.

Polizei warnt vor Gefahr für Leib und Leben der Bürger

Kaum zu glauben, aber leider wahr: Die auslaufenden Wartungsverträge sollen offenbar nicht verlängert werden. Die Senatsverwaltung in Berlin begnügt sich also damit, einfach auf das Beste zu hoffen. Was jedoch passiert, wenn die veraltete Technik doch den Geist aufgibt, weiß niemand. Stephan Weh, Chef der Berliner GdP (Gewerkschaft der Polizei) warnt davor, dass dies „zum Risiko für die Menschen in der Stadt“ werden könnte. Laut dem Bericht gehen bei den Leitstellen der Rettungsdienste in Berlin jeden Tag rund 6.700 Notrufe ein. Eine reibungslose Kommunikation zwischen Polizei, Feuerwehr und Notärzten kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden.

Weh bekräftigt daher seine Forderung nach einer Priorisierung des massiv in Verzug geratenen Projekts: „Die Kooperative Leitstelle darf kein zweiter BER werden. Wir brauchen sie schnellstmöglich, eigentlich besser gestern als morgen.“ Das Spiel auf Zeit und die pure Hoffnung darauf, dass die Leitungen und Schnittstellen in den kommenden Jahren nicht vielleicht doch ihren Dienst quittieren, bezeichnete der Gewerkschaftsboss als „grob fahrlässig“. Mit ersten spürbaren Verbesserungen am Status quo dürfte jedoch nicht vor 2025 zu rechnen sein. Bis dahin soll – Stand heute – zumindest der Neubau bei der Polizei abgeschlossen sein. Bis alle Rädchen der neuen „Kooperativen Leitstelle“ komplett miteinander verzahnt werden können, wird es dann aber noch drei bis vier weitere Jahre dauern.

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