Rettungsdienste überfordert – kommt der Notarzt künftig nur noch selektiv? Massive Probleme mit der Versorgung

In der russischen Provinz sind die Notärzte oft vor eine schwere Wahl gestellt. Weil zu wenig Rettungskräfte zur Verfügung stehen, müssen sie bei Anrufen oft abklären, ob es sich „lohnt“, eines der raren Rettungsteams zu schicken – das dann anderweitig fehlen würde. Vor allem ältere Patienten bleiben so auf der Strecke – weil im Zweifelsfall Jüngeren der Vorzug gegeben wird. Meinen russischen Freunden habe ich immer erzählt, dass solche Zustände in Deutschland undenkbar sind.

Das scheint sich nun aber leider geändert zu haben. „Rettungswagen zu jedem Einsatz? ‘Das können wir uns nicht mehr erlauben‘“, schreibt jetzt die „Welt“ in einem Artikel hinter einer Zahlschranke: „Die steigenden Corona-Zahlen könnten die Rettungsdienste bald wieder ans Limit bringen. Das könnte zu überraschenden Einschnitten führen. Der Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst fordert ein Ende der ‘Vollkasko-Mentalität‘.“

Erstaunlich ist, dass der Vorsitzende die Abstriche bei den Patienten fordert. Die naheliegende Idee, das Pferd von vorne aufzuzäumen und bei den weit überzogenen Test- und Quarantäne-Regeln anzusetzen, ist offenbar Tabu bei Politik, Medien und Medizinern, die sich nicht ins gesellschaftliche Abseits schießen wollen. Dabei würde einzig und allein ein Blick über die deutschen Grenzen in andere Länder reichen, um zu sehen, wie einsam Deutschland mit der Fortsetzung der Corona-Panik dasteht. Und auch mit allen weit reichenden Folgen, die sich daraus ergeben. Wie eben jetzt dem Rettungswagen-Mangel. Der sicher auch andere Gründe hat als Corona – aber der deutsche Fanatismus im Umgang mit dem Virus spielt eben eine wichtige Rolle bei dem Problem.

„Derzeit sind weniger Rettungswagen auf der Straße, weil es durch die steigenden Corona-Erkrankungen zu immer mehr Personalausfällen kommt. Und wir sind erst am Beginn der Welle“, sagte Marco König, erster Verbands-Vorsitzender, der „Welt“. Weiter heißt es in dem Beitrag: „Wie schnell es von Warnungen zu einer akuten Überlastung der Rettungsdienste kommen kann, zeigte sich erst vor wenigen Monaten. Als im Juni eine Corona-Welle deutschlandweit für einen drastischen Anstieg der Infektionen sorgte, geriet das Rettungswesen in Berlin über seine Kapazitätsgrenze hinaus. Fast sechzehn Stunden rangen die Leitstellen damit, überhaupt noch Rettungswagen aufzutreiben. Schließlich schickten sie sogar Löschfahrzeuge zu medizinischen Einsätzen, um der Lage irgendwie Herr zu werden.“

Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Solche Zustände herrschen im vermeintlich „besten Deutschland aller Zeiten“. Und nicht nur in der rot-rot-grün regierten Hauptstadt. „Die steigenden Covid-Infektionen stellen die Rettungsdienste nun abermals vor Probleme“, schreibt die „Welt“ weiter und betreibt damit brav „Framing“. Denn es sind eben das Test-Regime und die Quarantäne-Regeln, von denen die Probleme verursacht werden. Und über die kritische Fachleute nur den Kopf schütteln.

Laut König müssen schon heute Patienten in vielen Städten „länger auf einen Krankenwagen warten als üblich“. Bis auf wenige Ausnahmen hätten Rettungsdienste quer durch die Republik mit Personalausfällen durch Corona zu kämpfen, so der Funktionär dem Blatt gegenüber: „Damit die medizinischen Einsatzkräfte nicht bei jeder Corona-Welle von Neuem ans Limit oder darüber hinaus geraten, fordert König einschneidende Reformen bei Rettungsdiensten und Leitstellen.“ Es würden zu viele Krankenwagen und Notarztwagen ausgeschickt, auch wenn dies überhaupt nicht notwendig sei. Dabei handele es sich um Strukturprobleme, die bereits vor Corona bestanden hätten. Aber an die Ursachen dieser Probleme würde bis heute nicht herangegangen.

Eine Einschätzung, die bemerkenswert ist. Denn würde sie in Sachen Corona geäußert, käme sie nach der vorherrschenden Meinung in Politik und Medien Ketzerei gleich. Und genau hier beißt sich die Katze in dem Bericht der „Welt“ in den Schwanz, denn die entscheidende Frage verdrängen die Kollegen: Wenn man schon gegen eine Vollkasko-Mentalität ist – müsste man dann nicht zuerst die nach Ansicht von Kritikern völlig überzogenen Corona-Maßnahmen überdenken, die entscheidend zu dem aktuellen Personalmangel beitragen?

Aber solche Fragen sind nicht erlaubt. Bzw. wer sie stellt, muss mit der Ächtung rechnen.

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Bild: Werner Spremberg/Shutterstock

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